Juli 2015
Liebe Leserinnen und Leser,
die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte trägt den Namen „Yad Vashem“. Dies bedeutet: „Denkmal und Name“. Sie veranschaulicht das Schicksal der in der Schoah ermordeten Juden mit persönlichen Geschichten, Dokumenten, Kunstwerken, Filmen und Tausenden von Fotografien einer nicht mehr existierenden jüdischen Kultur. Als besonders eindrücklich habe ich von meinen Besuchen dort die „Halle der Namen“ in Erinnerung (Foto). Das zentrale Anliegen der Mitarbeiter und Partner der Gedenkstätte in vielen Ländern der Welt ist es, den Opfern ihre Namen zurückzugeben und sie dem Vergessen zu entreißen. Es geht in der geschichtlichen Aufarbeitung eben nicht um das anonyme Leiden der Millionen. Es geht um konkrete Personen, deren Kinder und Enkel vielleicht heute unsere Nachbarn wären, wenn sie nicht in deutschem Namen von Menschen ermordet worden wären, die vielleicht unsere Großväter oder Väter sind.
Dies deckt sich auch mit dem Auftrag der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, wie Sie vielen unserer Publikationen entnehmen können, ob in der Reihe „Lebenszeugnisse – Leidenswege“, den Dokumentationen „Die Erinnerung hat ein Gesicht“ oder dem „Buch der Erinnerung“ über das Schicksal der Dresdner Juden. So erinnert auch unsere "Biografie des Monats" an die Dresdner Malerin Elfriede Lohse-Wächtler und deren Ermordung am 31. Juli 1940 in Pirna-Sonnenstein. Diese Biografie ist ab jetzt auf unserer Website abrufbar.
Der heutige Newsletter erreicht viele von Ihnen schon in der Ferienzeit. Wenn Sie in unserem Land oder auch bei unseren europäischen Nachbarn unterwegs sein sollten, werden Sie immer wieder Hinweisschildern zu Gedenk- und Erinnerungsorten begegnen. Vielleicht nehmen Sie sich die Zeit, innezuhalten, Ihre Geschichtskenntnisse vor Ort zu erweitern und zu realisieren, dass wir uns in fast ganz Europa frei bewegen und den Menschen und Völkern begegnen können, zwischen denen noch vor wenigen Jahrzehnten Feindschaft herrschte. Wie wenig selbstverständlich das in unserer Welt ist, vermitteln uns die täglichen Nachrichten und das Erinnern.
Lothar Klein
Inhalt |
Neues aus der Arbeit der Stiftung und ihrer Gedenkstätten
15.06. | Werke des Künstlers Frank Voigt in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein zu sehen
Vom 12. Juni bis 4. Juli 2015 waren in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein mehrere Arbeiten des Freitaler Künstlers Frank Voigt zu sehen gewesen. Im ehemaligen Leichenraum wurden eine Videoinstallation, zwölf Lichtobjekte und grafische Arbeiten sowie im Ausstellungsbereich mehrere Bilder aus seiner Werkfolge "Die Kinder vom Sonnenstein" präsentiert.
Die Vorsitzende des Landesverbandes Bildende Kunst Sachsen e.V., Simone Heller, fasste die Ausstellung bei der Eröffnung zusammen: "Indem Frank Voigt die abgebildeten Kinder von Blüten- und Blattmotiven überwachsen lässt, macht er auf unseren oft widersprüchlichen Umgang mit der Natur des Lebens aufmerksam. Ich glaube, dass jeder von uns, wenn er im Grünen unterwegs ist, die mannigfaltigen Formen der Natur genießt, dass der Anblick seltener Gewächse eine wahre Begeisterung in uns hervorruft. Aber wie ist das mit der Natur des Menschen?"
24.06. | Polnischer Ehrenorden für Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden
Dr. Birgit Sack, Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden, wurde am 23. Juni 2015 während einer Feierstunde im Beisein von Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange der Ehrenorden „Missio Reconciliationis“ durch den Stellvertretenden Vorsitzenden der Misja Pojednania (Versöhnungsmission), Konteradmiral Henry Kalinowski, verliehen. Außerdem erhielten den Ehrenorden für Verdienste um die polnisch-deutsche Aussöhnung Pfarrer Erich Busse, Dr. Gustav Bekker, der Stadtverband der VVN/BdA sowie die Deutsch-Polnische Gesellschaft Sachsen. Die polnischen Gäste waren zu Ehren der am 23. und 24. Juni 1942 in Dresden hingerichteten zwölf jungen Polen aus der Kleinstadt Gostyn angereist. Sie legten im früheren Richthof am Münchner Platz Kränze nieder.
> Mehr24.06. | Beginn der fünften Sommerkinosaison in der Gedenkstätte Bautzen. Preisgekrönte Filme in der Reihe „Kino im Freihof“
Die Gedenkstätte Bautzen lädt gemeinsam mit dem Steinhaus e. V. an jedem Mittwoch im Juli um 21:30 Uhr zum „Kino im Freihof“ ein. Der Eintritt ist frei. Snacks und Getränke sind erhältlich, eine Schlechtwettervariante besteht. Die Gedenkstätte ist jeden Mittwoch ab 10 Uhr durchgängig bis zum Filmende geöffnet.
> Mehr26.06. | Beginn der Krankenmorde in Pirna-Sonnenstein vor 75 Jahren
Mit einer Gedenkveranstaltung erinnerten die Stiftung Sächsische Gedenkstätten und das Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V. am Sonntag den 28. Juni 2015 an den Beginn der Krankenmorde in Pirna-Sonnenstein vor 75 Jahren. Grußworte dazu sprachen die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva-Maria Stange, sowie die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bund der "Euthanasie"-Geschädigten und Zwangssterilisierten, Margret Hamm.
> Mehr01.07. | 11. Stadtteilfest Pirna-Sonnenstein "Der Sonnenstein ist bunt"
Wie bereits in den letzten Jahren beteiligte sich die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein am Samstag den 4. Juli 2015 am 11. Stadtteilfest Pirna-Sonnenstein unter dem Motto "Der Sonnenstein ist bunt". Dafür war die Gedenkstätte von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Die Gedenkstätte und das Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V. präsentierten sich auf dem Schlosshof vor dem Landratsamt mit einem gemeinsamen Stand. Insgesamt wurden drei öffentliche Führungen angeboten.
02.07. | Neuerscheinung zu ostpreußischen Opfern der Krankenmorde in der Stiftungsreihe "Zeitfenster"
Im soeben erschienen Band 9 der Reihe "Zeitfenster" der Stiftung Sächsische Gedenkstätten wird eine bislang weitgehend vergessene Region der nationalsozialistischen Krankenmorde in den Blick genommen. Der Sammelband mit dem Titel, "'Wird heute nach einer Landes-Heil- und Pflegeanstalt in Sachsen überführt.' Die Ermordung ostpreußischer Patienten in der nationalsozialistischen Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein 1941", untersucht erstmals ausführlich die Einbeziehung von Psychiatriepatienten der Provinz Ostpreußen in die "Euthanasie"-Verbrechen.
> MehrNeues von weiteren zeitgeschichtlichen Erinnerungsorten in Sachsen
01.07. | Veranstaltungsreihe »Das Schweigen brechen - Schicksale ehemaliger Heimkinder«
Ehemalige Ost- und West-Heimkinder verbindet ein gemeinsames Anliegen: über Unrecht und Leid in den Heimen der DDR und der frühen Bundesrepublik aufzuklären. Mit der Veranstaltungsreihe »Das Schweigen brechen - Schicksale ehemaliger Heimkinder« thematisiert die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau im 25. Jahr der Deutschen Einheit erstmals die Geschichte repressiver Heimerziehung der frühen Bundesrepublik.
> Mehr02.07. | Besatzungswechsel in Leipzig vor 70 Jahren: Beginn einer neuen Diktatur – Ausstellung und Veranstaltung im Museum in der "Runden Ecke"
Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ eröffnete aus Anlass des 70. Jahrestages des Kriegsendes am 2. Juli 2015 um 18.30 Uhr im Eingangsbereich des Museums den zweiten Teil der kleinen Sonderausstellung „Zwei Mal befreit? Leipzig unter amerikanischer und sowjetischer Besatzung 1945“. Dieser thematisiert den Besatzungswechsel sowie den beginnenden Aufbau einer Diktatur nach sowjetischem Vorbild. Im Anschluss sprach der Leipziger Historiker Ivo Nußbicker über „Die sowjetische Besatzung in Leipzig 1945“. Originale Film- und Fotoaufnahmen dokumentierten die sowjetisch-amerikanischen Begegnungen in Leipzig sowie den Besatzungswechsel am 2. Juli 1945.
> Mehr02.07. | Archiv Bürgerbewegung Leipzig erhält Fördermittel des Freistaates Sachsen für Schülerprojekt
„Unglaublich, was in 25 Jahren passiert ist“. So äußerte sich der Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel, am 2. Juli im "Haus der Demokratie" in Leipzig. Dort war er beim "Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.“ zu Gast, um dem Archiv einen Zuwendungsbescheid der Sächsischen Staatskanzlei aus dem diesjährigen Programm zur Förderung von Aktivitäten zur Erinnerung an den 25. Jahrestag der Deutschen Einheit und der Wiedergründung des Freistaates Sachsen im Jahr 1990 zu übergeben. Mitarbeiter des Archivs werden im Rahmen dieses sächsischen Förderprojektes bis Ende 2015 ein Bildungsprojekt für Schüler erarbeiten, in dem die Entstehung der Sächsischen Verfassung im Mittelpunkt steht.
> Mehr01.07. | 4. SÄCHSISCHES GESCHICHTS-CAMP: Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau seit drei Jahren fester Kooperationspartner
„,Halt – Grenzposten – Stehenbleiben oder ich schieße!‘ 25 Jahre Deutsche Einheit – Leben an und mit der Grenze“ lautet der Titel des diesjährigen Sächsischen Geschichts-Camps. Es findet vom 15. bis 19. September 2015 in Plauen statt, einer Stadt, die sowohl im Grenzgebiet der ehemaligen DDR lag als auch im Herbst 1989 eine bedeutende Rolle spielte. Das vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus ausgerichtete Camp bietet Schülern die Möglichkeit, sich im 25. Jahr der Deutschen Einheit intensiv mit der Geschichte der deutschen Teilung und den Folgen für die Menschen in der DDR zu befassen. Einer der Kooperationspartner ist auch in diesem Jahr wieder die Gedenkstätte GJWH Torgau.
> MehrRückblick
14.06. | Umerziehungsheime in der DDR - Geprügelt, weggesperrt, gedemütigt
Zu "vollwertigen Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft" sollten sie werden - rebellische Jugendliche in der DDR wurden in speziellen Heimen darauf gedrillt, sich ins Kollektiv einzufügen. Besonders gefürchtet: der Jugendwerkhof in Torgau.
> Mehr19.06. | Neben Geld braucht es Geste
Linkspolitiker fordern zentralen Gedenkort für sowjetische Kriegsgefangene. Deutschland hat sich zur Entschädigung noch lebender sowjetischer Kriegsgefangener entschlossen. Ihre Zahl ist auf ein paar tausend geschrumpft, umso schneller muss es nun gehen.
> Mehr30.06. | »Trauma Umerziehung: Heimkinder in der DDR«
Die Gedenkstätte GJWH Torgau präsentierte am 4. Juli um 16 Uhr den Dokumentarfilm »Trauma Umerziehung: Heimkinder in der DDR«. Vorab kam die Torgauer Zeitung mit dem wissenschaftlichen Referenten der Gedenkstätte ins Gespräch.
> Mehr02.07. | Zwangsarbeit in der NS-Zeit: Ein öffentliches Verbrechen
Über 12 Millionen Menschen haben während des Zweiten Weltkrieges für Deutschland Zwangsarbeit geleistet. Das blieb Jahrzehnte lang unbesprochen. Erst 56 Jahre nach Kriegsende hat man ihnen in Deutschland ein Denkmal gesetzt. mephisto 97,6 berichtet über den Umgang mit diesem finsteren Kapitel deutscher Geschichte in Leipzig.
> MehrVorschau
15.07. | Kino im Freihof: Sophie Scholl – Die letzten Tage
Gedenkstätte Bautzen, Weigangstraße 8a, 02625 Bautzen
Die Filmhandlung konzentriert sich auf die letzten sechs Tage in Sophie Scholls Leben. Der Film ist ein sensibles Porträt der berühmten NS-Widerstandskämpferin, der präzise die tagelangen Verhöre und den Schauprozess vor dem Volksgerichtshof dokumentiert.
> Mehr22.07. | Kino im Freihof: Der Vorleser
Gedenkstätte Bautzen, Weigangstraße 8a, 02625 Bautzen
Der 15-jährige Schüler Michael Berg trifft auf seinem Heimweg auf die 20 Jahre ältere Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz. Hanna wird Michaels erste große Liebe – und er ihr Vorleser. Eines Tages ist Hanna spurlos verschwunden. Erst Jahre später trifft Michael, mittlerweile Jura-Student, sie als Angeklagte KZ-Aufseherin im Gerichtssaal wieder. Für Michael sind Hannas banale Aussagen über den barbarischen Umgang mit KZ-Häftlingen unbegreiflich …
> Mehr29.07. | Kino im Freihof: Am Ende kommen Touristen
Gedenkstätte Bautzen, Weigangstraße 8a, 02625 Bautzen
Der Zivildienst im polnischen Städtchen Oświęcim (Auschwitz) wird für den Berliner Sven zur emotionalen Zerreißprobe. Der 19-Jährige soll im internationalen Begegnungszentrum arbeiten und sich um den KZ-Überlebenden Krzemiński kümmern. Als Sven die Museumsführerin Ania kennenlernt, ändert sich sein bis dahin distanziertes Verhältnis zu dem wortkargen betagten Zeitzeugen ...
> Mehr25.08 | Vortrag: „Doppelte Gefährdung: Polnische Jüdinnen und Juden in Leipzig vor und nach der ‚Polenaktion‘“
Ariowitsch-Haus: Hinrichsenstr. 14, Leipzig-Zentrum Nordwest, Waldstraßenviertel
Wie lebten polnische Jüdinnen / Juden in Leipzig? Wie erinnern sie sich an das „Präludium zur Vernichtung“, die so genannte „Polenaktion“ im Oktober 1938? Am Beispiel der Familien Fischel und Kohs zeigt Dr. Uta Larkey die wenigen Überlebensoptionen der aus Leipzig vertriebenen polnischen Jüdinnen und Juden.
> MehrZitat des Monats
Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt.
Thomas Mann (Nobelpreisträger für Literatur 1929) in „Der Zauberberg“, S. Fischer 1954, S. 731, Foto: Wikimedia Commons
Kalenderblatt
09.07.1937 | Auflösung des Konzentrationslagers Sachsenburg
Das Konzentrationslager Sachsenburg war das wichtigste unter den frühen KZ in Sachsen. Es wurde Anfang Mai 1933 unterhalb des Schlosses Sachsenburg außerhalb des gleichnamigen Ortes bei Frankenberg von 50 bis 60 Häftlingen, meistens Funktionäre der Arbeiterparteien aus Chemnitz, errichtet. Hinzu kamen am 2. Mai 1933 noch 40 Häftlinge aus dem KZ Plaue bei Flöha, dem ersten KZ in Sachsen. Von 1933 bis 1937 waren in Sachsenburg bis zu 1.400 Regimegegner eingesperrt. Die meisten der Häftlinge waren Kommunisten und Sozialdemokraten, darunter der Schriftsteller Bruno Apitz („Nackt unter Wölfen“) sowie der Dramaturg und Verleger Walter Janka, aber auch jüdische Bürger wie der Arzt Dr. Kurt Glaser aus Chemnitz.
Die Lagerinsassen mussten unter unmenschlichen Bedingungen schwerste, erniedrigende Arbeiten verrichten. Manche waren im nahegelegenen Steinbruch eingesetzt, andere beim Bau von Uferbefestigungen der Zschopau, die direkt am KZ-Gelände vorbei fließt. Viele der Häftlinge wurden Verhören unterzogen und waren bestialischen Strafmaßnahmen und Folterungen der SS ausgesetzt. Nach unvollständigen Unterlagen des Gemeindeamtes Sachsenburg von 1945 wurden 11 Häftlinge ermordet. Wie viele Menschen infolge der Misshandlungen starben, ist unbekannt. Einen eindrücklichen Bericht dazu hat auch der KPD-Reichstagsabgeordnete Hugo Gräf aus Dresden verfasst, der hier als PDF heruntergeladen werden kann.
Die Bewachung erfolgte anfänglich durch 25 SA- und SS-Leute. Erster Kommandant war SA-Standartenführer Max Hähnel, der infolge des Röhm-Putsches festgenommen wurde. Ab August 1934 übernahm das SS-Sonderkommando Sachsen die Lagerleitung und nutzte das KZ fortan als Experimentierfeld und Laboratorium in Vorbereitung des Aufbaus des späteren KZ-Systems sowie als Kaderschmiede, z. B. für spätere Lagerkommandanten. So waren Häftlinge aus Sachsenburg auch am Aufbau des wesentlich größeren KZ Buchenwald beteiligt. Nach dessen Fertigstellung wurde das KZ Sachsenburg am 9. Juli 1937 geschlossen und die restlichen Häftlinge in den darauf folgenden Wochen in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen verlegt.
Die Stiftung unterstützt die Einrichtung einer Gedenkstätte am historischen Ort.
Quellen: Carina Baganz, Erziehung zur "Volksgemeinschaft?": Die frühen Konzentrationslager in Sachsen 1933 - 34/37 (Geschichte der Konzentrationslager 1933 - 1945, Band 6); Hugo Gräf, "Sachsenburg - Bericht aus einer Hölle", Arbeiter Illustrierte Zeitung vom 17. Juni 1936
Biografie des Monats
Die Dresdner Malerin Elfriede Lohse-Wächtler wird am 31. Juli 1940 in Pirna-Sonnenstein ermordet
Geboren wurde Elfriede Lohse-Wächtler am 4. Dezember 1899 in Dresden. Die Eltern, besonders der Vater, waren mit der Genialität und Exzentrik der Tochter überfordert und versuchten zu verhindern, dass sie Malerin wurde. Sie studierte trotzdem an der Kunstgewerbeschule in Dresden und hatte Kontakte zur Dresdner „Sezession Gruppe 1919“ mit Otto Dix, Conrad Felixmüller, Otto Griebel und Pol Cassel. 1921 heiratete sie den Opernsänger Kurt Lohse, einen Freund Otto Dix´, und ging mit ihm 1925 nach Hamburg, wo sie Mitglied in dem von Ida Dehmel gegründeten „Bund Hamburger Künstlerinnen“ wurde. In den folgenden Jahren prägten Armut und Ehekrisen ihr Leben. 1926 kam es zur Trennung. Danach lebte die Malerin unter ärmlichen Bedingungen, bis sie einen Nervenzusammenbruch erlitt und in die Staatskrankenanstalt Hamburg-Friedrichsberg eingewiesen wurde. Dort schuf sie die eindrucksvolle Porträt-Reihe der „Friedrichsberger Köpfe“. Die Blätter wurden in erfolgreichen Ausstellungsbeteiligungen und Einzelausstellungen von der Kunstkritik enthusiastisch gefeiert und machten Elfriede Lohse-Wächtler zu einer lokal berühmten, aber weiterhin armen Künstlerin. Aufgrund materieller und psychischer Probleme sah sie sich gezwungen, 1931 zurück zu ihren Eltern nach Dresden zu gehen. Dort brachen jedoch die alten Konflikte erneut auf und der Vater ließ seine Tochter 1932 in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf einweisen. Damit war Elfriede Lohse-Wächtlers Schicksal besiegelt. Sie wurde als schizophren klassifiziert. Wegen der unheilbaren Geisteskrankheit ließ sich Kurt Lohse 1935 von ihr scheiden. Im selben Jahr wurde sie auf der Grundlage des nationalsozialistischen Erbgesundheitsgesetzes zwangssterilisiert. Am 31. Juli 1940 ist die Dresdner Künstlerin im Zuge der so genannten „Aktion T4“, dem NS-Massenvernichtungsprogramm „lebensunwerten Lebens“, in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet worden.
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Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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