Lesung mit Niklas Frank im Stadtmuseum Riesa
Datum:
Veranstalter:
Gedenkstätte Ehrenhain ZeithainOrt:
Stadtmuseum Riesa
Niklas Frank, geboren 1939 in München, hat aus seiner NS-Familiengeschichte ein Lebenswerk gemacht. „Die Zeit“ nennt ihn einen Seismografen wider die Verlogenheit. Der langjährige Kulturjournalist und Krisenreporter des Wochenmagazins „stern“ ist der Sohn von Hans Frank, der zwischen 1939 und 1945 Generalgouverneur im besetzten Polen war und maßgeblich für die dort verübten Kriegsverbrechen und den Holocaust mitverantwortlich gewesen ist. Der Vater, auch als „Schlächter von Polen“ bezeichnet, wurde als einer der Hauptkriegsverbrecher 1946 vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg zum Tode verurteilt und hingerichtet. Seine Frau Brigitte, die „Königin von Polen“, war eine ebenso überzeugte Nationalsozialistin, die Zeit ihres Lebens angesichts der Verbrechen ihres Mannes und des NS-Regimes nie Reue gezeigt hat.
Mit seinem 1987 erschienenen, spektakulären Buch „Der Vater. Eine Abrechnung“ sorgte Niklas Frank für großes nationales und internationales Aufsehen, war es doch eine schonungslose Abrechnung und Distanzierung des Sohnes von den Verbrechen des Vaters, wie sie bis dahin und seitdem von keinem nachgeborenen Angehörigen eines hochrangigen NS-Funktionärs veröffentlich worden ist.
Fast zwei Jahrzehnte später folgte 2005 das Buch „Meine deutsche Mutter", worin Niklas Frank ebenso schonungslos den Opportunismus und die Rücksichtslosigkeit seiner Mutter entlarvte, die wie Millionen anderer deutscher Frauen und Männer das "Wonneproppenreich" genoss und sich hemmungslos an in Polen und besonders in den Ghettos von Juden gestohlenen Wertgegenständen bereicherte.
Die Triologie über seine NS-Familiengeschichte vollendete Niklas Frank 2013 mit dem Buch „Bruder Norman!“. Er dringt dabei tief in das Seelenleben seines Lieblingsbruders Norman ein, martert ihn mit Briefen der Familie und Dokumenten, die er ein Leben lang gesammelt hat. Unnachgiebig zerlegt er Normans widersprüchliche Wahrheiten und verzweifelte Abwehrkämpfe um dessen Bild vom gemeinsamen Vater.
Niklas Frank hat als Täterkind stellvertretend das große Schweigen durchbrochen, das jahrzehntelang auf deutschen Familien lastete. Nach wie vor müssen sich nachgeborene Generationen der Frage stellen, wie sie mit Familienmitgliedern umgehen, die sich schwerer Verbrechen im Nationalsozialismus schuldig gemacht haben. Niklas Frank hat dies nachhaltig und konsequent in seiner Familientriologie getan.