Hintergrundinformationen über die Aufarbeitung der Personalunterlagen der deutschen Wehrmacht zu sowjetischen Kriegsgefangenen
Überall in Deutschland und in den ehemals von deutschen Truppen im Verlauf des Zweiten Weltkrieges zeitweise besetzten Gebieten seiner europäischen Nachbarstaaten finden sich heute die Gräber von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener. Diese reichen von Einzelbestattungen auf kommunalen Friedhöfen bis hin zu großen Lagerfriedhöfen mit Tausenden von Toten. Die Identität der überwiegenden Mehrzahl von ihnen galt Jahrzehnte lang jedoch mangels Unterlagen als unbekannt, ihr Schicksal als nicht aufklärbar.
Die Sowjetunion verfügte jedoch seit Kriegsende über Unterlagen zum Schicksal ihrer Kriegsgefangenen, die zwischen 1941 und 1945 von der Wehrmacht angelegt worden waren. Sie stammten aus den Verwaltungen der befreiten Kriegsgefangenenlager und aus der ehemaligen Wehrmachtauskunftsstelle (WASt) in Berlin. Dazu zählen Personalkarteikarten, Zugangsmeldungen, Todes- und Entlassungsmeldungen sowie Meldungen bei der Übergabe an die Gestapo oder den Sicherheitsdienst (SD).
Durch die Stück für Stück erfolgte Öffnung postsowjetischer Archive erhielten auch deutsche Forscher erstmals Zugang zu relevanten Beständen im Zentralen Militärarchiv Podolsk bei Moskau. Später kamen auch Bestände der Geheimdienstarchive hinzu. Dadurch war zwar langfristig eine Schicksalsklärung in Hunderttausenden von Fällen möglich. Voraussetzung war jedoch eine gemeinsame Bearbeitung deutschen Beuteguts durch die einstigen Kriegsgegner. Die Bestände der WASt fielen bei Kriegsende den US-Truppen weitgehend unversehrt in die Hände. Im Einklang mit dem Völkerrecht übergab die US-Armee diese Unterlagen 1945 an die Sowjetunion, wo diese durch die Rote Armee und den militärischen Geheimdienst sowie das NKWD in den folgenden Jahren übersetzt und ausgewertet wurden. Doch obwohl den sowjetischen Behörden detaillierte Informationen zum Schicksal ihrer Kriegsgefangenen zur Verfügung standen, erhielten die Familien zumeist lediglich die pauschale Auskunft, der Angehörige sei in deutscher Gefangenschaft verstorben oder vermisst. Alle die Kriegsgefangenen betreffenden Beutedokumente dienten den sowjetischen Behörden vorrangig als Grundlage für die Überprüfung der überlebenden Kriegsgefangenen hinsichtlich ihrer möglichen Kollaboration mit den Deutschen. Diese wurde in den sogenannten Filtrationslagern, die die Gefangenen vor ihrer Heimkehr durchlaufen mussten, durchgeführt.