DIZ Torgau erinnert in Trauer an Jacov Shepetinski
29.09.20
Am 16. September 2020 verstarb wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag Jacov Shepetinski in Israel. Er war einer der letzten Häftlinge der sowjetischen Speziallager in Torgau, mit denen das Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Torgau noch in Kontakt stand. Das DIZ Torgau gedenkt seiner in Trauer. Jacov Shepetinski überlebte den Holocaust, der seinen Lebensweg zeichnete. Nach dem Zweiten Weltkrieg litt er Jahre im sowjetischen Gulag.
Im Jahr 1920 in der Stadt Slonim im westlichen Weißrußland bzw. östlichen Polen geboren, erlebte Jacov Shepetinski 1941 die Besetzung seines Landes durch die Deutschen. Er selbst konnte den anschließenden Massakern an der jüdischen Bevölkerung entkommen, obwohl er bereits in einem Massengrab lag. 67 seiner Familienmitglieder fielen aber dem Holocaust zum Opfer. 1944 wurde er von der Roten Armee rekrutiert und kämpfte in ihren Reihen bis zur Einnahme Berlins. Er blieb als Soldat und Dolmetscher in der Sowjetischen Besatzungszone. Dort verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal wegen angeblicher Spionage für den britischen Geheimdienst 1946 zu zehn Jahren Zwangsarbeitslager. Über das Speziallager Nr. 10 in Torgau wurde er in ein Lager nach Sibirien deportiert. Von dort gelangte er in das Lager Karaganda in Kasachstan.
Nach der Lagerhaft ließ sich Javoc Shepetinski 1956 in Riga nieder. Zehn Jahre später wanderte er mit seiner Familie nach Israel aus. Ende der 1960er Jahre sagte er vor dem Landgericht Hamburg als Kronzeuge gegen den Hauptverantwortlichen der deutschen Verbrechen in Slonim, den damaligen NS-Gebietskommissar Gerhard Erren, aus. Trotz einer Verurteilung zu lebenslanger Haft kam Erren nie ins Gefängnis.
Im Jahr 2003 entstand ein >> Dokumentarfilm über das Schicksal Jacov Shepetinskis. Für die Dreharbeiten besuchte er erstmals das DIZ Torgau und auch den Ort seiner Haft in Torgau, das ehemalige sowjetische Speziallager Nr. 10 im Fort Zinna (heute eine Justizvollzugsanstalt des Freistaates Sachsen). In seiner ehemaligen Zelle stehend, schildert er in dem Film die menschenunwürdigen Bedingungen der Haft in Torgau.
Elisabeth Kohlhaas (Ausstellungsbetreuung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit im DIZ Torgau)
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