Vortrag: Kindereuthanasieverbrechen – Aufarbeitung und Gedenken in Leipzig
19.02.20
Am Dienstag, den 25. Februar 2020, spricht Thomas Seyde um 17 Uhr im Stadtmuseum Riesa über die Kindereuthanasieverbrechen in Leipzig.
1938/39 wurde unter Leitung von Prof. Catel im Leipziger Stadtkinderkrankenhaus der Universitätskinderklinik das erste behinderte Kind Deutschlands mit medizinischen Mitteln und durch Fachpersonal gezielt „eingeschläfert“. Dieser als „Fall Leipzig“ oder „Kind K“ in der Geschichtsforschung bekannt gewordene Vorgang gilt heute als Initialzündung für die reichsweite Ermordung behinderter Kinder und Jugendlicher. Im weiteren Verlauf der mörderischen NS-Gesundheitspolitik wurden seit 1940 in Leipzig zwei sogenannte „Kinderfachabteilungen“ eingerichtet, in denen Kinder gezielt getötet wurden. Bisher sind 551 Tötungen in Leipzig nachweisbar.
Der Referent Thomas Seyde beschäftigt sich bereits seit Mitte der 1990er Jahren mit den historischen Kindertötungen in den Leipziger Krankenhäusern. Als Psychologe traf er in seinem Arbeitsalltag immer wieder auf Menschen, die als schwer psychisch krank bzw. behindert galten. Thomas Seyde wurde dabei bewusst, dass diese Menschen ungeachtet ihrer Erkrankung etwas Wichtiges zu unserem Leben beitragen. Und zudem, wie schmal der Grat ist, selbst bspw. durch traumatische Erlebnisse schwer zu erkranken. Die Vorstellung, dass psychisch Kranken Hilfe verwehrt wird und wie im Nationalsozialismus sogar durch gezielte Ermordung Hilfe ins Gegenteil verkehrt wurde, erschütterte ihn. Der Mantel des Schweigens, der in der DDR über die Geschehnisse gelegt wurde, und die damit verbundene Unwissenheit vor allem unter Medizinern waren für Thomas Seyde Ansporn, mit einem Erinnerungsort in Leipzig auf die Verbrechen und ihre Opfer aufmerksam zu machen.
Der Vortrag gehört zum Rahmenprogramm der Ausstellung „Die nationalsozialistischen 'Euthanasie'-Morde“. Die Ausstellung ist eine Kooperation der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain und des Stadtmuseums Riesa. Sie ist bis zum 15. März 2020 im Stadtmuseum Riesa zu sehen.
Kontakt:
Nora Manukjan (Ausstellungsbetreuung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit)
nora.manukjan@stsg.de
Tel.: 03525 510472