März 2014
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,
am 2. April 2009 verabschiedete das Europäische Parlament seine Entschließung zum Gewissen Europas und zum Totalitarismus. Darin wies es darauf hin, dass Europa erst vereint sein werde, wenn es zu einer Sicht seiner Geschichte gelange, die sowohl Nationalsozialismus als auch Stalinismus, sowohl faschistische als auch kommunistische Regime als gemeinsames Erbe anerkenne und eine ehrliche und tiefgreifende Debatte über Verbrechen totalitärer Regime jeglichen ideologischen Hintergrunds geführt werde. Im Ergebnis dieser Resolution gründete sich 2011 die Platform of European Memory and Conscience. In ihr arbeiten staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen, Archive, Gedenkstätten und Museen aus ganz Europa, darunter die Stiftung Sächsische Gedenkstätten, zusammen, um die Auseinandersetzung mit den Ursachen, Verbrechen und Folgen der verschiedenen Diktaturen zu befördern . Am 1. April 2014, am Vorabend des 5. Jahrestages der Entschließung des Europäischen Parlaments, präsentieren die Stiftung und die Plattform in Berlin die deutschsprachige Version eines Readers, der Schicksale von Menschen aus ganz Europa dokumentiert, die Opfer politischer Gewaltherrschaft wurden oder die gegen die hierfür verantwortlichen Regime aufbegehrten. Wir würden uns freuen, wenn die Veranstaltung oder der Reader Ihr Interesse fänden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bert Pampel
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Inhalt |
Vorschau
01.04.2014 | Berlin Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund: Buchpräsentation „Damit wir nicht vergessen. Erinnerung an den Totalitarismus in Europa“
Das Buch dokumentiert auf ansprechend gestaltete und gut lesbare Weise die eindrücklichen Lebensgeschichten von 30 Menschen aus 16 Ländern Europas, die im 20. Jahrhundert Opfer totalitärer Verbrechen wurden, die Mitmenschen halfen oder die Widerstand geleistet haben. Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Platform of European Memory and Conscience.
> Mehr17.03.2014 | Leipzig: Vortrag "Ordnung und Inferno. Das KZ-System im letzten Kriegsjahr am Beispiel der HASAG-Außenlager"
Die Schlussphase der nationalsozialistischen Konzentrationslager gilt als eine Phase, die durch Desorganisation, Chaos und Willkür geprägt gewesen ist. Der Historiker Stefan Hördler stellt diesen Ansatz in seinem neu erscheinenden Buch „Ordnung und Inferno“ in Frage: Er zeigt, dass ab März 1944 eine umfassende Neuordnung des KZ-Systems einsetzte, und dass das letzte Kriegsjahr eine eigenständige Phase in der Geschichte der Lager darstellte.
> Mehr19.03.2014 | Leipzig: Wanderausstellung "Von Auschwitz in den Harz. Sinti und Roma im KZ Mittelbau-Dora"
Vom 19. bis 31. März 2014 zeigt die Initiative „Geschichte vermitteln“ in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig die Wanderausstellung der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Im Mittelpunkt stehen die Verschleppung sowie der Kampf der Sinti und Roma um das Überleben in den Lagern des KZ Mittelbau-Dora. Anhand von zahlreichen Dokumenten, Fotos und Erinnerungsberichten wird der Beginn der Verfolgung der Sinti und Roma in Nordhausen seit den 1930er Jahren thematisiert. Auch das oftmals vergebliche Ringen der KZ-Überlebenden um gesellschaftliche Anerkennung nach 1945 ist Gegenstand der Ausstellung.
> Mehr27.03.2014 | DIZ Torgau: "Knastware für den Klassenfeind". Vortrag/Buchvorstellung mit Dr. Tobias Wunschik (BStU)
Dr. Tobias Wunschik stellt die Ergebisse seiner Studie »Knastware für den Klassenfeind« vor. Darin beleuchtet er den Arbeitseinsatz von Häftlingen in DDR-Gefängnissen, die Verflechtung der Produktion aus Gefangenenarbeit mit dem Ost -West-Handel und die Rolle der Staatssicherheit.
> Mehr31.03.2014 | Bautzen: Gedenkandacht zum Jahrestag des Gefangenenaufstandes im "Gelben Elend"
Der erste und größte Häftlingsaufstand der DDR wurde am 31. März 1950 brutal niedergeschlagen. Viele der gegen die unmenschlichen Haftbedingungen aufbegehrenden Gefangenen wurden schwer verletzt. Die Gedenkstätte Bautzen erinnert gemeinsam mit der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde St. Petri, dem Bautzen-Komitee e. V. und der Stadt Bautzen an die Ereignisse vor 64 Jahren.
> Mehr02.04.2014 | Gedenkstätte Bautzen: Ausstellungseröffnung "An Gefäßen für das Essen gab es nichts." Keramikfunde zur Geschichte der sowjetischen Speziallager Mühlberg und Buchenwald
Bei archäologischen Grabungen auf dem Gelände der ehemaligen Speziallager Buchenwald und Mühlberg wurden Keramikgefäße gefunden, die sich zunächst nicht zuordnen ließen. Den Formen nach zu schließen waren sie in Serie hergestellt worden. Doch Herkunft und Gebrauch dieser Gefäße blieben rätselhaft.
Die Ausstellung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora löst das Rätsel der Keramikfunde und wirft Licht auf bislang wenig bekannte Aspekte der sowjetischen Speziallager in der SBZ/DDR.
Neues aus der Arbeit der Stiftung und ihrer Gedenkstätten
12.03.2014 | Die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain sucht ab dem 1. September 2014 eine/n Freiwillige/n für das FSJ Politik
Auf Sie warten vielfältige und spannende Aufgaben in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain. Sie lernen die Bereiche Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit kennen, unterstützen die Gedenkstätte bei verwaltungs- und sammlungstechnischen Aufgaben und wirken bei der Vorbereitung von Veranstaltungen mit.
> Mehr05.03.2014 | Tschechischer Premierminister empfängt Vorstand der Platform of European Memory and Conscience
Der tschechische Premierminister Bohuslav Sobotka und sein Chefberater Vladimír Špidla haben am 4. März in Prag Vertreter der Platform of European Memory and Conscience empfangen: den Präsidenten Göran Lindblad, die Direktorin Neela Winkelmann und die Mitglieder des Vorstands Siegfried Reiprich und Pawel Ukielski. Die Plattform präsentierte ihre Ziele und Aktivitäten, die vom Premierminister anerkannt und positiv gewürdigt wurden.
> MehrVermischtes
14.03.2014 | Newsletter des Online-Archivs "Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte"
An dieser Stelle möchten wir auf den sehr interessanten, ertragreichen und lesenswerten Newsletter des Online-Archivs "Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte" hinweisen. Er informiert über aktuelle Entwicklungen des Kooperationsprojektes der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ), der Freien Universität Berlin und des Deutschen Historischen Museums. Das Online-Archiv macht fast 600 Lebensgeschichten ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus 26 Ländern zugänglich.
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18.03.1941 | Das Sondergericht Dresden verurteilt den Zeugen Jehovas Ludwig Cyranek wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode
Die Anhänger der Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas (damals bekannt als Bibelforscher) bestanden auch nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten darauf, sich von der Politik fernzuhalten. Sie lehnten die Mitgliedschaft in NS-Organisationen wie auch den Hitlergruß ab. Zudem verweigerten sie sich der rassistischen und militaristischen Politik des Regimes. Bereits 1933 wurde die Religionsgemeinschaft deshalb verboten.
Ludwig Cyranek (1907–1941) stammte aus Westfalen und war seit 1924 für die Zeugen Jehovas aktiv. Wie viele andere hielt er an seinem Glauben fest und missionierte weiter. Im November 1936 wurde er verhaftet und wegen Übertretung des Verbotes zu einer 18monatigen Haftstrafe verurteilt. 1939 bekam Ludwig Cyranek den Auftrag, die Versorgung der Zeugen Jehovas mit religiösen Schriften zu organisieren. Die Literatur musste ins Reich geschmuggelt und dort illegal vervielfältigt werden. Ludwig Cyranek knüpfte nicht nur Kontakte, die als Anlaufstellen und Verteilerpunkte dienten. Er verbreitete auch Abschiedsbriefe hingerichteter Kriegsdienstverweigerer aus den Reihen der Glaubensgemeinschaft. Die darin dokumentierte Standhaftigkeit ermutigte viele Zeugen Jehovas, an ihrem Glauben festzuhalten.
Am 1. März 1940 gelang es der Gestapo, Ludwig Cyranek in Dresden festzunehmen. Er war von einem Spitzel verraten worden. Seit 1940 wurden Zivilpersonen wegen „Wehrkraftzersetzung“ bzw. der „Teilnahme an einer wehrfeindlichen Verbindung“ vor den Sondergerichten angeklagt. Die Zeugen Jehovas galten als eine solche „wehrfeindliche Verbindung“. Bereits das bloße Bekenntnis zur Glaubensgemeinschaft wurde mit Zuchthausstrafen geahndet. Den Organisatoren des Glaubenslebens dagegen drohte wegen „Wehrkraftzersetzung“ der Tod.
Nach langen Vernehmungen verurteilte das Sondergericht Dresden Ludwig Cyranek am 18. März 1941 zum Tode. Am 4. Juli 1941 wurde er in Dresden enthauptet. Ludwig Cyranek war einer von etwa 1.200 deutschen Zeugen Jehovas, die ihre Überzeugungen bis 1945 mit dem Leben bezahlten.
Weiterführende Literatur: Gerald Hacke, Die Zeugen Jehovas im Dritten Reich und in der DDR. Feindbild und Verfolgungspraxis. Göttingen 2011
Foto: nach 1933, Zeugen Jehovas in Deutschland
> MehrZitat des Monats
Übrigens bin ich überzeugt, daß es weder für Völker noch für Könige eine Lehre gibt, denn die Selbstliebe und die Leidenschaften sind immer lebendig. Wenn Ludwig XVI. Nachfolger aus seinem Geschlecht hat, so werden seine Fehler und sein Schicksal nicht einmal eine Warnung für sie sein.
Antoine Rivarol (1753-1801), in: Die französischen Moralisten. La Rochefoucauld - Vauvenargues - Montesquieu - Chamfort - Rivarol. Die Aphorismenbücher in vollständiger Gestalt, Leipzig: Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung 1938, S. 339.
Impressum
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Julia Spohr
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.
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