Otto Flügel (1899–1941)
Wie Millionen anderer Männer und Frauen im Deutschen Reich war auch Otto Flügel im Zuge der 1929 ausbrechenden Weltwirtschaftskrise arbeitslos geworden. Ein Einschnitt in seinem Leben, der ihn schmerzhaft traf. Nach drei Jahren andauernder Arbeitslosigkeit brach er nervlich zusammen und äußerte erstmals Selbstmordgedanken. Daraufhin entschloss sich seine Frau Hermine am 28. April 1933, ihn in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Hildesheim aufnehmen zu lassen.
Geboren am 11. August 1899 in Vallstedt bei Braunschweig, wuchs er als Sohn eines Landwirts mit fünf weiteren Geschwistern auf. Gute Noten in der Schule weckten in ihm die Hoffnung, eines Tages selbst Lehrer werden zu können. Jedoch konnte sich die Familie sein Studium nicht leisten und Otto Flügel musste sich mit einer Ausbildung zum Schlachter begnügen. Unmittelbar nach dem Ende seiner Lehre wurde er als Artillerist zum Kriegsdienst an der Westfront eingezogen. Das Kriegsende erlebte er in einem Reservelazarett, nachdem er an der Front einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Einige Zeit verbrachte er noch bei seinen Eltern, konnte dann aber wieder eine Anstellung finden. 1923 heiratete er und bekam mit seiner Frau Hermine zwei Töchter. Nachdem er 1930 arbeitslos wurde, änderte sich das Verhalten von Otto Flügel zunehmend. Er wurde ruhiger, nachdenklicher und befürchtete, von anderen Menschen „schief angesehen“ zu werden und fühlte sich häufig verfolgt. Immer wieder äußerte er die Furcht, Schuld am Ausbruch des Krieges gewesen zu sein.
In Hildesheim stellten die Ärzte die Diagnose Schizophrenie. Otto Flügel fühlte sich von Beginn an unwohl in der psychiatrischen Anstalt. Wiederholt bat er die Anstaltsleitung darum, entlassen zu werden und war nach Besuchen von Angehörigen traurig gestimmt, da er sie nicht mit nach Hause begleiten durfte. Wenn er unruhig war oder Selbstmordgedanken äußerte, wurden ihm häufig ruhigstellende Medikamente verabreicht. In den folgenden Jahren änderte sich kaum etwas an seinem Zustand. Auch eine so genannte Malariakur brachte keine Veränderung. Diese 1917 vom österreichischen Psychiater Julius Wagner-Jauregg entwickelte Therapie war eigentlich für progressive Paralyse, eine Folgeerkrankung von Syphilis, gedacht. Dass Flügel nie an Syphilis erkrankt war, hielt die Ärzte nicht davon ab, diese mit extrem hohen Fieber einhergehende Behandlung bei ihm anzuwenden. Weitere Behandlungsbemühungen fanden nicht statt und auch die Einträge in seiner Patientenakte fielen im Laufe der Zeit immer spärlicher aus.
Am 14. März 1941 wurde er in die sächsische Landesanstalt Waldheim verlegt, die zu diesem Zeitpunkt als Zwischenanstalt der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein fungierte. Zusammen mit 37 anderen Menschen wurde er am 12. Mai 1941 nach Pirna-Sonnenstein gebracht und dort in der Gaskammer ermordet.
Zur Person
Nachname: | Flügel |
Vorname: | Otto |
Nation/Land: | Deutschland |
Geburtsdatum: | 11.08.1899 |
Geburtsort: | Vallstedt |
Sterbedatum: | 12.05.1941 |
Sterbeort: | Pirna-Sonnenstein |
Letzter frei gewählter Wohnort: | Klein-Lafferde |
Begräbnisstätte: | unbekannt |
Orte/Stationen der Verfolgung/Haft |
|
Ergänzungen
Sie kennen bzw. wissen etwas über Otto Flügel? Dann schreiben Sie uns bitte eine
E-Mail oder nehmen auf anderem Weg Kontakt mit uns auf.
Eine weitergehende Nutzung der hier abgebildeten Fotografien und Dokumente, zum Beispiel für eine Veröffentlichung, bedarf unserer Zustimmung.