Angehörige der belgischen Widerstandskämpferin Josefine van Durme (1914-2009) zu Besuch an der Haftstätte in Waldheim
12.11.18
Zu Lebzeiten schwieg Josefine van Durme (1914–2009) über ihren Widerstand und die erlittene Haft. Nach ihrem Tod fand die Familie beim Räumen ihrer Wohnung die Hinterlassenschaft und befasst sich seither intensiv mit ihrer Biografie. Auf der Suche nach Informationen über das Frauenzuchthaus Waldheim nahm ihr Großneffe Gregory Kontakt mit Birgit Sack auf. Sie ist Mitautorin des Buches „Das Frauenzuchthaus Waldheim 1933–1945“ .
Ihre erste Reise nach Ostdeutschland auf den Spuren Josefine van Durmes führte die Angehörigen am 28. Oktober 2018 zunächst nach Cottbus. Das damalige Frauenzuchthaus war die erste Haftstation der belgischen Widerstandskämpferin nach ihrer Abschiebung ins Reich im Mai 1944 gewesen. Zuvor war die junge belgische Lehrerin wegen Feindbegünstigung von einem Feldkriegsgericht in Brüssel zum Tode verurteilt worden. Später wurde das Todesurteil auf dem Gnadenweg in eine achtjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Als Angehörige des Réseau Comète (engl. Comet line), eines Fluchtnetzwerks, das alliierten Soldaten und Fliegern zur Rückkehr in ihre Heimat verhalf, hatte sie sich gemeinsam mit ihrem Verlobten Jule Colle um abgestürzte Flieger der Royal Air Force gekümmert. Dieser wurde im selben Prozess zum Tode verurteilt und am 30. September 1944 erschossen. Über ein Repatriierungslager in Eisenach kehrte Josefine van Durme bei Kriegsende nach Belgien zurück.
Am 29. Oktober 2018 besuchte die Familie von Josefine van Durme gemeinsam mit Birgit Sack die Justizvollzugsanstalt Waldheim. Zwei Vollzugsangestellte der Anstalt, die sich ehrenamtlich im Förderverein Sächsisches Strafvollzugsmuseum Waldheim e. V. engagieren, führten durch die Ausstellungsräume. Anschließend präsentierte Gregory Delbrouck, der Großneffe von Josefine van Durme, deren Zuchthauskleidung und versprach, sie bei Bedarf für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen. Ebenso wie ihre Haftakte hatte Josefine van Durme die Kleidungsstücke bei der Befreiung der Waldheimer Anstalt durch sowjetische Truppen mitgenommen.
Gregory Delbrouk schrieb im Nachgang des Besuches in Waldheim: „78 years ago our countries were at war and so many years later, with the help of so many people from different countries, once at war, I was able to recreate this journey through determination and found strength through the good in every person that was willing to help out! Thank you to the Prison of Waldheim, thank you to the Human Rights center of Cottbus and thank you Birgit Sack!”
Foto: Die Familie von Josefine van Durme auf den Treppen zu einem der beiden noch erhaltenen Wirtschaftsgebäudes des Frauenzuchthauses, das im Jahr 2000 abgerissen wurde.