Kalenderblatt: Das frühe Konzentrationslager Zschorlau im Erzgebirge
20.05.23
Vor 90 Jahren, am 21. April 1933, wurden 53 Häftlinge der Sicherheitspolizeikaserne in Aue in ein Fabrikgebäude in Zschorlau im Erzgebirge gebracht. Ihre Aufgabe war es, dort ein Konzentrationslager aufzubauen, in welchem sie selbst inhaftiert bleiben sollten.Bereits 1933 wurden im Deutschen Reich zahlreiche sogenannte frühe Konzentrationslager eingerichtet. Sie waren wesentlicher Teil der Verfolgung politischer Gegnerinnen und Gegner, vor allem von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sowie von Kommunistinnen und Kommunisten, im Zuge der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ 1933. Sie waren aber auch bereits Orte der rassistischen Verfolgung.
Die Firma August Wellner und Söhne stellte der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg ein leerstehendes Fabrikgebäude sowie Einrichtungsgegenstände und Baumaterialien kostenlos zur Verfügung. Somit beliefen sich die Einrichtungskosten des KZ Zschorlau lediglich auf 1000 Reichsmark. Der Bau wurde durch Häftlinge durchgeführt. Am 20. Mai 1933 konnte die Fertigstellung des Lagers an die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg gemeldet werden.
Ein Bild zeigt Häftlinge des KZ Zschorlau, im Hintergrund ist eine Tafel mit Inschrift: „SS-Wache Konzentrationslager Zschorlau Sa“ zu sehen. Im ersten Moment wirkt es wie ein fröhliches Gruppenfoto. Tatsächlich war der Alltag der Häftlinge jedoch geprägt von harter Zwangsarbeit, Folter, Misshandlungen und Strafen.
Bewacht wurde das Lager sowohl durch Angehörige von SA und SS sowie der Polizei. Für einige Bewacher war das KZ Zschorlau der Beginn ihrer Karriere im Nationalsozialismus. Beispielsweise für den SS-Truppführer und Lagerkommandanten Robert Weißmann (1907–1975). Nach Auflösung des Lagers arbeitete er für die Gestapo in Dresden. Dort wurde er zum Kriminalwachtmeister sowie zum SS-Untersturmführer ernannt. In der Gestapo arbeitete er an der Überwachung im Bereich Kirchen und Sekten. Er stieg zum Kriminalkommissar auf und übernahm die Leitung des Referates Kirchen und Sekten. Offenbar setzte er sich in dieser Funktion für die Freilassung von Zeugen Jehovas aus dem Konzentrationslager ein. Nach seiner Beförderung zum SS-Hauptsturmführer 1939 leitete er in Zakopane bis 1943 die Dienststelle für den Kreis Nowy Targ der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) im besetzten Polen. Dabei war er für den Mord von mindestens 80 jüdischen Menschen verantwortlich.
1961 nahm die Staatsanwaltschaft Freiburg Ermittlungen gegen ihn auf. Das Landgericht Freiburg verurteilte Robert Weißmann 1965 für Mord in über 80 Fällen und Beihilfe zum Mord in 25 Fällen zu nur sieben Jahren Zuchthaus. Für die Verbrechen im KZ Zschorlau wurde er nie verurteilt.
(verfasst von Felicia Adakh)
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