Juni 2015
Liebe Leserinnen und Leser,
auch im heutigen Newsletter steht vieles im Zusammenhang mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren und dem damit verbundenen Öffentlichwerden des Ausmaßes der Verbrechen der NS-Diktatur. So erinnert das Kalenderblatt an den Beginn des Dresdner „Euthanasie“-Prozesses im Juni 1947. Im Zuge der weiteren Erforschung der NS-„Euthanasie“-Verbrechen, die an verschiedenen Orten auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen verübt wurden, sind immer mehr Fakten und Zahlen ermittelt worden, die nach einer besonderen Form der Würdigung der Opfer verlangen. Auch die Veranstaltung anlässlich des Beginns der zentralen Krankenmorde in Sachsen vor 75 Jahren am 28. Juni in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein gedenkt der Opfer dieser Verbrechen.
Unserem Erinnerungsauftrag verpflichtet, haben wir 2012 als Stiftung Sächsische Gedenkstätten gemeinsam mit der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein ein Gedenkbuchprojekt für die sächsischen Euthanasieopfer initiiert. Im Rahmen dieses Projektes sollen alle aus Sachsen stammenden und/oder in sächsischen Anstalten gestorbenen/getöteten Patienten in einer Datenbank erfasst werden. Ein Großteil der entsprechenden Patientenakten der sächsischen Landesanstalten ist bereits ausgewertet worden – bis auf zwei Krankenanstalten. Von Großschweidnitz/OL liegen insgesamt 5.700 Patientenakten sowie von Altscherbitz (Nordwestsachsen) 2.800 Akten von in den Kriegsjahren verstorbenen Kranken vor. Von diesen Aktenbeständen konnte bislang nur eine erste Probeerfassung von etwa zehn Prozent erfolgen. Dem Ausmaß der Verbrechen geschuldet, ist in Großschweidnitz ein weiterer Gedenkort für die Opfer der gezielten Tötung von Kranken im Aufbau begriffen, dessen Entwicklung in den vergangenen Monaten große Fortschritte gemacht hat.
Wie Sie dem heutigen Newsletter entnehmen können, hat vom 5. bis 7. Juni an diesem historischen Ort die Frühjahrstagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation stattgefunden. Dort hat der Leiter der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Dr. Boris Böhm, das Gedenkbuchprojekt vor dem ausgewiesenen Fachpublikum vorgestellt. Bei der Realisierung dieser anspruchsvollen Dokumentation können wir auf die Erfahrungen bei der Veröffentlichung des „Buches der Erinnerung. Juden in Dresden: Deportiert, ermordet, verschollen“ zurückgreifen und sind, wie auch bei diesem Projekt, auf die Mitwirkung von Angehörigen, Zeitzeugen und historisch interessierten Personen aus ganz Sachsen und darüber hinaus angewiesen. Wer dazu etwas beitragen kann, den bitten wir, sich an die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein zu wenden. Noch ist ein großer Teil der Auswertung und Erforschung zu leisten. Darum sind wir für Unterstützung dankbar.
Für heute wünsche ich Ihnen bei der Lektüre des Newsletters, dass Sie auf hilfreiche Informationen stoßen. Bleiben Sie unserem Gedenk- und Erinnerungsauftrag gewogen.
Lothar Klein
Inhalt |
Neues aus der Arbeit der Stiftung und ihrer Gedenkstätten
04.06. | "Aktion Sühnezeichen" erstmalig in der Gedenkstätte Bautzen
Seit dem 2. Juni 2015 sind neun Abiturienten im Rahmen der "Aktion Sühnezeichen" in der Gedenkstätte Bautzen tätig. Zehn Tage leisten sie ehrenamtlich Pflege- und Hilfsarbeiten und tragen so zum Erhalt des historischen Ortes bei.
> Mehr06.05. | Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau präsentiert neuen Sonderband
Zusätzlich zur neuen Ausstellung über die Ereignisse im Herbst 1989 in Torgau präsentierte die Gedenkstätte GJWH Torgau am 6. Mai 2015 im Rathaus Torgau den neuen Sonderband ihrer Schriftenreihe »AUF BIEGEN UND BRECHEN« mit dem Titel »'Sie schufen sich ihre eigene Opposition.' Die Friedliche Revolution in Torgau«. Neben der Dokumentation der oppositionellen Vorgeschichte, den revolutionären Ereignissen im Herbst 1989 und deren Auswirkungen auf den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau, erfahren in diesem Sammelband auch die Torgauer Akteure erstmals eine öffentliche Würdigung und Anerkennung.
> Mehr02.06. | Guides (Honorarkräfte) für Führungen gesucht
Das DIZ Torgau sucht Besucherreferenten auf Honorarbasis für Führungen durch die ständige Ausstellung SPUREN DES UNRECHTS Wehrmachtjustiz – Sowjetische Speziallager – Strafvollzug der DDR in Torgau.
> Mehr21.05. | Ausstellung »Torgau 1945 – Ein Kriegsende in Europa« verlängert bis 31. Oktober 2015
Die Sonderausstellung »Torgau 1945 – Ein Kriegsende in Europa« wird wegen der hohen Besucherresonanz bis zum 31. Oktober 2015 verlängert. In den vergangenen vier Wochen wurden 2.750 Besucher gezählt.
> Mehr20.05. | Freischaltung der neuen Museums-App "Leipzig `89" zu den Orten der Friedlichen Revolution
Seit dem 20. Mai 2015 können Interessierte die neue Museums-App "Leipzig `89" zur gleichnamigen Stelen-Ausstellung zu den Orten der Friedlichen Revolution im Leipziger Stadtraum downloaden und sich den Rundgang so selbstständig und multimedial erschließen.
> Mehr08.06. | Gedenken für ermordete französische Juden in Koselitz
Anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges fand am Samstag, den 6. Juni 2015 eine Gedenkfeier mit mit der Einweihung von zwei Gedenksteinen und anschließender Kranzniederlegung an der Gedenkstätte Koselitz statt. Am 17. April 1945 hatte die SS in der wahrscheinlich größten Einzelmordaktion an KZ-Häftlingen auf sächsischem Gebiet in der Endphase des Zweiten Weltkrieges neben zwei jungen französischen Juden (13 und 14 Jahre alt) 184 weitere Häftlinge in der Kiesgrube in Koselitz erschossen.
> MehrNeues von weiteren zeitgeschichtlichen Erinnerungsorten in Sachsen
17.06. | Für Freiheit und Demokratie: Erinnern an den 62. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR
am 17. Juni 2015 um 17.00 Uhr im ehemaligen „Sachsenwerk“ Dresden-Niedersedlitz, Straße des 17. Juni Nr. 25. Veranstalter ist der Denk Mal Fort! e.V. – Die Erinnerungswerkstatt Dresden
> Mehr05.06. | Großschweidnitz: Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation traf sich zur Frühjahrstagung
Mit dieser Tagung, deren anspruchsvolles Programm Sie hier als PDF ansehen können, hat die Gedenkstätte Großschweidnitz ein hohes Maß an Reputation erhalten, das weit über die Grenzen Sachsens hinaus reicht. Der Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation trifft sich seit über 30 Jahren zweimal im Jahr, um sich über neue Forschungen, bioethische Fragen und Formen des Erinnerns auszutauschen. Den kompletten Tagungsbericht können Sie hier als PDF herunterladen.
Weitere Informationen zur Gedenkstätte Großschweidnitz und zum Arbeitskreis finden Sie hier!
Rückblick
20.05. | Gedenkstätte Großschweidnitz mit neuer Ausstellung
Opferschicksale erfahren eine Würdigung
Großschweidnitz "Lebensunwert - die nationalsozialistische ,Euthanasie' im Reichsgau Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren 1939-1945" heißt die neue Ausstellung, die ab sofort in der Gedenkstätte Großschweidnitz zu sehen ist. Sie ist bis zum 28. Juni dienstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet.
20.05. | „Es ging auch darum, NS-Verbrechen zu sühnen“
Warum gab es in der SBZ nach 1945 so viele Todesurteile? In einer Studie versuchten sächsische und brandenburgische Forscher, darunter die Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, sich dieser Frage zu nähern.
> MehrVorschau
17.06. | Leipzig: Gedenken für die Opfer des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953
In diesem ersten antidiktatorischen Aufstand im kommunistischen Machtbereich zeigte sich das Streben der Menschen in der DDR nach Demokratie und Freiheit, das am militärischen Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht scheiterte.
> Mehr01.07. | Bautzen: Kino im Freihof - "Jakob, der Lügner"
Das Sommerkino erinnert in diesem Jahr an das Ende des Zweiten Weltkrieges.
> Mehr02.07. | Chemnitz: Buchvorstellung "Todesurteile sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche (1944–1947)"
Die Publikation schließt eine schmerzliche Lücke in der Aufarbeitung des Stalinismus und der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es handelt sich dabei um Todesurteile Sowjetischer Militärtribunale (SMT) gegen Deutsche in der Zeit von 1944 bis 1947. Die jetzt abgeschlossene Forschungsarbeit präsentiert sowohl eine statistische und qualitative Auswertung der Urteile als auch eine umfassende biografische Übersicht zu den Verurteilten.
> Mehr04.07. | Torgau: Filmpräsentation »Trauma Umerziehung: Heimkinder in der DDR« und Podiumsgespräch
Die Gedenkstätte GJWH Torgau zeigt die Dokumentation »Trauma Umerziehung: Heimkinder in der DDR«. Danach Podiumsgespräch mit der Autorin Angelika Schmidt-Biesalski und Zeitzeugen.
> Mehr08.07. | Bautzen: Kino im Freihof "Die Fälscher"
Diese so genannte "Aktion Bernhard" wurde von den Nazis initiiert, um ausländische Devisen zu kopieren. Der Film basiert auf den Erinnerungen Adolf Burgers, der an der Aktion beteiligt war. 2008 erhielt "Die Fälscher" einen Oscar für den besten fremdsprachigen Film.
> Mehr11.07. | Dresden: Museumssommernacht 2015
„Ich lebe, um mich zu erinnern“
Anlässlich des 85. Geburtstages des Bildhauers Wieland Förster stehen mit seiner Person beispielhaft die Gefangenen der sowjetischen Besatzungsmacht im Zentrum des diesjährigen Sonderprogramms.
15.07. | Bautzen: Kino im Freihof "Sophie Scholl – Die letzten Tage"
Im Februar 1943 werden die Studentin Sophie Scholl und ihr Bruder Hans verhaftet, nachdem sie Flugblätter gegen die Nazi-Diktatur in der Münchner Universität verbreiteten.
> Mehr22.07. | Bautzen: Kino im Freihof "Der Vorleser"
Die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Bernhard Schlink verzahnt viele Zeitebenen und zeigt die Sichtweise der Täter nach Kriegsende auf.
> Mehr29.07. | Bautzen: Kino im Freihof "Am Ende kommen Touristen"
Der Zivildienst im polnischen Städtchen Oświęcim (Auschwitz) wird für den Berliner Sven zur emotionalen Zerreißprobe. Der 19-Jährige soll im Internationalen Begegnungszentrum arbeiten und sich um den KZ-Überlebenden Krzemiński kümmern.
> Mehr28.06. | Gedenkveranstaltung anlässlich des Beginns der zentralen Krankenmorde in Sachsen vor 75 Jahren
Am Sonntag, dem 28. Juni 2015, 14 bis 16 Uhr möchten die Stiftung Sächsische Gedenkstätten und das Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e. V. an den Beginn der zentralen Krankenmorde in Sachsen vor 75 Jahren erinnern.
> MehrKalenderblatt
16.06.1947 | Beginn des Dresdner »Euthanasie«-Prozesses
In den Jahren 1940 und 1941 wurden von den Nationalsozialisten in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein 13720 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen sowie mehr als 1000 KZ-Häftlinge vergast. Nach Abbruch der zentral organisierten Patientenmorde setzte sich das Töten in verschiedenen psychiatrischen Anstalten, so auch in Großschweidnitz, fort. Hier starben tausende Patienten durch systematischen Nahrungsentzug und überdosiert verabreichte Medikamente. Zwei Jahre nach Kriegsende kam es vom 16. Juni bis 7. Juli 1947 im Landgerichtsgebäude am Münchner Platz in Dresden zum Prozess gegen 15 Beteiligte der Krankenmorde in Sachsen. Das als Dresdner „Euthanasie“-Prozess bezeichnete Verfahren war das bedeutendste seiner Art in Ostdeutschland.
Weiterführende Informationen zu den „Euthanasie“-Verbrechen in Sachsen finden Sie hier auf den Webseiten der Gedenkstätten Pirna-Sonnenstein und Großschweidnitz.
Weiterführende Literatur: Boris Böhm/Gerald Hacke (Hrsg.), Fundamentale Gebote der Sittlichkeit. Der „Euthanasie“-Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947
> MehrZitat des Monats
Wie ein Hund wieder frisst, was er gespien hat, so ist der Tor, der seine Torheit immer wieder treibt.
Sprüche Salomos, Kapitel 26, Vers 11
Impressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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