September 2015
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am ersten Tag dieses Monats berichteten einige Zeitungen (Siehe Rückblick!) von einem Festwochenende mit hochrangigen Gästen in der „Runden Ecke“ in Leipzig, einem Haus, dessen Erwähnung die Menschen der Region während der SED-Diktatur erschaudern lies. Anlass war der 25. Jahrestag der Gründung der gleichnamigen Gedenkstätte im markanten Gebäude der ehemaligen Leipziger Bezirksverwaltung des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Damit war das Bürgerkomitee, das sich aus couragierten Leipzigern gebildet hatte, die schon an der Besetzung des Gebäudes zum Zwecke der Aktensicherung am 4. Dezember 1989 beteiligt waren, der Forderung der Demonstranten gefolgt: „Krumme Ecke, Schreckenhaus / Wann wird ein Museum draus?“ Die neu gegründete Gedenkstätte zeigte damals die DDR-weit erste Ausstellung zur Staatssicherheit mit dem Titel „Stasi – Macht und Banalität“. Bis heute ist das Interesse an diesem historischen Ort und an den damit verbundenen Themen nicht abgerissen. Er gehört zu den vom Freistaat Sachsen durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten institutionell geförderten Gedenkstätten.
Im nächsten Monat feiern wir den 25. Jahrestag der Deutschen Einheit. In diesem Vierteljahrhundert hat sich – oftmals initiiert und getragen auch durch das Engagement vieler ehrenamtlich Tätiger – eine Gedenkstättenlandschaft in Sachsen etabliert, die sich eines großen Interesses erfreut. Dies ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass um so manches Thema und so manchen Ort inhaltlich hart gerungen wurde. Die involvierten Gremienmitglieder und Abgeordneten waren dabei gut beraten, nicht nur auf die veröffentlichte Meinung zu reagieren, sondern Entscheidungen zu treffen, die dem Erinnern an die unterschiedlichen Opfergruppen politischer Gewaltherrschaft am besten gerecht werden.
In einer freien, demokratischen Gesellschaft ist jede Generation neu in der Verantwortung, die Freiheit und Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Wie schwierig das ist, erleben wir gerade in unseren Tagen. Es ist immer damit zu rechnen, dass in solchen Herausforderungen Extremisten jeder Couleur versuchen werden, an Boden zu gewinnen. Sie zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie für hochkomplexe Probleme einfache Antworten parat haben. Leider gibt es nicht nur ebenso einfach gestrickte Menschen, die sich – oftmals geschichtsvergessen – von solchen Reden angesprochen fühlen. Gerade hier können Gedenkstätten einen pädagogischen, ja aufrüttelnden Beitrag leisten. An historischen Orten werden die Konsequenzen totalitären Denkens und Handelns veranschaulicht und oftmals auch durch Zeitzeugen vermittelt. Es ist nicht selbstverständlich und auch die seit 1990 Geborenen sollten es nicht als selbstverständlich betrachten, dass es seit 70 Jahren in Mitteleuropa keinen Krieg gab und unser Land seit der Wiedervereinigung nur von befreundeten Ländern umgeben ist, die im vergangenen Jahrhundert in zwei furchtbaren Kriegen noch unsere erbitterten Feinde waren. Sind wir uns dieses unverdienten Privilegs bewusst? Sicher haben auch wir mit Problemen zu kämpfen. Doch wieso wundern wir uns, dass es auf dieser Welt viele Menschen gibt, die liebend gern unsere Probleme hätten? Aber es wäre genau so vermessen, zu meinen, wir könnten alle Probleme der Welt lösen. Überzeugungen unserer Vorfahren, dass „am deutschen Wesen die Welt genesen“ solle, sind unserem Volk und Land nicht gut bekommen. Auch das können uns historische Gedenkorte vermitteln. Darum möchte ich für den Besuch unserer Gedenkstätten werben und Sie bitten, auch Ihren Bekanntenkreis auf unsere Angebote hinzuweisen.
Lothar Klein
Inhalt |
Neues aus der Arbeit der Stiftung und ihrer Gedenkstätten
01.09. | Julius Wenzel beginnt Freiwilliges Soziales Jahr in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Als neuer FSJler hat Julius Wenzel am 1. September seinen freiwilligen Dienst in der Gedenkstätte begonnen. Julius kommt aus Dresden. Im Juli dieses Jahres beendete er die Schule mit dem deutsch-französischen Doppelabitur am Romain-Rolland-Gymnasium Dresden.
Mit dem bikulturellen Geschichtsunterricht wurde Julius‘ Interesse für Geschichte geweckt. Mit einem Beitrag zur Baugeschichte der Bethlehemkirche in Dresden-Tolkewitz nahm er 2012/2013 am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teil und wurde mit einem Förderpreis ausgezeichnet. In Zeithain möchte Julius die Gelegenheit nutzen, Geschichte zu entdecken und zu erforschen. Zudem hofft er, mit seiner Arbeit die Gedenkstätte und die mit ihr verbundenen Verbrechen einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
08.09. | 40 Zeitzeugen zum Tag des offenen Denkmals in der Gedenkstätte Bautzen
„Handwerk, Technik, Industrie“ – unter diesem Motto lud die Gedenkstätte Bautzen zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals am 13. September 2015 ein. Dabei informierte sie über die vielfältigen Arbeiten und Umbauten im Gebäude, sowohl in dessen Geschichte als auch in der Gegenwart. Jede bauliche Veränderung verlangt Kompromisse zwischen den Interessen des Eigentümers und dem Auftrag der Gedenkstätte: In welchem Umfang dürfen Erinnerungsorte verändert werden? Wie kann historische Substanz bewahrt und zugleich Besuchern zugänglich gemacht werden? Dafür hatten rund 40 Zeitzeugen ihr Kommen zugesagt, die für Gespräche und Sonderführungen zur Verfügung standen.
> Mehr17.08. | Abschlussveranstaltung der Internationalen Jugendbegegnung des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge
Mit dem Song „Imagine“ von John Lennon eröffneten die Jugendlichen die feierliche Abschlussveranstaltung des diesjährigen Internationalen Workcamps des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. . Die Veranstaltung fand am 17. August 2015 auf dem Gelände der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain statt. Neben dem Vorsitzenden des sächsischen Landesverbandes im Volksbund, Prof. Dr. Günther Schneider MdL, und dem Bürgermeister der Gemeinde Zeithain, Ralf Hänsel, richtete auch der Vertreter des Russischen Generalkonsulates in Leipzig, Herr Anton Ermakov, dankende Worte an die Teilnehmer. Alle Redner lobten deren Engagement und hoben die Bedeutung dieser friedenspädagogischen Arbeit hervor. Beim anschließenden Empfang kamen die Jugendlichen mit weiteren Gästen, wie der Bundestagsabgeordneten Susann Rüthrich (SPD) und den Abgeordneten des Sächsischen Landtages, Frau Daniela Kuge und Herrn Sebastian Fischer (beide CDU) ins Gespräch über ihre Erlebnisse im Workcamp.
An diesem Projekt nahmen 24 Jugendliche aus acht Ländern teil und arbeiteten auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers STALAG IV H.
Neues von weiteren zeitgeschichtlichen Erinnerungsorten in Sachsen
09.09. | Buchvorstellung und Diskussion in der "Runden Ecke" Leipzig: „Der Kreml und die deutsche Wiedervereinigung 1990. Interne sowjetische Analysen“
Erstmals wurde eine Reihe sowjetischer Dokumente publiziert, die einen Einblick in den schwierigen Entscheidungsprozess in Moskau geben, wo die Integration der DDR in die Bundesrepublik Deutschland alles andere als unumstritten war. Dokumente aus den Schaltzentren sowjetischer Politik, verschollen geglaubte Tagebuch-Notizen politischer Berater der Kremlführung, die Aufzeichnungen der Gespräche und Interventionen führender deutscher Oppositionspolitiker in Moskau gegen die Linie Kohls machen deutlich, wie schmal der Grat war, auf dem die deutsche Wiedervereinigung schließlich gelang.
> Mehr10.09. | Vortrag bei Hatikva in Dresden: Der jüdische Widerstand im Nationalsozialismus
Über jüdischen Widerstand wurde fast seit Beginn der nationalsozialistischen Verfolgung kontrovers diskutiert. Entgegen lange verbreiteter Annahmen hat es sehr viel mehr Widerstand von Juden gegeben. Dr. Markus Roth ging in seinem Vortrag der Frage nach, was überhaupt unter jüdischem Widerstand zu verstehen ist.
> Mehr12.09. | 13. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder in Torgau
Anlässlich des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit hatte sich die Gedenkstätte zum Ziel gesetzt, zum 13. Heimkindertreffen auch die Geschichte der Heimerziehung der frühen Bundesrepublik thematisieren. Im Mittelpunkt standen dabei Ergebnisse, Erfahrungen und Möglichkeiten zur Aufarbeitung der Ost- und West-Heimerziehung.
> Mehr29.08. | Leipzig: Festprogramm 25 Jahre "Runde Ecke"
„Krumme Ecke, Schreckenhaus. Wann wird ein Museum draus?” Diese provokante Frage stellten Leipziger Montagsdemonstranten im Herbst 1989 auf einem Transparent. Wie schnell in den Räumen der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit tatsächlich eine Ausstellung zu sehen sein sollte, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Engagierte Bürger besetzten sie am 4. Dezember 1989 während einer Montagsdemonstration und legten die Arbeit der Leipziger Geheimdienst-Zentrale lahm.
> Mehr12.09. | „Hinter jeder Akte steht ein Schicksal“ - Rückblick auf das 13. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder in Torgau
Das 13. Treffen ehemaliger Heimkinder stand ganz im Zeichen der gesellschaftlichen sowie individuellen Aufarbeitung der repressiven Heimerziehung in Ost und West. Mit den Worten: „Wichtig ist, wieder aufzustehen!“, eröffnete Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, die Veranstaltung. Große Zustimmung fand seine Kritik und Forderung einer Aufhebung der Antragsfrist (30.09.2014) des Fonds „Heimerziehung in der DDR“, um möglichst allen ehemaligen DDR-Heimkindern die Chance auf Beantragung von Hilfeleistungen zu ermöglichen.
> Mehr03.09. | Wanderausstellung »ZIEL: UMERZIEHUNG!« der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau auf Station in Magdeburg
Die Wanderausstellung "Ziel: Umerziehung!" ist vom 3. September bis 11. November 2015 im Ministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt zu sehen. Die Ausstellung informiert die Besucher über das System der Spezialheime in der DDR. Neben Informationen zu den einzelnen Umerziehungseinrichtungen anhand von Fotos, Dokumenten und Begleittexten, ermöglichen fünf Lebenswege ehemaliger Heimkinder einen persönlichen Zugang zum Thema.
> Mehr12.08. | Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg besucht Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
Auf Einladung der Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof (GJWH) Torgau war am 12. August 2015 der 2. Strafsenat (zugleich Senat für Rehabilitierungssachen) des Oberlandesgerichtes (OLG) Naumburg zu Gast in der Gedenkstätte. Bei einem Rundgang durch die Ausstellung und den Erinnerungsbereich informierten sich der Vorsitzende OLG-Richter Henss und die beiden Beisitzer OLG-Richter Becker und AG-Richter Stötter über das DDR-Heimerziehungssystem und den historischen Ort des GJWH Torgau. In einer anschließenden Gesprächsrunde mit Mitarbeitern der Gedenkstätte und ehemaligen DDR-Heimkindern konnten grundsätzliche Problemlagen bei strafrechtlichen Rehabilitierungen für die Einweisung und Unterbringung in DDR-Heimen (und dem GJWH Torgau) ausgetauscht werden
> Mehr13.09. | Tag des offenen Denkmals in Leipzig: Einmalige Besichtigungsmöglichkeit sonst verschlossener Räume und Bereiche der „Runden Ecke“ und der Zentralen Hinrichtungsstätte der DDR
Zum Tag diesjährigen des offenen Denkmals am 13. September lud das Bürgerkomitee Leipzig e.V. zu Sonderführungen ein. Die Stasi-Bezirksverwaltung „Runde Ecke“, der Stasi-Bunker in Machern und die Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR erinnern mit ihrer jeweils einzigartigen Geschichte an das Unrecht in der DDR. Sie sind bedeutende Denkmäler, die gerade im 25. Jubiläumsjahr der Deutschen Einheit das System der SED-Diktatur begreifbar machen.
Die Besucherinnen und Besucher bekamen die seltene Gelegenheit, abseits von den Ausstellungsräumen die „Runde Ecke“ zu erkunden und sich vom heutigen baulichen Zustand der einstigen Hinrichtungsstätte und des Stasi-Bunkers zu überzeugen. Das Bürgerkomitee bot dafür besondere Führungen an und informierte über Symbolkraft der Gebäude und ihrer Räume für die DDR-Geschichte.
In der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ in Leipzig standn halbstündlich Führungen unter dem Motto „Stasi intern. Rundgang durch die ehemalige Zentrale des MfS – Vom Keller zum Boden und anderen Orten des (un)heimlichen Gebäudekomplexes“ auf dem Programm. Nur an diesem Tag waren unter anderem der ABC-Schutzraum im Keller, die geschützten Arbeitsräume des Bezirksverwaltungsleiters und die Kegelbahn der Stasi-Mitarbeiter für Interessierte geöffnet.
Das Museum im Stasi-Bunker bei Machern lud zu einem Gang durch das Bunkerinnere ein. Die Besucherinnen und Besucher erhielten einen Einblick, wie die MfS-Führungsriege im Ausnahmezustand ihre Arbeit fortsetzen wollte. Ausgeklügelte Belüftungstechnik, schwere Schleusentüren und die große Steuerzentrale des Bunkerkommandanten vermittelten anschaulich die Angst vor dem Tag X. Die dortige Sonderausstellung „Der Weg zur Deutschen Einheit“ informierte außerdem darüber, wie mit der Friedlichen Revolution in der DDR die Frage der deutschen Einheit unverhofft wieder auf der Tagesordnung der deutschen und internationalen Politik stand.
In der Leipziger Südvorstadt bestand die seltene Möglichkeit, die Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR zu besichtigen. In der letzten Hinrichtungsstätte auf deutschem Boden wurden 64 Todesurteile in der Zeit von 1968 bis 1981 vollstreckt. Unter dem Titel „Todesstrafe in der DDR – Hinrichtungen in Leipzig“ bot das Bürgerkomitee Interessierten Führungen durch die weitgehend authentisch erhaltenen Räume an.
Weitere Informationen zur Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" Leipzig finden Sie hier.
Rückblick
09.09. | Ost- und Westheimkinder treffen sich zum Erfahrungsaustausch in Torgauer Gedenkstätte
Rund 130 ehemalige Heimkinder werden am Sonnabend in Torgau erwartet. Im Mittelpunkt des 13. Heimkindertreffens stehen Ergebnisse und Möglichkeiten zur Aufarbeitung repressiver Erfahrungen, teilte die Gedenkstätte mit. Erstmals nehmen ehemalige West-Heimkinder teil. Ziel ist es, beiden Opfergruppen öffentliches Gehör zu verschaffen und einen Austausch untereinander zu ermöglichen. Eröffnet wird das Treffen vom Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn.
> Mehr02.09. | Stasi-Museum "Runde Ecke" in Leipzig - Debatte zum Thema DDR-Aufarbeitung
Das Leipziger Stasi-Museum „Runde Ecke“ wird 25 Jahre alt - und lässt über die Zukunft der DDR-Erinnerung diskutieren. Beim Festakt zum Jubiläum diskutierten unter anderem Burkhard Jung und Roland Jahn über die Aufarbeitung der SED-Diktatur.
> Mehr01.09. | 25 Jahre Runde Ecke Leipzig - Von der Stasi-Zentrale zum Museum
Die Stasi-Gedenkstätte "Runde Ecke" in Leipzig wird 25 Jahre alt. Am 31. August 1990 öffnete die Ausstellung erstmals ihre Pforten für Besucher. Aus diesem Anlass fand am Montagabend ein Festakt im Museum statt.
> Mehr31.08. | 25 Jahre Museum in der «Runden Ecke» in Leipzig
Das Museum in der «Runden Ecke» in der ehemaligen Leipziger Stasi-Zentrale hat am Montag sein 25-jähriges Bestehen gefeiert.
> Mehr10.09. | „Ich galt als schwer erziehbar“
Treffen ehemaliger Heimkinder: Sonja Djurovic aus Hessen kommt am Wochenende nach Torgau
Das Jahr 2015 steht ganz im Zeichen des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit. Aus diesem Anlass thematisiert die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau auch die Geschichte der Heimerziehung in der frühen Bundesrepublik.
12.09. | Gemeinsames Schicksal: Heimkinder aus Ost und West treffen sich in Torgau
Der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, hat auf einem Heimkindertreffen in Torgau die weitere Auszahlung von Entschädigung an ehemalige Heimkinder gefordert. Die Antragsfrist für den 2012 eingerichteten Hilfsfond war am 30. September 2014 ausgelaufen. In der "Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof" in Torgau haben sich am Sonnabend rund 60 Heimkinder zum Erfahrungsaustausch getroffen. Im 25. Jahr der Deutschen Einheit waren darunter erstmals auch Heimkinder aus den alten Bundesländern.
> MehrVorschau
15.09. | ALFRED ANDERSCH DESERTIERT. Fahnenflucht und Literatur (1944-1952). Vortrag von Jörg Döring und Rolf Seubert
Ort: DIZ Torgau, Schloss Hartenfels, Flügel B, 2. Etage
Alfred Andersch ist Westdeutschlands berühmtester Deserteur. Sein autobiografischer Bericht »Kirschen der Freiheit« (1952) beschreibt die Umstände seiner Fahnenflucht aus der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges. Aber war Andersch überhaupt ein Deserteur? In dem 2015 erschienenen Buch »Alfred Andersch desertiert« haben Jörg Döring, Felix Römer und Rolf Seubert Anderschs literarische Selbstbeschreibung anhand militärhistorischer Quellen überprüft.
> Mehr19.09. | Fortbildung Aktiv mit der Medienbox zur Geschichte des KZ Sachsenburg
Ort: Gelände des ehemaligen KZ Sachsenburg, An der Zschopau 3, 09669 Frankenberg, OT Sachsenburg
In diesem Jahr jährt sich die Befreiung der Konzentrationslager zum 70. Mal. Ein Anlass mehr über die Anfänge des Nationalsozialismus im Unterricht nachzudenken. In der Region Chemnitz wurde bereits im Mai 1933 ein KZ in Sachsenburg eingerichtet, welches bis August 1937 bestand und Wegbereiter für das spätere System der Konzentrationslager war. Ein Ereignis, dass vielen Menschen bisher unbekannt ist.
24.09. | Kommunist - Widerstandskämpfer - Erinnerungsfigur. Georg Schumann (1886-1945)
Ort: Gedenkstätte Münchner Platz Dresden, Münchner Platz 3, 01187 Dresden, Veranstaltungsraum
Der kommunistische Widerstand in Leipzig erlebte nach der deutschen Niederlage in Stalingrad 1943 eine eindrucksvolle Reaktivierung. Maßgeblich daran beteiligt war das frühere ZK-Mitglied Georg Schumann, ein überzeugter, aber nicht immer linientreuer Kommunist.
26.09. | Veranstaltungsreihe »Das Schweigen brechen – Schicksale ehemaliger Heimkinder«
Ort: Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
Buchlesung mit Peter Wensierski: "Schläge im Namen des Herrn" Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik
Nicht für alle waren die fünfziger und sechziger Jahre in der Bundesrepublik eine Zeit des Aufbruchs. Im Abseits der Gesellschaft verbrachten einige hunderttausend Heimzöglinge unter heute unvorstellbaren Bedingungen ihre Kindheit in kirchlichen oder staatlichen Einrichtungen. Viele leiden noch heute unter dem Erlebten, verschweigen diesen Teil ihres Lebens aber aus Scham – selbst gegenüber Angehörigen. Ihr Schicksal war bis zur Veröffentlichung dieses Buches 2006 kaum bekannt.
13.10. | Film: »Der Rat der Götter« (DEFA 1950)
Ort: Cineding, Karl-Heine-Str. 83, 04229 Leipzig-Plagwitz
In loser Reihe zeigen wir Filme der DEFA (Deutsche Film AG), die sich mit der Erinnerung an den Nationalsozialismus und der Rezeption in der DDR auseinandersetzen. »Der Rat der Götter« thematisiert auf Grundlage von Akten der Nürnberger Prozesse die Verstrickung des IG Farben-Konzerns in nationalsozialistische Verbrechen.
20.10. | Film: »Rotation« (DEFA 1949)
Ort: Cineding, Karl-Heine-Str. 83, 04229 Leipzig-Plagwitz
»Rotation« richtet den Blick auf die »kleinen Leute«: der Arbeiter Hans Behnke ist an Politik nicht interessiert, bis ihn sein Schwager bittet, eine Druckmaschine zu reparieren, auf der antifaschistische Flugblätter hergestellt werden.
04.10. | Benefizveranstaltung des Kabaretts „Leipziger Brettl“ in Torgau
Ort: Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
Das Beste aus den Erfolgsprogrammen „Der politische Witz der DDR - Teil 1 und Teil 2 mit Schlussdokument“. Als Erinnerung und Mahnung an die hoffentlich letzte Diktatur in Deutschland präsentiert Ihnen das Brettl-Kabarett in der Gedenkstätte GJWH Torgau einen besonderen Abend. Der Erlös dieser Veranstaltung kommt in voller Höhe der Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof Torgau e.V. zugute.
Zitat des Monats
Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist, wie sie selbst.
Joseph Pulitzer (auch József Pulitzer, 1847-1911) war ein ungarisch-amerikanisch-jüdischer Jurist, Politiker, Journalist, Herausgeber und Zeitungsverleger. Er ist Stifter des nach ihm benannten Pulitzer-Preises, des wichtigsten US-amerikanischen Literatur- und Medienpreises. Foto: Wikimedia Commons
Kalenderblatt
03.09.1945 | BEGINN DER BODENREFORM IN DER SOWJETISCHEN BESATZUNGSZONE
Ab dem 3. September 1945 erließen die Landesverwaltungen der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Verordnungen zur Durchführung einer Bodenreform, in deren Verlauf Großgrundbesitzer mit mehr als 100 Hektar Fläche und Besitzer kleinerer Betriebe, die man ohne gerichtliche Überprüfung als Kriegsverbrecher und aktive NSDAP-Mitglieder einstufte, entschädigungslos enteignet wurden. Die Umsetzung der Landverteilung erstreckte sich bis in das Jahr 1948. Insgesamt waren ca. 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche davon betroffen. Die wirtschaftliche Macht der Großgrundbesitzer sollte gebrochen und Kriegsverbrecher bestraft werden. Daher setzte die politische Kampagne für eine Bodenreform bereits Anfang August 1945 ein, wobei Kommunisten und Sozialdemokraten (Otto Grotewohl) vehement für die Enteignung von „Junkern“ zugunsten der Bauern eintraten. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) internierte eine erhebliche Zahl von Großgrundbesitzern unabhängig von ihrem politischen Vorleben in Speziallagern, die meistens in weitergenutzten Konzentrationslagern eingerichtet wurden.
Der enteignete Grundbesitz wurde zunächst dem jeweiligen lokalen Bodenfonds übertragen, der eine Neuverteilung vornahm. Enteignet wurden 7.160 landwirtschaftliche Betriebe von Großgrundbesitzern mit über 100 Hektar Grundbesitz und 4.537 Betriebe unter 100 Hektar Betriebsgröße. Die früheren Besitzer verloren nicht nur ihr Land, sondern auch sämtliches sonstiges Eigentum. Von Wohnhäusern und Geldvermögen bis hin zu Mobiliar und Kleidung wurde ihnen alles entzogen. Vielfach kam es zu Plünderungen. Die Enteigneten wurden aus ihren Heimatkreisen ausgewiesen. Diese politisch motivierten Kreisverweisungen der Zwangsenteigneten hat das Bundesverwaltungsgericht 2009 als schweres Verfolgungsunrecht anerkannt. Die Landwirte mit bis zu 100 Hektar wurden hingegen nicht ausgewiesen, wurden aber oft als Nationalsozialisten oder Kriegsverbrecher diffamiert, auch wenn sie nicht in die Verbrechen des Naziregimes verwickelt oder sogar Nazigegner waren. Sie mussten sich dann ab 1952 der Zwangskollektivierung ihres restlichen Landeigentums durch die SED-Staatsführung beugen und sich einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) anschließen. Insgesamt wurden 3,3 Millionen Hektar Land umverteilt. Das waren rund 35 Prozent der damaligen landwirtschaftlichen Nutzfläche der SBZ. Diese Flächen wurden zu etwa zwei Dritteln an Landarbeiter, Kleinbauern und Umsiedler (so wurden in der SBZ/DDR Heimatvertriebene bezeichnet) vergeben. Insgesamt erhielten ca. 560.000 Bodenempfänger Land aus der Bodenreform.
Aufgrund seiner Forderung nach Entschädigung der Enteigneten wurde der Vorsitzende der CDU in der SBZ, Andreas Hermes, von der SMAD zum Rücktritt gezwungen. Gegner der Bodenreform wurden oftmals verhaftet und in sowjetischen Speziallagern inhaftiert. Darum entschlossen sich viele Betroffene der politischen Willkürmaßnahmen zur Flucht in den Westen.
Nach der Friedlichen Revolution von 1989 in der DDR wurden zunehmend Forderungen nach Entschädigung der Bodenreformopfer laut. Um dies abzuwehren, ließ die letzte SED-geführte DDR-Übergangsregierung mit dem sog. Modrow-Gesetz vom 16. März 1990 über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform das bisher eingeschränkte Arbeitseigentum der Bodenreformnehmer in volles bürgerliches Eigentum überführen.
Nach der Sichtweise, die sich nach der Wiedervereinigung in mehreren Verfassungsgerichtsverfahren durchsetzte, sei die Beibehaltung der Bodenreformergebnisse Bedingung der sowjetischen Partner für die Wiedererlangung der vollen Souveränität Deutschlands gewesen. Auf Grundlage dieser Aussage wurden dann in Gerichtsurteilen Restitutionsbegehren ehemaliger Grundbesitzer bzw. ihrer Erben abgewiesen. Doch sowohl der DDR-Verhandlungsführer Günther Krause als auch der damalige sowjetische Regierungschef Michail Gorbatschow haben die Behauptung bundesdeutscher Politiker mehrfach öffentlich zurückgewiesen, dass es diese Vorbedingung gegeben habe. Im Ergebnis kam es zu einer Vielzahl von Gerichtsverfahren. So wirkt die kommunistische Willkürmaßnahme, die im September 1945 eingeleitet wurde, für viele Betroffene zum Teil bis heute fort.
Quellen: Arnd Bauerkämper: Junkerland in Bauernhand?, Stuttgart 1996; Wikipedia
Foto: Umzug der Gemeinden Rockau, Cunnersdorf und Helfenberg (heute Dresden) zur Aufteilung des ehemaligen „Königlichen Rittergutes“ Helfenberg am 11. September 1945 (Wikimedia Commons)
Impressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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