Stiftung Sächsische Gedenkstätten veröffentlicht Datenbanken
16.11.09
„Diese weltweit einmaligen Datenbanken ermöglichen es Millionen Menschen, die Schicksale ihrer verstorbenen oder vermissten Angehörigen aus Kriegs- und Nachkriegszeiten aufzuklären“, würdigte die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Prof. von Schorlemer, das heute von der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten Dresden freigeschaltete Portal.
In zwei Datenbanken können die Nutzer ab heute selbstständig nach sowjetischen und deutschen Bürgern des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit recherchieren. Die erste Datenbank umfasst ca. 700.000 Datensätze zu sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg, die zumeist in deutschem Gewahrsam umgekommen sind. Sie ermöglicht zukünftig Millionen ausländischen Bürgerinnen und Bürgern die schnelle Suche nach ihren in Deutschland beerdigten oder teils vermissten Angehörigen.
In einer weiteren Datenbank werden erstmals über 10.000 Namen und Geburtsdaten von deutschen Bürgern veröffentlicht, die von sowjetischen Militärtribunalen während und nach dem Zweiten Weltkrieg verurteilt wurden und inzwischen von russischer Seite fast vollständig rehabilitiert wurden. Etwa 85 Prozent der enthaltenen Verurteilten oder ihre Angehörigen wissen bislang nichts, teils mehr als 60 Jahre nach der Verurteilung, von der Rehabilitierung, weil ihre aktuellen Wohnanschriften unbekannt sind.
Beide Datenbanken liefern Namen, Geburtsort und Geburtsjahr der verzeichneten Personen. Vollständige Informationen zu jeder genannten Person erhalten Familienangehörige dann auf Anfrage bei der Dokumentationsstelle. Für Anfragen von Forschern und sonstigen Interessierten gelten die üblichen Regeln des Datenschutzes. Die Datenbanken werden in deutscher und russischer Sprache verfügbar sein. Sie werden je nach Projektfortschritt ständig aktualisiert und erweitert.
Weitere Informationen:
Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Dokumentationsstelle, Dülferstraße 1, 01069 Dresden, Dr. Klaus-Dieter Müller, Tel.: 03 51/4 69 55 47
www.dokst.de
www.dokst.ru
Hintergrund:
Die biografischen Kernangaben der Datenbank „sowjetische Kriegsgefangene“ wurden im Rahmen des internationalen Projektes „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte. Forschungen zum Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit“ gewonnen. Die Dokumentationsstelle führt das Projekt im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und des Bundesministeriums des Inneren seit dem Jahr 2000 durch, mit politischer Unterstützung der Regierungen der Russischen Föderation, der Ukraine und der Republik Belarus sowie in Kooperation mit vielen Partnern in diesen Ländern. Die Stiftung kommt dabei ihrer Aufklärungspflicht sowie einem wachsenden osteuropäischen Interesse an der zweitgrößten Opfergruppe des Nationalsozialismus nach.
Am 18.10.1991 trat das „Gesetz der Russischen Föderation über die Rehabilitierung von Opfern politischer Verfolgung“ in Kraft. Auf dessen Grundlage wurden bereits Zehntausende von Strafverfahren von der russischen Hauptmilitärstaatsanwaltschaft überprüft. Zu Unrecht von sowjetischen Organen verurteilte Menschen wurden rehabilitiert.
Seit Juni 2008 hat die Dokumentationsstelle vom Auswärtigen Amt die Aufgabe übernommen, deutsche Bürger bei der Antragstellung zur Urteilsüberprüfung auf Grundlage des russischen Gesetzes zu unterstützen. Sie ist zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für die Beantragung von Urteilsüberprüfungen bei der russischen Staatsanwaltschaft und damit verbundene Schicksalsklärungen zu deutschen Bürgern. Die Veröffentlichung der Internetseite stellt gleichzeitig den Start einer mehrwöchigen Erprobungsphase für die Datenbanken dar.