Juni 2017
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
im Juni 1941 begann mit dem „Unternehmen Barbarossa“ der Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschen Reiches gegen die Sowjetunion. Millionen Menschen kamen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode. Anlässlich des 76. Jahrestages des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion präsentiert die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain in Dresden den mit dem Grimme-Preis 2017 ausgezeichneten Dokumentarfilm „Das vergessene Verbrechen“. In der anschließenden Diskussion in Anwesenheit des Filmemachers Andreas Christoph Schmidt wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion heute hat.
Am 10. Juni 1942 zerstörten die Nationalsozialisten das böhmische Dorf Lidice − eine Vergeltungsmaßnahme für das Attentat auf Reinhard Heydrich, den Leiter des Reichssicherheitshauptamtes und stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Die männlichen Bewohner des Dorfes wurden erschossen, Frauen und Kinder deportiert. Wenige Kinder, die als „eindeutschungsfähig“ galten, kamen in deutsche Familien. An das Massaker vor 75 Jahren erinnert die Gedenkstätte Münchner Platz Dresden mit der Wanderausstellung „Die Tragödie von Lidice“. Der Film „Wer bin ich?“ widmet sich den „eingedeutschten“ tschechischen Kindern aus Lidice.
Vor 70 Jahren, am 16. Juni 1947, begann vor dem Landgericht Dresden der sogenannte „Euthanasie“-Prozess gegen Ärzte und Pflegekräfte, die 1940/41 im Rahmen der „Aktion T4“ an der Ermordung von rund 14000 geistig oder körperlich behinderten sowie psychisch kranken Menschen in der ehemaligen Heilanstalt Pirna-Sonnenstein beteiligt waren. Auch nach dem offiziellen Stopp der Mordaktionen fielen der NS-Psychiatrie allein in Sachsen rund 10000 weitere Menschen zum Opfer. Die Gedenkstätten Pirna-Sonnenstein und Münchner Platz Dresden widmen sich in einer Vortragsveranstaltung 70 Jahre nach Beginn des Prozesses dem größten Verfahren seiner Art in Ostdeutschland und diskutieren darüber, wie der Dresdner „Euthanasie“-Prozess aus heutiger Sicht zu bewerten ist.
Weitere Veranstaltungsankündigungen und Aktuelles aus den sächsischen Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft finden Sie in unserem Juni-Newsletter. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Julia Spohr
Inhalt |
Bevorstehende Veranstaltungen
01.06.2017 | Buchvorstellung in Leipzig: Kommentierte Chronik des Katharinenhofes Großhennersdorf 1934–1941
Die Publikation gibt einen anschaulichen Einblick in das Leben und den Alltag der im Katharinenhof untergebrachten Mädchen und Jungen mit Behinderungen, die während des Nationalsozialismus als „Minderwertige“ zunehmend diskriminiert wurden. Von 1934 bis 1941 verfasste die Diakonisse Gertrud Oberlein eine Chronik, in der sie tägliche Geschehnisse im Katharinenhof festhielt und das Erlebte persönlich bewertete. Mit der Umwandlung des Katharinenhofes in ein Lager für „volksdeutsche Umsiedler“ wurden die Kinder im September 1940 verlegt. Fast alle fielen den NS-Krankenmorden in Pirna-Sonnenstein und Großschweidnitz zum Opfer.
> Mehr01.06.2017 | Konzertabend in Dresden: „75 Jahre Klaus Renft – eine Hommage“
Die Gedenkstätte Bautzner Straße begrüßt den Thüringer Musiker Andreas Schirneck, der aus Anlass des 75. Geburtstags von Klaus Renft mit einer Hommage an den 2006 verstorbenen Künstler auf Tour ist.
> Mehr03.06.−05.06.2017 | Pfingsten 2017: Sonderführungen durch die Gedenkstätte Münchner Platz Dresden
An allen drei Pfingstfeiertagen (3.-5.6.) findet um 10 Uhr ein öffentlicher Rundgang durch den früheren Justizkomplex am Münchner Platz statt. Ausgehend von den noch sichtbaren Spuren schildern Mitarbeiter die frühere Nutzung als Gerichts-, Haft- und Hinrichtungsort. Dabei werden auch der frühere Schwurgerichtssaal und die Gefängniskapelle besichtigt.
> Mehr08.06.2017 | Führung mit Vortrag und Zeitzeugengespräch in Torgau: Bausoldaten in der DDR − Waffenloser Dienst als Opposition?
Bausoldaten verweigerten den Wehrdienst an der Waffe und leisteten stattdessen einen waffenlosen Dienst in der Nationalen Volksarmee (NVA). Noch bis zum 16. Juli 2017 zeigt das DIZ Torgau eine Sonderausstellung über die Bausoldaten in der DDR. Der Kurator der Ausstellung des Archivs Bürgerbewegung Leipzig, Andreas Pausch, informiert im Rahmen der Veranstaltung über die Bausoldaten und fragt nach ihren Motiven und politischen Haltungen. Als Zeitzeuge berichtet Achim Beier über seine Erfahrungen als Bausoldat 1988/89.
> Mehr10.06.2017 | Öffentliches Gedenkspur-Sprühen zur Erinnerung an die Opfer der NS-Krankenmorde in Pirna
Die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein und die Aktion Zivilcourage e.V. laden ein, am 10. Juni 2017 die farbigen Kreuze zum Gedenken an die Opfer der NS-Krankenmorde zu erneuern.
> Mehr10.06.2017 | Begegnungstag für Betroffene des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau
Am 10. Juni 2017 lädt die Initiativgruppe GJWH Torgau e.V. zu einem Begegnungstag für Betroffene des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau ein. Neben einem kleinen Rückblick auf die 21-jährige Vereinsarbeit und einer Führung durch die Gedenkstätte sollen an diesem Tag insbesondere die persönlichen Begegnungen von Betroffenen im Mittelpunkt stehen.
> Mehr15.06.2017 | Vortragsabend in Dresden: „Recht und Gerechtigkeit? 70 Jahre Dresdner ‚Euthanasie‘-Prozess“
Ärzte und Pfleger ermordeten in den Jahren 1940/41 fast 14.000 geistig oder körperlich behinderte sowie psychisch kranke Menschen in der ehemaligen Heilanstalt Pirna-Sonnenstein in einer Gaskammer. Vor 70 Jahren, am 16. Juni 1947, begann vor dem Landgericht Dresden der sogenannte „Euthanasie“-Prozess. Die Veranstaltung thematisiert Vorgeschichte, Planung und Durchführung der Krankenmorde und ordnet das Verfahren vor dem Dresdner Landgericht in den historischen Kontext der ostdeutschen Nachkriegszeit ein. Ebenso wird gefragt, wie der Dresdner „Euthanasie“-Prozess aus heutiger Sicht zu bewerten ist.
> Mehr19.06.2017 | Ausstellungseröffnung und Filmvorführung in Dresden: „Die Tragödie von Lidice“
Am 10. Juni 1942 zerstörten die Nationalsozialisten aus Rache das böhmische Dorf Lidice. Die Gedenkstätte Münchner Platz Dresden erinnert an das Massaker vor 75 Jahren und präsentiert die Wanderausstellung „Die Tragödie von Lidice“ der Gedenkstätte Lidice.
> Mehr21.06.2017 | Film und Podiumsdiskussion in Dresden: „Das vergessene Verbrechen“ (Grimme-Preis 2017)
Anlässlich des 76. Jahrestages des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion wird der mit dem Grimme-Preis 2017 ausgezeichnete Dokumentationsfilm „Das vergessene Verbrechen“ präsentiert. Darin wird gezeigt, wie die Wehrmachtsverbrechen an sowjetischen Kriegsgefangenen nach 1945 in Deutschland ignoriert und diese Opfergruppe in der Sowjetunion aus dem Narrativ des „Großen Vaterländischen Krieges“ bewusst ausgeklammert wurden.
> Mehr24.06.2017 | Dokumentarfilm und Zeitzeugengespräch in Torgau: „Die Frau vom Checkpoint Charlie“
Anlässlich des Katharina-Tags präsentiert die Gedenkstätte GJWH Torgau den Film „Die Frau vom Checkpoint Charlie“ in Anwesenheit von Jutta Fleck und ihrer Tochter Beate Gallus.
> MehrAktuelles aus der Stiftung und ihren Gedenkstätten
02.05.2017 | Neu: Öffentliche Führungen in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Von Mai bis Oktober 2017 bietet die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain jeden 1. Sonntag im Monat um 14 Uhr eine öffentliche Führung an.
> Mehr12.05.2017 | Bautzen-Forum 2018: Stiftung hält Kooperationsangebot aufrecht
Seit 2000 finden im Rahmen des jährlichen Bautzen-Forums (Friedrich-Ebert-Stiftung) Sonderveranstaltungen in der von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten betriebenen Gedenkstätte Bautzen statt. Diese Sonderveranstaltungen wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gedenkstätte Bautzen mit hohem Aufwand unterstützt. Für das 29. Bautzen-Forum 2018 hält die Stiftung daher ihr Kooperationsangebot an die Friedrich-Ebert-Stiftung aufrecht. „Ich bleibe optimistisch, dass wir mit der Friedrich-Ebert-Stiftung zu einer fairen Zusammenarbeit finden werden“, so Stiftungsgeschäftsführer Siegfried Reiprich.
> Mehr16.05.2017 | DIZ Torgau: Sonderausstellung über Bausoldaten in der DDR
Wer in der DDR den Wehrdienst verweigern wollte, hatte nur die Möglichkeit, einen waffenlosen Dienst als Bausoldat in der Nationalen Volksarmee (NVA) abzuleisten. Die Ausstellung erzählt die Geschichte von jungen Männern, die häufig aus Glaubensgründen handelten und zu ihren religiösen Grundüberzeugungen standen. Das DIZ Torgau versteht die Ausstellung deshalb nicht zuletzt auch als einen Beitrag zum Reformationsjubiläum 2017.
> Mehr29.05.2017 | „OrtsZeit“ im DIZ Torgau: Schüler erforschen Torgauer Häusergeschichte
21 Schülerinnen und Schüler des Torgauer Johann-Walter-Gymnasiums gehen der Geschichte einzelner Torgauer Gebäude im 20. Jahrhundert nach und legen die Zeitschichten frei, mit denen das DIZ Torgau sich befasst. Die Schüler besuchen das Stadtarchiv, sprechen mit den derzeitigen Bewohnern und suchen Fotos und andere Quellen zusammen. Als Ergebnis entstehen Wandzeitungen über die Häuser.
> MehrImpressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Texte/Redaktion: Dr. Julia Spohr (Wissenschaftliche Referentin/Leitung Öffentlichkeitsarbeit)
V.i.S.d.P.: Siegfried Reiprich (Geschäftsführer)
pressestelle@stsg.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historisch authentische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern. Mit ihrer Arbeit will sie historische Informationen vermitteln, zur individuellen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit anregen sowie Engagement für Menschenrechte und Demokratie stärken. Zudem fördert sie Gedenkstätten, Archive und Initiativen in freier Trägerschaft sowie Projekte juristischer oder natürlicher Personen.
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