Sowjetische Kriegsgefangene stehen im Mittelpunkt des Gedenkens im Sächsischen Landtag am 27. Januar 2013
25.01.13
„Ein wichtiger Schritt für die deutsche Öffentlichkeit“
Sowjetische Kriegsgefangene stehen im Mittelpunkt des Gedenkens im Sächsischen Landtag am 27. Januar 2013
In einer gemeinsamen Veranstaltung gedenken Parlament und Staatsregierung von Sachsen in diesem Jahr wieder der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung. Die Veranstaltung findet im Plenarsaal des Sächsischen Landtags um 14.00 Uhr statt und wird in Kooperation mit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten durchgeführt. In diesem Jahr geht es dabei um Millionen Opfer unter den Kriegsgefangenen in deutschem Gewahrsam während des Zweiten Weltkrieges, vor allem unter den sowjetischen, aber auch den italienischen und polnischen Kriegsgefangenen.
Mit rund drei Millionen in deutscher Gefangenschaft verstorbenen Soldaten bilden die sowjetischen Kriegsgefangenen eine der größten Opfergruppen nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung. Sie wurden Opfer verbrecherischer Befehle des Oberkommandos der Wehrmacht, das die auf dem geltenden Völkerrecht basierenden eigenen Richtlinien für die Behandlung von Kriegsgefangenen für die Rotarmisten in weiten Teilen durch Sonderbefehle außer Kraft setzte. Der von den Nationalsozialisten propagierte antislawische Rassismus prägte ihre Behandlung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. In der Folge verursachten die katastrophalen Lebensbedingungen in den Kriegsgefangenenlagern der Wehrmacht und den dazugehörigen Arbeitskommandos an Orten wie dem ehemaligen sächsischen Truppenübungsplatz Zeithain – heute erinnert die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain der Stiftung Sächsische Gedenkstätten an diese Opfer – ein zehntausendfaches Massensterben.
In deutlich geringeren Umfang wurde Zeithain auch für die als Italienische Militärinternierte bezeichneten italienischen Kriegsgefangenen zu einem Sterbelager. Auch für sie wurden Schutzbestimmungen der Genfer Konventionen weitgehend außer Kraft gesetzt. Die rund 600.000 ins Reichsgebiet transportierten Italiener wurden als Vergeltung für die Kapitulation Italiens am 8. September 1943 völlig unzureichenden Lebensbedingungen ausgesetzt, was zu mehr als 45.000 Toten führte. Am 19. Dezember 2012 hat die Bundesregierung ihr tiefes Bedauern darüber ausgedrückt und deren Schicksal gewürdigt.
Wenngleich es zu keinem Massensterben unter den rund 400.000 polnischen Kriegsgefangenen von 1939 in deutscher Gefangenschaft kam, verwehrte die Wehrmacht ihnen mit Ausnahme der 16.000 Offiziere eine völkerrechtskonforme Behandlung. Mehr als 300.000 von ihnen wurden 1940 kollektiv zwangsweise aus der Gefangenschaft entlassen und für die Dauer des Krieges zur zivilen Zwangsarbeit verpflichtet.
Alle drei Gruppen – insbesondere aber die sowjetischen Kriegsgefangenen – gehören in der deutschen Erinnerungskultur an die nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen zu den zu wenig beachteten Opfern.
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erinnert jetzt ein deutsches Parlament explizit im Rahmen einer Gedenkfeier an sie. Der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Siegfried Reiprich, betonte hierzu: „Dies ist ein wichtiger Schritt für die deutsche Öffentlichkeit.“
Dresden, den 25.01.2013
Kontakt:
Dr. Klaus-Dieter Müller
Telefon: 0351-469 55 48
E-Mail: klaus-dieter.mueller@stsg.smwk.sachsen.de