April 2015
Lieber Leserinnen und Leser,
insgesamt starb während des Zweiten Weltkrieges rund die Hälfte der mehr als fünf Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen in deutschem Gewahrsam, die meisten von ihnen in den besetzten Gebieten, hunderttausende aber auch in Lagern im Reichsgebiet. Sie wurden zu Opfern des weltanschaulichen Vernichtungskrieges des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die Sowjetunion. Ursächlich für das Massensterben waren vor allem die billigend oder gleichgültige in Kauf genommene unzureichende Versorgung und Hygiene in den Lagern, aber auch gezielte Morde an Kommissaren und Juden. Trotz dieses grauenhaften Schicksals gehörten die sowjetischen Kriegsgefangenen bis in die jüngste Zeit sowohl in Deutschland, aber auch in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, zu den "vergessenen Opfern" der NS-Diktatur. In der Sowjetunion sahen sich die Überlebenden der deutschen Gefangenschaft pauschal des Vorwurfs ausgesetzt, ihre Heimat verraten zu haben.
Über das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener in deutschem Gewahrsam aufzuklären, war ein Ziele des vom Bund 15 Jahre geförderten Projekts der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, das zum Jahreswechsel 2014 endete. Im Rahmen des Projekts waren in russischen, ukrainischen, belarussischen und deutschen Archiven lagernde Unterlagen zu ca. einer Million sowjetischen Kriegsgefangenen erschlossen worden. Die Beantwortung der Anfragen von Angehörigen aus Russland sowie den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aber auch von Gemeinden, Suchdiensten und Gedenkstätten aus Deutschland, soll nun ab dem 1. Mai 2015 aus Mitteln des Freistaates Sachsen wieder aufgenommen werden. Der Bund hat ab 2016 eine angemessene Beteiligung an der Finanzierung in Aussicht gestellt. Am 23. April 2015 wird der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich im Beisein diplomatischer Vertreter, darunter des Russischen Botschafters in Deutschland, der im Kriegsgefangenenlager Zeithain bei Riesa verstorbenen mindestens 25 000 sowjetischen Kriegsgefangenen gedenken. Ich würde mich freuen, Sie zu dieser Veranstaltung begrüßen zu können.
Bert Pampel
Inhalt |
Neues aus der Arbeit der Stiftung und ihrer Gedenkstätten
13.04. | Stiftung Sächsische Gedenkstätten kündigt Wiederaufnahme der Auskunftstätigkeit zu sowjetischen Kriegsgefangenen an
Die Beantwortung der Anfragen von Angehörigen aus Russland sowie den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aber auch von Gemeinden, Suchdiensten und Gedenkstätten aus Deutschland, soll ab dem 1. Mai 2015 wieder aufgenommen werden.Die Auskunftstätigkeit basiert auf den Ergebnissen eines vom Bund geförderten 14-jährigen Forschungsprojekts, das zum 31. Dezember 2014 endete. Dabei wurden in russischen, ukrainischen, belarussischen und deutschen Archiven Unterlagen zu ca. einer Million sowjetischen Kriegsgefangenen erschlossen. Sie waren während des Zweiten Weltkrieges in deutsche Gefangenschaft geraten. Die Unterlagen sind in einer Datenbank verzeichnet, die in Teilen auch Online zugänglich ist. Monatlich gehen gegenwärtig mehr als 250 Anfragen hierzu bei der Stiftung ein.
> Mehr09.04. | Gedenkstätte Bautzen sucht ab dem 1. September 2015 eine/n Freiwillige/n für das FSJ Politik
Sie erwarten vielseitige und spannende Aufgaben in allen Arbeitsbereichen der Gedenkstätte Bautzen. Sie unterstützen die Öffentlichkeits- und Zeitzeugenarbeit sowie die Verwaltung, Sammlung und Besucherbetreuung. Außerdem unterstützen Sie die Vorbereitung und den Aufbau von Ausstellungen sowie die Durchführung von Abendveranstaltungen. Neben diesen abwechslungsreichen Tätigkeiten erarbeiten Sie weitgehend selbständig ein eigenes Projekt und werden dabei in Planung, Organisation und Umsetzung von den Mitarbeitern der Gedenkstätte Bautzen unterstützt. Am FSJ Politik können junge Leute zwischen 16 und 26 Jahren teilnehmen, die einen Schulabschluss besitzen. Der Freiwilligendienst dauert 12 Monate und beginnt am 1. September 2015. Bewerbungen können bis zum 1. Mai 2015 bei der Sächsischen Jugendstiftung, dem Träger des FSJ Politik, eingereicht werden.
> MehrNeues von weiteren zeitgeschichtlichen Erinnerungsorten in Sachsen
18.04. | Marsch des Lebens Hohenstein-Ernstthal 2015: Erinnern – Versöhnen – Ein Zeichen setzen
In Erinnerung an die Häftlinge des Außenlagers Hohenstein-Ernstthal des Konzentrationslagers Flossenbürg und deren Todesmarsch nach Böhmen veranstalten engagierte Christen vom Verein Sächsische Israelfreunde e.V. zusammen mit der Stadt Hohenstein-Ernstthal und weiteren Gästen, darunter der Chemnitzer Holocaustüberlebende Justin Sonder, diesen Marsch. Im Rahmen des Gedenkens wird vom 13. bis 19. April die Ausstellung "Frühe Konzentrationslager in Sachsen 1933 - 1937" der Stiftung Sächsische Gedenkstätten Dresden gezeigt.
Das Programm als PDF
12.04. | Görlitz: Der MEETINGPOINT MUSIC MESSIAEN e.V. lädt zur deutsch-polnischen Geschichtswerkstatt „Stalag VIII A – Vergessen oder verdrängt?“ ein.
Der MEETINGPOINT MUSIC MESSIAEN e.V. lädt zur deutsch-polnischen Geschichtswerkstatt „Stalag VIII A – Vergessen oder verdrängt?“ ein. An ihrer Regionalgeschichte interessierte Jugendliche und Senioren aus Görlitz und Zgorzelec werden ab 12. Mai 2015 gemeinsam die Geschichte des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIII A kennenlernen, näher untersuchen und durch ein selbstgewähltes Projekt weiterforschen, ihre Forschungsergebnisse in selbstgewählter Form publizieren und im Januar 2016 während des Begleitprogramms im Rahmen des Januarkonzerts der Öffentlichkeit präsentieren.
Detaillierte Informationen zur Teilnahme sind hier als PDF zu finden.
21.03. | Leipzig: Mit 22 neuen STOLPERSTEINEN erinnert der Kölner Künstler Gunter Demnig an Opfer des Nationalsozialismus
Das nachbarschaftliche Zusammenleben war in Deutschland bis 1933 nahezu intakt, aber auf einmal war die Nachbarwohnung leer, waren die Nachbarn weg, Möbel und Einrichtungsgegenstände wurden abgeholt und niemand will etwas gewusst haben? Das bleibt für den Kölner Aktionskünstler Gunter Demnig unbegreiflich und dieses Unbegreifbare ist sein Antrieb, die Erinnerung nicht verlöschen zu lassen. Die Form, die Gunter Demnig dabei wählt, ist ein sehr individuelles Gedenken: Es werden die ehemaligen Adressen von verfolgten, vertriebenen und ermordeten Menschen recherchiert. In den Gehwegen vor deren letzten frei gewählten Wohnhäusern werden die STOLPERSTEINE ebenerdig eingesetzt. Das Projekt sucht Paten.
Weitere Einzelheiten können Sie hier als PDF nachlesen.
> MehrVorschau
23.04. | Zeithain: Gedenkveranstaltung 70. Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Zeithain
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Landesverband Sachsen, die Gemeinde Zeithain und der Förderverein Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e. V. in Kooperation mit der Sächsischen Staatsregierung und dem Sächsischen Landtag laden zur Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges und der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Zeithain in die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain ein. Erwartet werden neben dem sächsischen Ministerpräsidenten und dem sächsischen Landtagspräsidenten auch der Russische Botschafter und der Botschafter der Ukraine in Deutschland.
> Mehr18.04. | Gedenkveranstaltungen zum 70. Jahrestag des Massakers von Abtnaundorf
Am 18. April 2015 jähren sich das Massaker von Abtnaundorf und die Befreiung der Stadt Leipzig zum 70. Mal. Zu diesem Anlass werden zwei Gedenkveranstaltungen stattfinden.
> Mehr21.04. | Pirna: Festveranstaltung zum 250. Geburtstag von G.A.E. von Nostitz und Jänckendorf
Am 21. April 2015 um 16 Uhr, möchten die Stiftung Sächsische Gedenkstätten, das Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V. und das Kuratorium Altstadt Pirna e.V. an das Wirken des weitgehend vergessenen G.A.E. von Nostitz und Jänckendorf erinnern.
> Mehr24.04. | Torgau: Ausstellungseröffnung »Torgau 1945 - Ein Kriegsende in Europa«
Das DIZ Torgau lädt am 24. April um 15.00 Uhr zur Eröffnung der Sonderausstellung »Torgau 1945 - Ein Kriegsende in Europa« ein. Anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsendes stellen Torgauer Schüler ein gemeinsames Projekt mit dem DIZ Torgau vor.
> Mehr29.04. | Bautzen: Eröffnung eines interaktiven Besucherrundgangs: Die Friedliche Revolution in Bautzen II
In dem neuen Rundgang begeben sich Gedenkstättenbesucher eigenständig und interaktiv auf die Spuren der Friedlichen Revolution in Bautzen und in der Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen II.
> Mehr07.05. | Dresden: Herr Hübner und die sibirische Nachtigall. Buchvorstellung mit Susanne Schädlich
Im Juli 1948 traten Mara Jakisch (1905-2005) und Dietrich Hübner (*1927) trotz strengen Verbots über Klopfzeichen miteinander in Kontakt. Sie waren Zellennachbarn im Gefängnis der sowjetischen Besatzungsmacht am Münchner Platz. Die Schriftstellerin Susanne Schädlich (Berlin) nimmt dieses zufällige Zusammentreffen zum Ausgangspunkt, um die sehr unterschiedlichen Lebenswege der beiden Frauen zu rekonstruieren.
> Mehr17.05. | Bautzen: Ausstellungseröffnung im Rahmen des 38. Internationalen Museumstags „Museum. Gesellschaft. Zukunft.“: Der Weg zur deutschen Einheit
Ausstellungstexte sowie zahlreiche Fotos, Faksimiles, Hör- und Videodokumente beschreiben, wie die Friedliche Revolution in der DDR und die Zurückhaltung der sowjetischen Besatzungsmacht die Frage der deutschen Einheit vor 25 Jahren unverhofft auf die Tagesordnung der deutschen und internationalen Politik setzten.
> Mehr17.05. | Großschweidnitz: Ausstellungseröffnung "LEBENSUNWERT - Die nationalsozialistische 'Euthanasie' im Reichsgau Sudetenland und im Protektorat Böhmen und Mähren 1939-1945"
Die dreisprachige Ausstellung (dt./engl./tschech.) hat einerseits direkte lokale Bezüge zur ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Großschweidnitz, die bei Patiententransporten aus und in annektierte Gebiete eine Rolle spielte. Andererseits öffnet sie den Blick ins Nachbarland und ist somit auch für grenzübergreifende Projekte geeignet.
> Mehr25.04. | Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau: Buchvorstellung und Zeitzeugengespräch
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Das Schweigen brechen – Schicksale ehemaliger Heimkinder“ präsentiert die Gedenkstätte am 25. April 2015 um 16 Uhr den neuen Band 3 ihrer Schriftenreihe „Auf Biegen und Brechen“. Der Autor Dr. Christian Sachse und der Zeitzeuge Rainer Buchwald stellen ihre Studie mit dem Titel „Durchschnittlich intelligent und sehr vergammelt - Das illegale Arbeits- und Erziehungslager 1966/67 in Rüdersdorf“ vor.
> MehrRückblick
31.03. | Gedenkstätte Bautzen erinnert an Häftlingsaufstand in der DDR
Der MDR berichtet über die Eröffnung der Sonderausstellung "Der vergessene Gefangenenaufstand. Das Bautzener 'Gelbe Elend' im März 1950". Auf der Seite ist außerdem ein Interview mit dem Zeitzeugen Jochen Stern nachzuhören (9:28 min).
> Mehr31.03. | »Krass, dass der Kahn noch da ist«
Bericht über eine Projektwoche des DIZ Torgau mit Schülern des Johann-Walter-Gymnasiums zum Kriegsende 1945
> Mehr08.04. | Vom Nazi-Knast zum Tor in die Freiheit
Tausende politische Häftlinge sind während des 20.Jahrhunderts im Kaßberg-Gefängnis in Haft gewesen. Chemnitzer Studenten haben die Geschichte des Baus erforscht und veranstalten eine Projektwoche mit Zeitzeugen.
> Mehr13.04. | Schüler stellen sich dunklem Kapitel
"Freie Presse" fragte junge Leute, was sie über das ehemalige Konzentrationslager in Hohenstein-Ernstthal wissen und stellte fest: Auch in manchen Familien wird über die Nazi-Verbrechen gesprochen.
> Mehr10.04. | Da wird nichts mehr anbrennen
Planungssicherheit für Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
> Mehr14.04. | Stiftung: Wiederaufnahme der Auskunft zu sowjetischen Kriegsgefangenen
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten wird ab Mai wieder Auskunft zu sowjetischen Kriegsgefangenen während des Zweiten Weltkriegs geben.
> Mehr13.04. | Kaßberg-Gefängnis: Möglicher Investor erwägt Rückzug
Beim Verkauf des leer stehenden Komplexes geht es nicht voran. Darunter leiden auch die Pläne für einen Gedenkort.
> MehrVermischtes
Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ wirbt mit Kampagne „Ich lebe noch!“ um Spenden für NS-Opfer
„Von diesem Moment an war nichts mehr wie vorher. Wir waren barfuß und nackt. Wir hatten kein Zuhause und keine Zukunft.“
Sinaida Petrowna Lewanez, Jahrgang 1935, Belarus
Solange NS-Opfer keinen würdevollen Lebensabend haben, ist unsere Verantwortung für Sie nicht zu Ende! Daher wirbt die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ mit der Kampagne „Ich lebe noch!“ um Spenden für NS-Opfer. Die Opfer des Nationalsozialismus sind hochbetagt. Ihre Lebenssituation ist oft prekär und gekennzeichnet durch einen Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe. Die Stiftung EVZ unterstützt in Mittel- und Osteuropa sowie in Israel Initiativen, die die Hilfsbereitschaft für Opfer von Zwangsarbeit und anderem NS-Unrecht lokal und international stärken.
> MehrZitat des Monats
Am 8. November 1941 kam mit der Eisenbahn ein Kontingent Kriegsgefangener ins Lager Kritschew. In kalten Güterwagen waren sie zwei Tage unterwegs gewesen. Während dieser Zeit hatten die Gefangenen weder zu essen noch zu trinken bekommen. Die entkräfteten, hungrigen Kriegsgefangenen wurden dadurch unterwegs noch schwächer. Ein Teil von ihnen starb im Zug, andere wiederum waren bei der Ankunft so ausgezehrt, dass sie nicht mehr die Kraft besaßen, ohne fremde Hilfe die Waggons zu verlassen. Als unsere Kameraden versuchten, den Geschwächten zu helfen, die Waggons zu verlassen, drängten die deutschen Soldaten sie zur Seite und erschossen all jene Gefangenen direkt in den Waggons, die nicht ausstiegen.
Das Tagebuch des Levan Atanasjan. Erinnerungen eines sowjetischen Kriegsgefangenen, Dresden 2009, S. 63. Bestellen
> MehrImpressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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