November 2018
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
1934 verweigerte der im preußischen Dienst stehende 29-jährige Justizbeamte Martin Gauger den Treueid auf Adolf Hitler. Er wurde für die Bekennende Kirche tätig und half politisch und religiös Verfolgten mit juristischen Mitteln. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs verweigerte er den Wehrdienst.
Wegen seines Eintretens für Frieden, Gerechtigkeit und Glaubensfreiheit wurde Martin Gauger am 15. Juli 1941 als Konzentrationslagerhäftling im Rahmen der „Sonderbehandlung 14f13“ in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet. Um den Widerstand Gaugers zu würdigen, hat die Stiftung Sächsische Gedenkstätten gemeinsam mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung das Heft „Recht muss doch Recht bleiben“ herausgegeben. Am 28. November wird das Buch am Sterbeort Gaugers in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein vorgestellt. Die Publikation kann ab sofort vorbestellt werden (» Webshop).
1987 veröffentlichte Ingo Müller seine Studie „Furchtbare Juristen“, die eine nachhaltige Debatte über Justizverbrechen im Nationalsozialismus auslöste. 30 Jahre später erschien unter Schirmherrschaft von Bundesjustizminister a.D. Heiko Maas der Sammelband „Furchtlose Juristen“ – die dort exemplarisch präsentierten Lebenswege zeigten auf, dass es auch für Justizjuristen Handlungsalternativen zur aktiven Unterstützung des NS-Regimes gab. Ingo Müller, früherer Professor für Straf- und Strafprozessrecht, stellt die Publikationen am 14. November in der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden vor und diskutiert deren Ergebnisse.
Rund 135.000 Jugendliche waren als Insassen der Kinder- und Spezialheime in der DDR von den dort herrschenden unmenschlichen Lebensbedingungen und Erziehungsmethoden betroffen. Am 17. November 1989 wurde der letzte Jugendliche aus dem berüchtigten Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau entlassen. 1998 wurde am historischen Ort die heutige Gedenkstätte eröffnet, die an das Geschehen hinter den Mauern der dem Ministerium für Volksbildung unterstehenden Disziplinierungsanstalten der DDR-Jugendhilfe erinnert.
Aus Anlass ihres 20-jährigen Bestehens lädt die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau am 17. November zu einem Festakt ein. Am selben Tag findet das mittlerweile 16. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder statt.
Weitere Ankündigungen und Aktuelles aus den Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft im Freistaat Sachsen finden Sie in unserem November-Newsletter. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Julia Spohr
Inhalt |
Bevorstehende Veranstaltungen
06.11.2018 | Buchvorstellung und Gespräch in Leipzig: „Freimaurerei und Diktatur. Die sächsischen Großlogen nach 1918“
Die erste umfassende Regionalstudie zu den sächsischen Großlogen mit ihren Bundeslogen beleuchtet die Zeit der Weimarer Republik sowie die NS- und DDR-Zeit und steht beispielhaft für die Situation der Freimaurerei in ganz Deutschland.
> Mehr10.11.2018 | Deutsch-Bulgarischer Geschichtstag 2018 in Leipzig
Auf dem 3. Deutsch-Bulgarischen Geschichtstag am 10. November 2018 in Leipzig informiert der Deutsch-Bulgarische Geschichtsverein "Pamet" e.V. in Kooperation mit dem Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V. und dem Sächsischen Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur über den aktuellen Stand der deutsch-bulgarischen Geschichtsaufarbeitung.
> Mehr14.11.2018 | Buchvorstellung: „Furchtlose Juristen. Richter und Staatsanwälte gegen das NS-Unrecht“
2017 erschien unter der Schirmherrschaft von Bundesjustizminister a.D. Heiko Maas der Sammelband „Furchtlose Juristen“. Martin Gauger war einer von ihnen: Er verweigerte den Treueeid auf Hitler und später den Kriegsdienst. 1941 wurde er in Pirna-Sonnenstein vergast. Ingo Müller stellt die Publikation vor. Boris Böhm, Leiter der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, skizziert den Lebensweg des Juristen Gauger, mit dem er sich intensiv befasst hat.
> Mehr16.11.2018 | Vortrag in Leipzig: „Unbequeme Opfer? ‚Berufsverbrecher‘ und ‚Berufsverbrecherinnen‘ als Häftlinge in NS-Konzentrationslagern“
Dagmar Lieske und Sylvia Köchl gehören zu den Ersten, die sich wissenschaftlich intensiv mit „Berufsverbrechern“ und „Berufsverbrecherinnen“ auseinandergesetzt haben. Anhand von biografischen Beispielen aus den Konzentrationslagern Sachsenhausen (Männer) und Ravensbrück (Frauen) stellen sie die Verfolgungsstruktur durch die nationalsozialistische Kriminalpolizei vor, weisen auf geschlechtsspezifische Unterschiede hin und gehen auf die Diffamierungen ein, denen Überlebende aus dieser Opfergruppe in Deutschland und Österreich nach der Befreiung ausgesetzt waren.
> Mehr17.11.2018 | 20 Jahre Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau – 16. DDR-Heimkindertreffen mit Festakt
Mit Einrichtung der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau im Jahr 1998 wurde ein wichtiger historischer Ort der DDR-Geschichte vor dem Vergessen bewahrt. Sie steht heute als Synonym für das gesamte unmenschliche Strafsystem der Spezialheime, das im Laufe der DDR-Geschichte etwa 135.000 Kinder und Jugendliche durchlaufen mussten.
> Mehr18.11.2018 | Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Waldfriedhof Zeithain
Am Volkstrauertag wird alljährlich in Deutschland an die Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft erinnert. Aus diesem Anlass findet am Sonntag, den 18. November 2018 um 11 Uhr eine Gedenkfeier auf dem Waldfriedhof Zeithain statt. Die Gedenkrede wird MdB und Bundesinnenminister a.D. Thomas de Maizière sprechen.
> Mehr23.11.2018 | Verlegung von „Stolpersteinen“ in Leipzig
Am 23. November 2018 werden in Leipzig neue „Stolpersteine“ verlegt. Zwischen 9 und 16 Uhr werden vor den ehemaligen Wohnorten vom Nazi-Regime verfolgter und ermordeter Menschen durch den Kölner Bildhauer Gunter Demnig diese Erinnerungsmale ebenerdig in den Gehweg verlegt.
> Mehr28.11.2018 | Buchvorstellung mit Lesung: „Recht muss doch Recht bleiben“
Martin Gauger gehört zu den herausragenden Vertretern des deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime. Der im preußischen Staatsdienst stehende Jurist war der einzige bisher bekannte deutsche Justizbeamte, der im August 1934 aus Gewissensgründen den Treueid auf Adolf Hitler verweigerte. Sein Eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und Glaubensfreiheit musste Martin Gauger im Alter von 35 Jahren mit dem Leben bezahlen. Er wurde als Konzentrationslagerhäftling am 15. Juli 1941 von den Nationalsozialisten in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet.
> MehrAktuelles aus der Stiftung und ihren Gedenkstätten
05.10.2018 | Stiftung Sächsische Gedenkstätten beim Tag der Deutschen Einheit 2018 in Berlin
Rund 5.700 Interessierte besuchten zum Tag der Deutschen Einheit das Zelt der Stiftung auf der Straße des 17. Juni vor dem Brandenburger Tor. Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten präsentierte sich und ihre Arbeit auf dem dreitägigen Bürgerfest vom 1. bis 3. Oktober 2018 in Berlin.
> Mehr25.10.2018 | Bildungsreferentin des DIZ Torgau zu Vortrag und Lehrerfortbildung in Bayern
Zu Vorträgen über die Wehrmachtjustiz und den Strafvollzug der Wehrmacht war die Bildungsreferentin des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) Torgau, Elisabeth Kohlhaas, in das bayerische Aschaffenburg eingeladen. Bei der Tagung/Lehrerfortbildung mit dem Titel „Wehrmachtjustiz als Herrschaftsinstrument des NS-Staates“ stellte Elisabeth Kohlhaas die Grundlagen der nationalsozialistischen Militärjustiz vor und skizzierte den Strafvollzug der Wehrmacht vor allem in Torgau.
25.10.2018 | DIZ Torgau: Gedenken an Joe Polowsky anlässlich des 35. Todestages
Zu seinem 35. Todestag erinnerte die Stadt Torgau an Joe Polowsky – an den US-Bürger, dessen größter Wunsch es bei seinem Tod 1983 in Chicago war, über alle Gräben des Kalten Krieges hinweg in Torgau beerdigt zu werden. Der Leiter des Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Torgau, Wolfgang Oleschinski, hielt die Gedenkrede. Er würdigte Joe Polowsky als Brückenbauer und Vermittler.
> Mehr25.10.2018 | Dokumentationsstelle Dresden beantwortet häufig gestellte Fragen zu Auskunftsersuchen und Anträgen auf Urteilsüberprüfung
Die Dokumentationsstelle Dresden beantwortet auf ihrer Website häufig gestellte Fragen zu Auskunftsersuchen und Anträgen auf die Überprüfung von Urteilen und gibt damit einen Überblick über Bearbeitungszeiten, Kosten, Rechtsgrundlagen oder die Verlässlichkeit der Quellen, auf denen die Auskünfte beruhen.
> MehrAktuelles aus weiteren zeitgeschichtlichen Orten in Sachsen
05.10.2018 | Fotoausstellung „Voll der Osten“ in der Volkshochschule Leipzig eröffnet
Die Leiterin des Archiv Bürgerbewegung Leipzig, Frau Dr. Saskia Paul, eröffnete am 4. Oktober 2018 in der Volkshochschule Leipzig die Ausstellung "Voll der Osten. Leben in der DDR". Es war das erste Kooperationsprojekt dieser Art mit der Leipziger Volkshochschule.
> Mehr09.10.2018 | „Es ist nicht vorbei“ – Herbstkino zum ehemaligen DDR-Frauengefängnis Hoheneck
Im Rahmen des „Herbstkinos am Matthäikirchhof“ des Arbeitskreises „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ Leipzig vom 3. bis 8. Oktober 2018 widmete sich der Beitrag des Archivs Bürgerbewegung Leipzig der zentralen Frauenhaftanstalt der DDR anhand eines Spielfilms.
> Mehr12.10.2018 | „Leben in der DDR“ – Jugendliche aus Sachsen-Anhalt im Archiv Bürgerbewegung Leipzig zu Gast
Während einer einwöchigen Bildungsreise in den Herbstferien besuchten 19 Jugendliche und ihre Betreuerinnen aus Sachsen-Anhalt am 9. und 10. Oktober das Archiv Bürgerbewegung Leipzig. Hier las zunächst der Autor und ehemalige Spiegel-Redakteur Peter Wensierski aus seinem Buch „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“. Die Jugendlichen sprachen zudem mit der Zeitzeugin Saskia Paul, die als junge Frau in der Leipziger Umweltbewegung aktiv war.
> MehrImpressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Texte/Redaktion: Dr. Julia Spohr (Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)
V.i.S.d.P.: Siegfried Reiprich (Geschäftsführer)
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Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historisch authentische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern. Mit ihrer Arbeit will sie historische Informationen vermitteln, zur individuellen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit anregen sowie Engagement für Menschenrechte und Demokratie stärken. Zudem fördert sie Gedenkstätten, Archive und Initiativen in freier Trägerschaft sowie Projekte juristischer oder natürlicher Personen.
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