August 2014
Liebe Leserinnen und Leser,
Seth Klarman ist allenfalls Börsianern ein Begriff. Er ist zum einen ein Investment-„Guru“, für dessen lange vergriffenes Buch „Margin of Safety“ (1991) inzwischen astronomische Summen gezahlt werden. Zum anderen ist er Gründer, Eigentümer und Manager des Hedgefonds „The Baupost-Group“ , also einer jener Zeitgenossen, die nach landläufiger Meinung als „Heuschrecken“ mit Unternehmen „zocken“ und Staaten in den Ruin treiben (aktuell Argentinien).
Seth Klarman, der jüdischer Herkunft ist, hat nicht nur rechtzeitig vor der Finanzkrise 2008 gewarnt und das von ihm verwaltete Vermögen seiner Klienten damit gerettet. Er warnt noch immer vor den Risiken des aktuell laufenden finanzpolitischen Experiments, bei dem staatliche Zentralbanken unter Ausschaltung marktwirtschaftlicher Mechanismen rund um den Globus die Geldmenge drastisch ausweiten, um Staaten und Banken vor dem Bankrott zu retten und durch das inzwischen eine gewaltige Kluft zwischen Finanzmärkten und realer Ökonomie entstanden ist.
Seth Klarman hat aber auch, vielleicht gerade aufgrund seiner Herkunft, einen besonderen historischen Sinn. Er ist einer der Haupt-Finanziers (lange Vorstandsvorsitzender) der internationalen Bildungsorganisation „Facing History and Ourselves“ mit einer globalen Präsenz in 150 Ländern, die vor allem mittels historischer Bildung auf die Ausformung einer gut gebildeten und besser informierten Bürgerschaft zielt, die die Menschenrechte verteidigt. Dabei setzt sie auf Methoden jenseits des Lehrbuches und der bloßen Vermittlung historischer Fakten. Aus der aktiven Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, insbesondere den Entwicklungen, die zum Holocaust und anderen Völkermorden führten, sollen die Adressaten der vielfältigen Aktivitäten die Einsicht gewinnen, dass Geschichte das Ergebnis vieler kleiner menschlicher Entscheidungen ist. Dies in der Hoffnung, dass Menschen diese Einsicht für Entscheidungen fruchtbar machen, vor denen sie heute selbst stehen. Den Kopf der Website zitiert die eingängige Maxime „People make choices – Choices make history“. Den Hintergrund bildet das bekannte Foto, auf dem viele deutsche Arbeiter den Hitlergruß zeigen, einer, auf den die Webpräsentation fokussiert, aber nicht.
Am 31. August haben die Sachsen die Wahl, sie wählen den Sächsischen Landtag. Eine gute Orientierungshilfe bietet der Wahl-o-Mat der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung.
Ich wünsche Ihnen noch schöne Sommertage
Bert Pampel
PS: Wir haben unseren Newsletter um die Rubrik „Biographie“ erweitert, in der wir monatlich auf das Schicksal eines Menschen aufmerksam machen werden, an den wir mit unserer Arbeit erinnern.
Inhalt |
Vorschau
20.08.2014 | Dresden: Buchvorstellung und Diskussion mit dem Autor Günter Hofmann: Aktion „Zug“. Die Prager Flüchtlingszüge 1989
Im Oktober 1989 fuhren die Züge mit hunderten DDR-Flüchtlingen aus der bundesdeutschen Botschaft in Prag über Dresden und Karl-Marx-Stadt ins bayerische Hof. Am Dresdner Hauptbahnhof fanden sich daraufhin tausende unzufriedene DDR-Bürger ein und demonstrierten, es kam zu Krawallen. Diese Ereignisse rekonstruiert Autor Günter Hofmann in seinem Buch „Prager Flüchtlingszüge 1989. Hintergründe, Folgen Erinnerungen“. Zudem ist die Ausstellung „Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof“ noch bis zum 14. September 2014 zu sehen. Mitarbeiter/innen der Außenstelle Dresden stehen außerdem für Antragstellung und Beratung zur Akteneinsicht zur Verfügung.
> Mehr01.09.2014 | Pirna: 1. September 1989 - Beginn der öffentlichen Aufarbeitung der NS-"Euthanasie"-Verbrechen in Pirna
Am 1. September 1989 kamen zahlreiche Menschen im Kirchgemeindezentrum Pirna-Sonnenstein zusammen, um der Eröffnung der Wanderausstellung „Aktion T4 - Die Tötung lebensunwerten Lebens“ des Westberliners Historikers und Publizisten Dr. Götz Aly beizuwohnen. Genau 25 Jahre später, am 1. September 2014, wollen die Stiftung Sächsische Gedenkstätten und das Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e. V. gemeinsam an diesen Abend, der den Beginn der öffentlichen Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“-Verbrechen in Pirna markiert, erinnern.
> Mehr04.09.2014 | Münchner Platz Dresden: Vortrag Der Hitler-Stalin Pakt. Ein weißer Fleck in der deutschen Erinnerungskultur
Vortrag von Prof. Heinrich Olschowsky. Am 1. September jährt sich der Überfall der Wehrmacht auf Polen zum 75. Mal. Kurze Zeit später rückte die Rote Armee von Osten her in Polen ein. Es begann die „vierte Teilung“ Polens, die Ausrottung von 17 % der polnischen Bevölkerung. Einfallstor für diese Entwicklung war der am 23. August 1939 geschlossene sogenannte Hitler-Stalin-Pakt, der in einem geheimen Zusatzabkommen die Aufteilung Polens zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion vorsah. Nach dem Krieg blieb Polen für viele Jahre abhängig von der Sowjetunion; der Pakt und seine Folgen durften nicht erwähnt und erinnert werden. Auch im Westen rückte der Pakt mit seiner Bedeutung für die weitere Entwicklung in den Hintergrund.
> Mehr06.09.2014 | Gedenkstätte Jugendwerkhof Torgau: 12. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder
Die Errichtung des Geschlossenen Jugendwerkhofes Torgau jährt sich 2014 zum 50. Mal. Gleichzeitig begeht die Gedenkstätte den 25. Jahrestag seiner Schließung. Mit der Initiierung der neuen Veranstaltungsreihe „Das Schweigen brechen – Schicksale ehemaliger DDR-Heimkinder“ möchte die Gedenkstätte zur Erinnerung an DDR-Heimerziehung beitragen, und zugleich den Betroffenen eine Plattform bieten, ihre verdrängte Kindheit und Jugend in den Heimen der DDR öffentlich zu präsentieren.
> Mehr14.09.2014 | Tag des offenen Denkmals in der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden
Zum Tag des offenen Denkmals ist auch in diesem Jahr die Gedenkstätte Bautzner Straße wieder für Besucher geöffnet. Ein vielseitiges Programm wird geboten, darunter verschiedene Führungen, die Eröffnung von Büro und Versammlungsraum des letzten Leiters der Dresdner MfS-Bezirksverwaltung, Horst Böhm, Filmvorführungen und Erkundungsgänge für die ganze Familie. Besichtigt werden können außerdem die Ausstellung des Schülerprojekts „Bedenken II“ sowie die zweisprachige Wanderausstellung „Lernt Polnisch . Die Gewerkschaftsbewegung Solidarność“ des BStU.
> Mehr14.09.2014 | Tag des offenen Denkmals in der Gedenkstätte Bautzen unter dem Motto „Farbe"
Wir Menschen erleben Farbe als unmittelbaren Sinneseindruck und gestalten unsere Lebensumgebung damit. Farbe und Licht können erfreuen – aber auch betäuben, vor allem wenn beides fehlt. Davon ausgehend wird zum Tag des offenen Denkmals in Sonderführungen durch die Gedenkstätte Bautzen die Bedeutung von Licht und Farbe im Haftalltag erklärt. In Zeitzeugengesprächen berichten ehemalige politische Gefangene des „Stasi-Knasts“ und des „Gelben Elends“ von ihren Sinneseindrücken während ihrer Haftzeit. Stündlich werden Dokumentarfilme gezeigt, zudem ist die die Sonderausstellung „An Gefäßen für das Essen gab es nichts.“ an diesem Tag letztmalig zu sehen.
> Mehr17.09.2014 | Dresden: Buchpräsentation und Gespräch „Zündfunke aus Prag. Wie der Mut zur Freiheit die Geschichte veränderte.“
Im Herbst 1989 flüchteten Zehntausende DDR-Bürger über die „Goldene Stadt“ Prag in die Freiheit. Die Ereignisse um die Prager Botschaft und die Massendemonstrationen in der DDR, die schließlich zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der DDR geführt hatten, waren große Ermunterung für die Tschechen und Slowaken und ihre „samtene Revolution“. Die Studie, die erstmals deutsche und tschechische Geheimdienstakten auswertet, beleuchtet die Ereignisse und deren Hintergründe. Der tschechische Autor Dr. Karel Vodička stellt sein Buch im Gespräch mit Zeitzeugen vor, das er zusammen mit dem ehemaligen Bundesaußenminister Dr. Hans-Dietrich Genscher herausgegeben hat.
> MehrNeues aus der Arbeit der Stiftung und ihrer Gedenkstätten
30.07.2014 | Mit Freitaler Schülern auf Spurensuche zu sowjetischen Kriegsgefangenen in ihrer Heimatstadt
In der letzten Schulwoche vor den Ferien hat die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain zusammen mit Schülern des Weißeritzgymnasiums in Freital ein dreitägiges Projekt zum Arbeitseinsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen in Freital durchgeführt. Die neun Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren begaben sich dabei zusammen mit der pädagogischen Mitarbeiterin der Gedenkstätte und der derzeit dort tätigen Freiwilligen im FSJ auf Spurensuche in ihrer Heimatstadt.
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03.07.2014 | Ex-Bundesminister Neumann wird Ehrenmitglied
Bernd Neumann, Kulturstaatsminister a.D., wird Ehrenmitglied der Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof Torgau.
> Mehr19.07.2014 | Auf den Spuren der Vergessenen. Was ist mit dem Großvater passiert, der von der Roten Armee verurteilt wurde?
Beitrag über die Hilfe der Dokumentationsstelle Dresden der Stiftung Sächsische Gedenkstätten bei der Schicksalsklärung deutscher Opfer sowjetischer strafrechtlich-politischer Verfolgung.
> Mehr13.08.2014 | Hoheneck - Nach vier Monaten Bauverzug: Dachsanierung ist nun fertig.
Die Sanierung am Südflügel des Ex-Frauengefängnisses Hoheneck kostete 650.000 Euro. Endlich ist er wieder wetterfest. Zudem liegen Bauanträge für Wissenschaftsschau und Gedenkstätte vor.
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28. August 1940 | Fritz Schubert aus Pirna wird in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet
Fritz Walter Schubert wurde am 5. Mai 1906 in Pirna als Sohn eines Bauarbeiters geboren. Im Alter von 20 Jahren machten sich bei ihm erste Anzeichen einer Schizophrenie bemerkbar. Er litt unter Halluzinationen und Verfolgungswahn und wurde daher im Februar 1927 zur Behandlung in die Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein eingewiesen. Zwar besserte sich sein Zustand, jedoch folgten immer wieder Krankheitsschübe, bis er schließlich im Juli 1935 zwangssterilisiert und kurz darauf in die Landesanstalt Arnsdorf verlegt wurde. Als Pflegeanstalt war Pirna-Sonnenstein kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 geschlossen worden. Ein Jahr später, am 28. August 1940, brachten Mitarbeiter der „Aktion T4“ Schubert und andere Patienten mit Bussen in die zwischenzeitlich eingerichtete Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein, wo er wahrscheinlich noch am selben Tag in der Gaskammer ermordet wurde.
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27. August 1939 | Ein zweites Wehrmachtsgefängnis wird am Torgauer Brückenkopf eingerichtet
Unmittelbar vor dem Überfall deutscher Truppen auf Polen, vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, wird in Torgau auf dem Brückenkopf ein zweites Wehrmachtgefängnis eingerichtet. Das Gelände am Ostufer der Elbe war seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr militärisch genutzt worden. Im Rahmen der Mobilmachung wird am 27. August 1939 die Jugendherberge, die sich dort befindet, geschlossen. Über 20 zivile Mietparteien müssen ohne vorherige Ankündigung sofort ausziehen. Um Ersatzwohnungen hat sich die von der Maßnahme überraschte Stadt Torgau zu kümmern.
Der Räumungsbefehl geht vom Kommandanten des Wehrmachtgefängnisses Torgau-Fort Zinna aus, der zunächst auch für den Ausbau dieses neuen Militärgefängnisses zuständig ist. Danach wird Torgau-Brückenkopf selbstständig geführt. In dem für Haftzwecke nicht gut geeigneten Hauptgebäude werden große Gemeinschaftszellen eingerichtet. Zwei steinerne Unterkunftsbaracken für Gefangene im hinteren Hofbereich kommen im November 1939 hinzu. Platz ist für etwa 1.000 Gefangene. Bis zur Evakuierung der letzten Häftlinge Mitte April 1945 waren zusammengerechnet ungefähr 20.000 verurteilte Soldaten hier inhaftiert.
Auch das Ende des Zweiten Weltkrieges in Torgau ist mit dem Brückenkopf verbunden: Hier hatten die sowjetischen Truppen vereinbarungsgemäß Halt gemacht, als es am 25. April 1945 zur ersten Begegnung mit einer Patrouille der US Army auf der gesprengten Elbbrücke kam. An den Tagen darauf trafen die Kommandeure dieser Einheiten in der Küchenbaracke des vormaligen Wehrmachtgefängnisses zusammen.
Foto: In den Übersichtsplan sind notwendige Arbeiten für den Umbau der Brückenkopf-Kaserne zum Wehrmachtgefängnis eingetragen. (Archiv DIZ Torgau / Stadtarchiv Torgau)
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Zitat des Monats
Zitat des Monats
Der russische Bolschewismus erwies sich in vielen seiner Ideen und Erscheinungsformen als Stammvater des europäischen Faschismus. (…) Sowohl der Bolschewismus als auch der Faschismus ließen sich von ein und demselben Prinzip bei der Steuerung des Staates leiten – dem Prinzip der massenhaften Gewaltanwendung – physischer, politischer, ökonomischer, geistiger. Das bolschewistische System zeigte seine Inkompetenz und Menschenfeindlichkeit in allen Lebensbereichen. Im Ergebnis hat Russland das 20. Jahrhundert weitgehend verloren.
Alexander Jakowlew (sowjetischer und russischer Politiker, Berater Gorbatschows, Vordenker der Perestrojka) in: Sumerki (russ.; Dämmerung), 2. Aufl. 2005, S. 29 (Übersetzung: Bert Pampel).
Impressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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