Gedenken anlässlich des 76. Jahrestages der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Zeithain am 23. April 1945 und des Endes des Zweiten Weltkrieges
22.04.21
Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, der Zivilgesellschaft, des diplomatischen Corps und der Bundeswehr werden morgen, 23. April 2021, im Rahmen einer nichtöffentlichen Gedenkveranstaltung in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain der Opfer des Lagers gedenken. In diesem Jahr jährt sich die Befreiung des Lagers zum 76. Mal. Auf die geplante öffentliche Gedenkfeier musste aufgrund der Corona-Pandemie erneut verzichtet werden.
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten und der Landesverband Sachsen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge unterstützt durch die Gemeinde Zeithain und den Förderverein Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e.V. haben zu dem Gedenken eingeladen.
Neben der Ersten Vizepräsidentin des Sächsischen Landtages Andrea Dombois, als Vertreterin von Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler, nimmt auch die Staatsministerin für Kultur und Tourismus sowie Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Sächsische Gedenkstätten Barbara Klepsch teil. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener diplomatischer Vertretungen wie der belarussische Botschafter Denis Sidorenko sowie Vertreter der Bundeswehr werden Grußworte sprechen. Die Pfarrerin der Kirchgemeinde Zeithain, Grit Skriewe-Schellenberg, gestaltet die Gedenkfeier mit. Am Ende wird es wie in jedem Jahr eine Kranzniederlegung am Obelisken im Ehrenhain geben.
Staatsministerin Barbara Klepsch betont als Vorsitzende des Stiftungsrates der Sächsischen Gedenkstättenstiftung: »Im Gedenken würdigen wir insbesondere die Zehntausenden von Opfern, die im so bezeichneten Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager Stalag 304 (IV H) Zeithain gefangen waren, unter unmenschlichen Bedingungen leiden mussten und verstarben. Die Erinnerung an dieses nationalsozialistische Unrecht drückt den Respekt gegenüber den Opfern aus und hilft uns zugleich in der politischen Orientierung der Gegenwart, die humanistischen Grundsätze unseres Werteverständnisses klar zu fokussieren.«
»Ich freue mich, dass trotz der herausfordernden pandemiebedingten Allgemeinsituation so viele diplomatische und konsularische Vertreterinnen und Vertreter sowie Akteurinnen und Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft nach Zeithain kommen, um an diesem für den historischen Ort so besonderen Tag an die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers und besonders an die Schicksale der Opfer zu erinnern. Das Kriegsgefangenenlager Zeithain war mitten in Deutschland, in Sachsen einer der Orte, wo drei Wochen nach Beginn des deutschen Überfalls die verbrecherische Kriegführung gegen die Sowjetunion an der »Heimatfront« sichtbar wurde. In Kürze jährt sich der Beginn des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion am 22. Juni 2021 zum 80. Mal. Während der Bundestag am 9. Oktober 2020 beschlossen hat, dass der Bund sich deutlich stärker für die weithin vergessenen Opfer dieser verbrecherischen Kriegführung einsetzt, findet dies in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain seit ihrer Wiedereröffnung am 23. April 1999 statt«, so der Kommissarische Stiftungsgeschäftsführer Sven Riesel.
Staatsministerin Barbara Klepsch: »Hinter jedem dieser Toten steht ein Schicksal, steht ein geliebter Mensch, auf dessen Rückkehr Familie und Freunde gehofft hatten. Keiner dieser Angehörigen sollte ihren Sohn, ihren Vater, ihren Ehemann oder guten Freund wiedersehen. Gerade deswegen ist es eine wichtige humanitäre Komponente der Gedenkstättenarbeit, dass hier die meisten Toten aus ihrer Anonymität geholt werden konnten und bereits seit 2015 in Zeithain namentlich an sie erinnert wird.«
Die Gedenkfeier wird wie bereits im vergangenen Jahr aufgezeichnet und im Anschluss auf den Webseiten der Gedenkstätte und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Video mit russischen Untertiteln zugänglich gemacht werden.
Stiftung und Gedenkstätte zeigen zudem auf ihren Webseiten vom 23. April bis zum 9. Mai 2021 auf einer Laufleiste die 23754 Namen aller bekannten in Zeithain verstorbenen Kriegsgefangenen mit ihren jeweiligen Geburts- und Sterbedaten. Da insbesondere den vor Beginn der Corona-Pandemie zahlreich anreisenden Angehörigen Besuche der Gedenkstätte und der Friedhöfe nicht mehr möglich sind, sollen mit dieser Aktion die Namen der Opfer des Kriegsgefangenenlagers Zeithain veröffentlicht werden und daran erinnern, dass hinter jedem Mensch ein Name, ein individuelles Leben mit einer eigenen Geschichte steht.
Hintergrund:
Die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain erinnert an die Opfer des Kriegsgefangenenlagers der Wehrmacht in Zeithain bei Riesa zwischen 1941 und 1945. Es war vor dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion im April 1941 eingerichtet worden. Ab Oktober 1943 kamen auch italienische, serbische, britische, französische und polnische Gefangene in das Lager.
Insgesamt sind rund 25 000 bis 30 000 sowjetische und mehr als 900 Kriegsgefangene aus anderen Ländern – davon mindestens 874 Italiener – in Zeithain verstorben. Gründe waren vor allem mangelhafte Ernährung und katastrophale hygienische Bedingungen.
Die zu Tode gekommenen Opfer des Lagers sind auf vier Friedhöfen in der Umgebung des ehemaligen Lagergeländes am Bahnhof Jacobsthal begraben. Die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers Zeithain wird in einer Dauerausstellung im Dokumentenhaus des Ehrenhains Zeithain und in einer ehemaligen Lagerbaracke dargestellt.
Die Gedenkstätte in Trägerschaft der Stiftung Sächsische Gedenkstätten versteht sich als Informations- und Bildungsstätte sowie als Anlaufstelle für Angehörige der ehemaligen Kriegsgefangenen.