2015: Das Ende der Anonymisierung der sowjetischen Kriegsgefangenen auf den Zeithainer Friedhöfen
Insgesamt sind 1941 bis 1945 auf dem Gelände des damaligen Truppenübungsplatzes Zeithain vier Soldatenfriedhöfe angelegt worden, wo zwischen 25.000 und 30.000 verstorbene sowjetische Kriegsgefangene überwiegend in Massengräbern bestattet wurden. Daneben bestand noch ein weiterer Friedhof für italienische, polnische und serbische Kriegsgefangene, der heute nicht mehr existiert. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, insbesondere in dessen Endphase, kamen einige Dutzend Gräber von Wehrmachtsangehörigen hinzu, die bei Übungsunfällen während der Ausbildung oder in einem Reservelazarett verstorben waren und auf dem deutschen Soldatenfriedhof, heute Waldfriedhof Zeithain, beigesetzt wurden. Zeithain ist der größte Kriegsgräberkomplex im Freistaat Sachsen und zählt angesichts der Gesamtzahl der Toten zu den größten in der Bundesrepublik Deutschland.
Als die Rote Armee am 23. April 1945 bei Zeithain die Elbe erreichte, waren die meisten Massengräber in keinster Weise gekennzeichnet. In einem Fall wurden die Grabflächen sogar schon wieder durch ortsansässige Bauern für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Die 1941 auf dem so genannten Russenfriedhof Zeithain, dem heutigen Ehrenhain Zeithain, entstandenen Einzel- und Gemeinschaftsgräber wurden auf Befehl der zuständigen Kreiskommandantur der Roten Armee in Großenhain bereits 1945 provisorisch neu gestaltet. Jedes der Gräber wurde mit einer Holztafel mit den persönlichen Daten der Toten versehen.
Im Nachgang einer 1946 eingesetzten Untersuchungskommission wurden alle vier Friedhöfe für die sowjetischen Kriegsgefangenen bis 1949/50 grundlegend neu gestaltet. Während drei der vier Friedhöfe nach Abschluss der Untersuchungsarbeiten lediglich eine Umzäunung erhielten und jeweils ein zentraler Obelisk errichtet wurde, entstand am Standort des bereits erwähnten „Russenfriedhofs Zeithain“ der heutige Ehrenhain Zeithain. Es handelt sich um eine parkähnlich gestaltete ca. 30.000 m² große Anlage, die in ihrer Architektur den weithin bekannten sowjetischen Ehrenmalen, wie man sie aus Berlin-Treptow oder Berlin-Pankow kennt, entspricht. Obwohl es nicht der Friedhof mit der höchsten Opferzahl war, lag er als einziger außerhalb des von den sowjetischen Streitkräften bis 1992 weiter genutzten Truppenübungsplatzes Zeithain. Der Ehrenhain verlor den Charakter einer Friedhofsanlage.
Die Namen der verstorbenen Rotarmisten fehlten fortan ebenso wie jeder Hinweis darauf, dass es sich bei den Verstorbenen um Kriegsgefangene gehandelt hatte. Ausgehend davon gelang es der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Sachsen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie der Gemeinde Zeithain, die Sächsische Staatsregierung davon zu überzeugen, Investitionsmittel für die Aufstellung von Namenstafeln auf den Friedhöfen bereitzustellen. Im Zeitraum November 2013 bis März 2025 wurden auf allen vier Friedhöfen Stelen aus Cortenstahl aufgestellt, auf deren Tafeln rund 22.800 Namen von in Zeithain verstorbener sowjetischer Kriegsgefangener verzeichnet sind. Der damalige Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich sowie Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler weihten die Stelen am 23. April 2015 zusammen mit diplomatischen Vertretern der Herkunftsstaaten ein. Es war europaweit das erste Mal, dass die Namen von in deutscher Gefangenschaft verstorbener Rotarmisten auf Friedhöfen eines ehemaligen Kriegsgefangen-Mannschaftsstammlagers der Wehrmacht vermerkt wurden.
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