#Kalenderblatt – vor 80 Jahren: Beginn der NS-Krankenmorde in Pirna-Sonnenstein
28.06.20
Am 28. Juni 1940 – vor 80 Jahren – begannen die nationalsozialistischen Krankenmorde in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein.
Im Frühjahr 1940 war in der „Kanzlei des Führers“ mit Zustimmung des Sächsischen Innenministeriums die Entscheidung gefallen, Teile der im Herbst 1939 aufgelösten Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein als Tötungsanstalt zu nutzen. Innerhalb weniger Wochen errichteten Handwerker zur gegenseitigen Abtrennung um vier frühere Anstaltsgebäude eine Mauer. Eine ehemalige Anstaltsscheune wurde zur Busgarage umfunktioniert. Außerdem wurde im Keller des Hauses C16 eine Gaskammer sowie ein Krematorium mit zwei Öfen samt Schornstein eingebaut. Leiter der vierten Tötungsanstalt der Krankenmordorganisation wurde der Arzt Horst Schumann (1906–1983), der bereits seit Januar 1940 die Tötungsanstalt in Grafeneck geleitet hatte.
Mit einem Bus wurden am 28. Juni 1940 zehn Männer aus der Landesanstalt Waldheim in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt. Sie wurden nach ihrer Ankunft scheinbar ärztlich untersucht, gemessen und fotografiert. Anschließend wurden sie unter dem Vorwand, es ginge zum Duschen, in die Gaskammer geführt und dort mit Kohlenmonoxidgas ermordet. Der erste Mord in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein war eine Art Probelauf. Bis zum 19. August 1941 sollten den ersten zehn Opfern noch über 14 700 weitere folgen. Insgesamt wurden während der zentralen Krankenmorde über 70 000 Menschen getötet.
Mehrere Jahrzehnte blieben die Verbrechen auf dem Sonnenstein weitgehend vergessen. Seit dem Jahr 2000 erinnert die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein als Teil der Stiuftung Sächsische Gedenkstätten am authentischen Ort an die dort verübten Massenmorde und legt die Hintergründe der nationalsozialistischen „Euthanasie“ offen.
Hagen Markwardt (Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Öffentlichkeitsarbeit)
Tel.: 03501 710963
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