Oktober 2017
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das jährlich stattfindende Lichtfest in Leipzig steht bevor, das an die Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in der DDR erinnert. An diesem Tag vor 28 Jahren versammelten sich in der Leipziger Innenstadt rund 70 000 Menschen, um für Freiheit und Demokratie zu demonstrieren. Noch wenige Monate zuvor hatte die Kommunistische Partei Chinas den Volksaufstand in Peking beim Tian’anmen-Massaker mit militärischer Gewalt brutal niedergeschlagen. Das SED-Regime ging nicht mit der von Vielen befürchteten Härte gegen die Demonstranten vor, die „chinesische Lösung“ unterblieb. Rund um den 9. Oktober finden in Leipzig und darüber hinaus zahlreiche Veranstaltungen statt, die sich den Ereignissen des Herbstes 1989 widmen. Die „Runde Ecke“ Leipzig veranstaltet mehrere Vortrags- und Leseabende, in denen Akteure der Friedlichen Revolution ihre Erinnerungen an diese bewegte Zeit Revue passieren lassen und die Bedeutung der historischen Geschehnisse für die heutige Gesellschaft diskutieren.
Ebenfalls in Leipzig findet am 11. Oktober das 2. öffentliche Hearing der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs statt und widmet sich Betroffenen, die als Kinder oder Jugendliche unter anderem in staatlichen Institutionen der DDR sexuell missbraucht worden sind. Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau setzt sich seit Langem für die Aufarbeitung von Missbrauch in Kinder- und Jugendeinrichtungen der DDR ein, das 14. Heimkindertreffen im September 2016 legte den Grundstein für eine öffentliche Debatte um die Aufarbeitung sexueller Übergriffe in sogenannten Normal- und Spezialheimen und Jugendwerkhöfen in der DDR.
Soeben ist der Tätigkeitsbericht der Stiftung Sächsische Gedenkstätten für die Geschäftsjahre 2015/2016 erschienen, der einen ausführlichen Einblick in die Arbeit der sechs Einrichtungen in Trägerschaft der Stiftung bietet und über die Entwicklungen in den von der Stiftung geförderten Einrichtungen in freier Trägerschaft informiert. Vom 22. bis 24. September präsentierte die Stiftung Sächsische Gedenkstätten ihre Angebote auf dem 69. Deutschen Genealogentag in Dresden. Von besonderem Interesse war die Schicksalsklärung von Angehörigen, die den nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen zum Opfer gefallen waren oder die nach Kriegsende in sowjetischen Speziallagern festgehalten wurden. In zahlreichen Einzelgesprächen wurde dabei deutlich, welche wichtige Rolle Gedenkstätten an historisch authentischen Orten politischer Gewaltherrschaft nicht zuletzt für die individuelle Aufarbeitung einnehmen.
Weitere aktuelle Informationen aus den sächsischen Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft finden Sie in unserem Oktober-Newsletter. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Julia Spohr
Inhalt |
Bevorstehende Veranstaltungen
06.10.2017 | Filmvorführung und Gespräch in Leipzig: „Warum die Wunde offen bleibt“
Der Film „Warum die Wunde offen bleibt“ beschäftigt sich mit der Aufarbeitung des Holocausts an Roma und Sinti durch die sogenannte „2.“ und „3. Generation“. Filmvorführung und Gespräch mit der Filmemacherin und Künstlerin Marika Schmiedt und der Schriftstellerin Simone Schönett.
> Mehr07.10.2017 | Zusätzliche Führung im DIZ Torgau
Anlässlich der Festtage „Luthers Kirchweih“ bietet das Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Torgau eine zusätzliche Führung am Samstag, dem 7. Oktober 2017, um 14.30 Uhr an. Der Eintritt ist frei.
> Mehr09.10.2017 | Buchvorstellung und Open-Air-Lesung in Leipzig: „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ mit Peter Wensierski
Im Anschluss zur Buchpräsentation findet eine Kurzführung durch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ statt. Unmittelbar nach dem Ende des Lichtfestes liest der Autor Peter Wensierski an fünf historischen Plätzen in der Leipziger Innenstadt aus seinem Buch. Die Open-Air-Lesung endet an der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, wo die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ besichtigt werden kann.
> Mehr11.10.2017 | 2. Öffentliches Hearing in Leipzig: „Sexueller Kindesmissbrauch in der DDR“
Betroffene von sexuellem Missbrauch in Institutionen oder im familiären Umfeld, die in der DDR aufgewachsen sind, sprechen beim Öffentlichen Hearing der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs über ihre Erfahrungen.
> Mehr17.10.2017 | Podiumsdiskussion in Dresden: „Der lange Schatten des roten Oktober“
Nicht nur im Reformationsjahr 1517, sondern auch in dem der Oktoberrevolution 1917 änderte sich die Welt grundlegend. In der Podiumsdiskussion geht es zum einen darum, wie Historiker die Ereignisse von vor hundert Jahren bewerten und welches Bild der Oktoberrevolution im heutigen Russland gezeichnet wird. Außerdem wird das Feindbild „Jüdischer Bolschewismus“ beleuchtet.
> Mehr18.10.2017 | Lesung und Gespräch in Dresden: Wieland Förster: „Tamaschito. Roman einer Gefangenschaft“
Der Schriftsteller Wolfgang Hädecke liest Auszüge aus Wieland Försters stark autobiografischem Roman. Jörg Morré (Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst) erläutert Rahmenbedingungen der Gefangenschaft unter der sowjetischen Besatzungsmacht am Münchner Platz Dresden in der frühen Nachkriegszeit.
> Mehr18.10.2017 | Inoffizielle Mitarbeiter in Nordsachsen. Vortrag von Dr. Helmut Müller-Enbergs
Knapp 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution liegen ausreichend Erkenntnisse vor, um ein differenziertes Bild der Inoffiziellen Mitarbeiter des DDR-Staatssicherheitsdienstes zu zeichnen. Dr. Helmut Müller-Enbergs geht in einem Vortrag der Frage nach, wer als Inoffizieller Mitarbeiter angeworben wurde und worin die Spitzeltätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) bestand – speziell in der Region Nordsachsen.
> Mehr18.10.2017 | Podiumsdiskussion zur Ausstellung „Repression, Protest, Revolution – Die friedliche Revolution in der DDR und der kurze syrische Frühling 2011“
Ein Zeitzeuge aus Syrien und eine Studentin der Universität Erfurt, die im Rahmen der „Bildungsinitiative für Geflüchtete“ an der Professur für Geschichte Westasiens die Ausstellung zu „Repression, Protest, Revolution – Die friedliche Revolution in der DDR und der kurze syrische Frühling 2011“ miterarbeitet haben, vergleichen im Gespräch mit einem Zeitzeugen der Friedlichen Revolution in Leipzig die Protestbewegungen in der DDR von 1989/90 und die Demonstrationen in Syrien von 2011.
> Mehr22.10.2017 | Ausstellungseröffnung in Crimmitschau: „Die Jugend der Anderen“
Für ihre Diplomarbeit an der renommierten Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst bekam Christiane Eisler 1982/83 die Genehmigung im Jugendwerkhof Crimmitschau zu fotografieren. Die mobile Ausstellung, die Fotodokumente aus dem Jugendwerkhof Crimmitschau 1982/83 und Erinnerungsprotokolle von Zeitzeuginnen umfasst, ist vom 22. Oktober 2017 bis zum 24. April 2018 am Sächsischen Industriemuseum in Crimmitschau und damit am historischen Ort der ehemaligen Tuchfabrik zu sehen.
> Mehr24.10.2017 | Buchvorstellung und Autorengespräch in Leipzig: „Notre Dame“ von Ulrich Schacht
Buchvorstellung in Anwesenheit des Autors.
> Mehr25.10.2017 | „Todesursache: Marasmus“. Das Hungersterben in den sächsischen Psychiatrien während des Ersten Weltkriegs
Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich der Erste Weltkrieg zu einem totalen Krieg, der fast alle Lebensbereiche im Deutschen Reich bestimmte. Auch in den psychiatrischen Anstalten waren die Folgen schnell zu spüren. Während die Militärpsychiatrie des Ersten Weltkriegs bereits vielfältig untersucht ist, gibt es zu den zivilen Einrichtungen bislang kaum Studien. Im Rahmen der Vortragsveranstaltung wird die Situation in den sächsischen Landesanstalten thematisiert und nach den Lebensbedingungen der Betroffenen sowie dem Umgang der Verwaltung mit dem Massensterben gefragt.
> MehrAktuelles aus der Stiftung und ihren Gedenkstätten
01.09.2017 | Stiftung Sächsische Gedenkstätten/DIZ Torgau erinnert an Opfer der Wehrmachtjustiz im Zweiten Weltkrieg
Am 1. September 1939 überfiel die Wehrmacht Polen und begann damit den Angriffs- und Vernichtungskrieg des Deutschen Reichs, der Europa und die Welt überzog. Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten/DIZ Torgau gedachte aus diesem Anlass der Opfer der Wehrmachtjustiz in Torgau im Zweiten Weltkrieg.
> Mehr18.09.2017 | Neue FSJler in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein
Am 1. September 2017 haben Katja Domel (18) und Alexander Fiedler (18) ihren einjährigen Dienst im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) aufgenommen. Beide werden bis Ende August 2018 die Arbeit der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein unterstützen.
> Mehr19.09.2017 | Stiftung Sächsische Gedenkstätten beim 69. Deutschen Genealogentag in Dresden
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten war auf der 69. Jahrestagung der deutschen Familienforscher vom 22. bis 24. September 2017 in Dresden vertreten. Sie stellte Fachbesuchern und Tagesgästen vor allem ihre Angebote zur Schicksalsklärung von Opfern politischer Gewaltherrschaft, aber auch die Arbeit ihrer Gedenkstätten vor.
> Mehr21.09.2017 | Stiftung Sächsische Gedenkstätten legt Tätigkeitsbericht 2015/2016 vor
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten legt alle zwei Jahre einen öffentlichen Bericht über ihre Tätigkeit vor. Ab sofort können Sie die aktuelle Ausgabe als Druckversion gegen eine Schutzgebühr über unseren Webshop bestellen oder sich den Bericht kostenfrei als PDF-Dokument herunterladen.
> MehrAktuelles aus weiteren zeitgeschichtlichen Orten in Sachsen
11.09.2017 | Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ Leipzig und Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) bieten gemeinsame Beratungstermine an
Menschen, die Opfer politischer Verfolgung in der SBZ und DDR geworden sind, können sich ab sofort jeden zweiten Mittwoch im Monat in den Räumen der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ beraten lassen. In den Beratungsstunden informiert ein Mitarbeiter des Landesverbandes Sachsen der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) Hilfesuchende zu allen Fragen von Rehabilitierungsmöglichkeiten und Wiedergutmachungsleistungen.
> MehrImpressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Texte/Redaktion: Dr. Julia Spohr (Wissenschaftliche Referentin/Leitung Öffentlichkeitsarbeit)
V.i.S.d.P.: Siegfried Reiprich (Geschäftsführer)
pressestelle@stsg.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historisch authentische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern. Mit ihrer Arbeit will sie historische Informationen vermitteln, zur individuellen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit anregen sowie Engagement für Menschenrechte und Demokratie stärken. Zudem fördert sie Gedenkstätten, Archive und Initiativen in freier Trägerschaft sowie Projekte juristischer oder natürlicher Personen.
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