#Kalenderblatt: Beginn der „Aktion Reinhardt“ im Vernichtungslager Belzec vor 80 Jahren
17.03.22
Mitte März 1942 trafen die ersten Transporte von jüdischen Menschen im Vernichtungslager Belzec ein, wo sie unmittelbar darauf ermordet wurden. Dem als „Aktion Reinhardt“ bezeichneten industriellen Massenmord der Nationalsozialisten fielen bis November 1943 etwa 1,7 Millionen Menschen, vor allem Juden aber auch Sinti und Roma, zum Opfer.
Seit Beginn des Zweiten Weltkrieges radikalisierte die antisemitische Politik des Nationalsozialismus zunehmend. Die Ausgrenzung und Verfolgung von jüdischen Menschen schlug spätestens 1941 in deren Vernichtung um. Vermutlich im Oktober 1941 gab Heinrich Himmler dem SS- und Polizeiführer Odilo Globocnik den Auftrag zur Ermordung der Juden im Distrikt Lublin. Kurz darauf begann der Bau des Vernichtungslagers Belzec.
Alles war auf einen möglichst reibungslosen Ablauf der Morde ausgelegt. Die Opfer wurden mit Zügen nach Belzec gebracht. Unmittelbar nach der Ankunft kamen sie in Baracken, wo sie sich entkleiden mussten. Unter dem Vorwand es gehe zum Duschen trieben die Wachmannschaften die Menschen einen etwa zwei Meter breiten, mit Stacheldrahtzäunen gesicherten Weg entlang, der sie in die Gaskammern führte. Dort wurden sie zusammengepfercht und ermordet. Die Leichen wurden von jüdischen Häftlingen in Gruben verscharrt. 1943 wurden diese Massengräber wieder geöffnet und die Leichen verbrannt. Ähnlich gingen die Täter in den Vernichtungslagern Sobibor und Treblinka vor, die im Mai bzw. Juli 1942 mit dem Morden begannen.
Wesentlich für die Umsetzung der Massenmorde der „Aktion Reinhardt“ war Personal der Kanzlei des Führers (KdF). Dieses war bereits 1940/41 in den Tötungsanstalten der „Aktion T4“ tätig. Mit Abbruch der zentralen Krankenmorde durch Adolf Hitler im August 1941 hatte es keine Aufgaben mehr. Als vermeintliche Tötungsexperten beteiligten sich knapp 120 Männer der „T4“ an der systematischen Vernichtung der europäischen Juden. Erster Lagerkommandant von Belzec war Christjan Wirth (1885-1944). Der hatte bereits als Inspekteur der „Euthanasie“-Anstalten fungierte. Ihm folgte im August 1942 Gottlieb Hering (1887-1945). Dieser hatte das Sonderstandesamt der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein geleitet und dort tausendfach Todesurkunden mit falschen Angaben ausgestellt. Insgesamt 45 Männer aus Pirna-Sonnenstein waren an der „Aktion Reinhardt“ beteiligt - unter ihnen 21 ausgebildete Krankenpfleger.
Die Lager waren ausschließlich auf die Vernichtung ausgelegt. Auch für die wenigen Personen, die als Arbeitskräfte ausgesucht worden waren, bedeutete dies nur, dass sie erst später ermordet werden sollten. In Belzec waren bis Dezember 1942 nach Schätzungen 470 000 Menschen umgebracht worden. Nur drei Männern gelang die Flucht aus dem Vernichtungslager.
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Hagen Markwardt (Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Öffentlichkeitsarbeit)
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