Buchvorstellung mit Fruzsina Müller: Das Leipziger Diakonissenhaus im Nationalsozialismus – Städtisches Gesundheitswesen zwischen Fürsorge und Verbrechen
Datum:
18.04.24
(19:00)
Veranstalter:
Anderer VeranstalterOrt:
Café im Haus der Demokratie Leipzig, Bernhard-Göring-Straße 152, 04277 Leipzig
Am Donnerstag, 18. April 2024, 19 Uhr stellt die Autorin Fruzsina Müller im Haus der Demokratie in Leipzig ihre jüngst erschienene Publikation zum Leipziger Diakonissenhaus vor. Dabei legt sie einen Schwerpunkt auf die Zeit des Krankenhauses im Nationalsozialismus.
Das Diakonissenkrankenhaus in Leipzig-Lindenau versorgt seit 1900 die Bewohnerinnen und Bewohner der stark industrialisierten und dicht besiedelten westlichen Stadtgebiete. Von einer evangelischen Schwesternschaft gegründet und von kirchlichen, städtischen und privaten Unterstützern gefördert, mischte es in vielen Bereichen des Leipziger und des sächsischen Gesundheits- und Sozialwesens mit. So eignet sich das Diakonissenhaus sehr gut, die schleichenden oder auch schlagartigen Brüche in der medizinischen und pflegerischen Versorgung im Nationalsozialismus beispielhaft aufzuzeigen. Die Kontakte des Krankenhauses zur Leipziger Stadtverwaltung, insbesondere zum Gesundheitsamt, ermöglichen einen Einblick in die kommunale Organisation und Abläufe des medizinischen Unrechts und Verbrechens im NS-Staat.
So zeigt die Historikerin und Kulturwissenschaftlerin Dr. Fruzsina Müller in ihrem Vortrag das Wirken von Hans Beusch als Leiter des Gesundheitsamtes und Vorstandsmitglied des Diakonissenhauses auf. Beusch war zwar kein NSDAP-Mitglied, seine Reform des städtischen Gesundheitssystems galt allerdings als mustergültig für die nationalsozialistische Umstrukturierung des Gesundheitswesens. Außerdem entwickelte er die sogenannte Erbgesundheitskartei, die später überall im Deutschen Reich eingesetzt wurde. Neben Beusch, spielten auch andere Akteure und Akteurinnen eine Rolle im Gesundheitssystem der Stadt. Ärzte des Diakonissenhauses „betreuten“ Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen der Metallguss GmbH, eine Diakonisse assistierte bei Zwangssterilisierungen im Rochlitzer Stadtkrankenhaus, und das Diakonissenhaus übernahm die ärztliche und pflegerische Versorgung im enteigneten ehemaligen Israelitischen Krankenhaus (Eitingon-Stiftung). Diese bisher unbekannten Details der Leipziger Stadtgeschichte werden bei der Buchvorstellung schwerpunktmäßig thematisiert. Anschließend soll diskutiert werden, wie diese Puzzlestücke zu einer umfassenderen Geschichte des Leipziger Gesundheitssystems im Nationalsozialismus erweitert werden könnten.
Der Verein Riebeckstraße 63 setzt sich für die Entstehung eines aktiven Gedenk- und Erinnerungsortes auf
dem Gelände der ehemaligen Städtischen Arbeitsanstalt ein. Fruzsina Müller wirkt im Vereinsvorstand mit.
Freier Eintritt, barrierefreier Zugang. Die Veranstaltung wird organisiert vom Riebeckstraße 63 e.V.
Zum Buch:
Fruzsina Müller: Das Leipziger Diakonissenhaus. Geschichte einer Schwesternschaft und ihres Krankenhauses. Leipzig, Leipziger Universitätsverlag, 2023. 263 Seiten, 32.00 €.
Das Buch ist HIER bestellbar.
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Kontakt:
Riebeckstraße 63 e.V. | Riebeckstraße 63 | 04317 Leipzig
verein@riebeckstraße63.de