Reichskriegsgericht 1943–1945
Im August 1943 verlegte das Reichskriegsgericht, das oberste Militärgericht im nationalsozialistischen Deutschland, seinen Sitz von Berlin-Charlottenburg nach Torgau in die Zietenkaserne.
Mit Verordnung vom 5. September 1936 wurde das Reichskriegsgericht in Berlin als Nachfolgeinstitution des kaiserlichen Reichsmilitärgerichts ins Leben gerufen. Es war zunächst Revisionsinstanz gegen Urteile untergeordneter Kriegsgerichte und zuständig für die Fortentwicklung des Militärstrafrechts. Mit dem Inkrafttreten der Kriegsstrafverfahrensordnung am 26. August 1939 – unmittelbar vor dem deutschen Überfall auf Polen – fielen der Instanzenweg und jegliche Rechtsmittel im militärgerichtlichen Verfahren weg. Das Reichskriegsgericht war nunmehr zuständig bei Hochverrat, Landes- und Kriegsverrat, bei Spionage und anderen politisch und militärisch relevanten Delikten sowie bei speziellen Fällen der „Zersetzung der Wehrkraft“. In seine Zuständigkeit fielen auch die Strafverfahren gegen Generale und Admirale.
Der Präsident des Reichskriegsgerichts war zugleich dessen Gerichtsherr und hatte das Recht, Urteile zu bestätigen oder aufzuheben. In bestimmten Fällen, wie etwa bei Todesurteilen gegen Offiziere, behielt allerdings Adolf Hitler sich dieses Recht selbst vor. Die unmittelbare Nähe des Gerichts zur politischen und militärischen Führung ermöglichte eine Kontrolle seiner Spruchpraxis. Die politische Einflussnahme ging im Einzelfall bis dahin, dass Hitler Reichsmarschall Hermann Göring als rangältesten Offizier der Wehrmacht zum Vorsitzenden Richter eines Sondersenats beim Reichskriegsgericht bestellte. Das Recht wurde somit zum Instrument einer Strafverfolgung, die den Zielen von Reichsführung und Wehrmachtführung verpflichtet war.
In Torgau verhandelten die vier Senate des Reichskriegsgerichts zumeist im Stabshaus der Zietenkaserne. Das unweit der Kaserne liegende Fort Zinna diente dem Reichskriegsgericht als Untersuchungsgefängnis. Verhandlungen des Reichskriegsgerichts fanden mitunter auch im Zellenbau von Fort Zinna, ebenso wie in Räumen von Schloss Hartenfels, statt.
Die Zietenkaserne existiert nicht mehr, heute befindet sich dort ein nach 1948 erbautes Wohngebiet.