75 Jahre Stauffenberg-Attentat: Todesurteile auch durch das Reichskriegsgericht in Torgau
18.07.19
Der 20. Juli 1944 steht für den wichtigsten Versuch des militärischen Widerstands im Nationalsozialismus, einen politischen Umsturz herbeizuführen und den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Am späten Abend dieses historischen Tages war jedoch klar: Der Staatsstreich war tragisch gescheitert. Heute gedenken wir der Akteure als Widerstandskämpfer und als Vorbilder an Mut, Charakterstärke und moralischer Kraft.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg als eine der zentralen Persönlichkeiten des Widerstands wurde noch in der Nacht mit drei Mitverschwörern in Berlin erschossen. Tausende fielen den Verhaftungen und Verurteilungen der folgenden Wochen zum Opfer. Radikalisierung und entgrenzte Gewalt prägten die Monate nach dem gescheiterten Attentat bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.
Mehrheitlich wurden die Beteiligten an dem Umsturzversuch wie auch Mitwisser und viele andere Oppositionelle und Verdächtige durch den Volksgerichtshof unter seinem Präsidenten Roland Freisler abgeurteilt. Aber auch das Reichskriegsgericht in Torgau sprach Todesurteile gegen tatsächliche oder vermeintliche Beteiligte des 20. Juli 1944 aus. Zu nennen sind vor allem Major Joachim Kuhn und Generalleutnant Gustav Heisterman von Ziehlberg.
Kuhn war ein Untergebener und Freund Stauffenbergs. Der Major war maßgeblich für die Beschaffung des Sprengstoffs für das Attentat verantwortlich. Kuhn war im Juli 1944 Erster Generalstabsoffizier der 28. Jäger-Division, von Ziehlberg war der Kommandeur der Division und damit sein Vorgesetzter. Die Einheit lag in der Mitte der Ostfront nahe Bialystok.
Kurz nach dem Attentat erhielt von Ziehlberg den Befehl, Kuhn zu verhaften und bewacht nach Berlin bringen zu lassen. Von Ziehlberg ließ Kuhn aber nicht sofort festnehmen. So hatte dieser Gelegenheit zu entfliehen. Er geriet dabei in sowjetische Gefangenschaft. Das Reichskriegsgericht verurteilt ihn im Februar 1945 in Abwesenheit wegen „Fahnenflucht zum Feind” zum Tode.
Weil Kuhns Flucht auf sein Verhalten zurückging, stand auch sein Vorgesetzter von Ziehlberg vor dem Reichskriegsgericht. Wegen „fahrlässigen Ungehorsams“ erhielt er zunächst zu eine Gefängnisstrafe. Hitler hob dieses Urteil jedoch auf. Am 21. November 1944 verurteilte ihn das Reichskriegsgericht daraufhin wegen „Ungehorsams im Felde“ zum Tode. Am 2. Februar 1945 wurde Gustav Heisterman von Ziehlberg in Berlin-Ruhleben erschossen.
In seinem Urteil berief sich das Gericht auf die Befehle Hitlers, dass allen Beteiligten des 20. Juli 1944 rücksichtslos entgegen zu treten sei. Die Befehle, so hatte Hitler angewiesen, „werden blind ausgeführt entsprechend dem Gehorsam, den das Heer kennt“. Den blinden Gehorsam hatten sich auch die Richter des Reichskriegsgerichts zu eigen gemacht.
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