Nachruf auf Rudolf Hinrichs
07.02.14
Am 29. Januar 2014 ist Rudolf Hinrichs verstorben. Mit ihm verlieren wir einen Torgauer Zeitgenossen, der sich bis ins hohe Alter dafür einsetzte, dass für die Nachgeborenen die Zeit der Nachkriegsjahre mit den sowjetischen Speziallagern dokumentiert wurde.
Er selbst wurde 1945 als Sechzehnjähriger beim Wechsel von der Britischen in die Sowjetische Besatzungszone, wo er seine Eltern besuchen wollte, festgenommen und unter dem Vorwurf der Spionage im NKWD-Speziallager Sachsenhausen interniert. Dies brachte ihn um seine Jugend. 1950 wurde er bei Auflösung des Lagers nicht entlassen, sondern gehörte zu den in den Waldheimer Prozessen Verurteilten und kam erst 1952 frei. Als aufmerksamer Beobachter, der er in allen Situationen war und stets blieb – in Sachsenhausen war er Mitglied der Lagerfeuerwehr, im Gefängnis Waldheim musste er die verstorbenen Häftlinge bestatten –, speicherte er eine erstaunliche Menge an Details und Begegnungen im Gedächtnis. Davon profitierten später Schulklassen, Historiker und alle, die etwas darüber wissen wollten. Rudolf Hinrichs saß als Mitglied für den Waldheimer Kameradschaftskreis lange Jahre im Stiftungsbeirat und bis 2007 auch im Stiftungsrat der Stiftung Sächsische Gedenkstätten. Schon 1992 startete er mit anderen die Initiative für einen Ort der Erinnerung an die unschuldigen Opfer des Wehrmachtgefängnisses Fort Zinna, der sowjetischen Speziallager und des DDR-Strafvollzugs am Fort Zinna. Nach vielen Debatten, mehreren künstlerischen Ansätzen und teilweise erregten Diskussionen gelang es der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, dieses Memorial vor der JVA Torgau 2010 zu eröffnen. Rudolf Hinrichs, schon nicht mehr ganz gesund, ließ es sich nicht nehmen, bei der Eröffnung dabei zu sein. Vor zwei Jahren führte eine Studentin mehrere lange Interviews mit ihm und erarbeitete daraus als Abschlussarbeit ein Hörfunkporträt von Rudolf Hinrichs. Dies ist nun eine Art Vermächtnis. Mir bleibt Rudolf Hinrichs als ein zuweilen kantiger, aber stets integrer Mensch und aufgeschlossener Gesprächspartner in Erinnerung.
Wolfgang Oleschinski, DIZ Torgau, Stiftung Sächsische Gedenkstätten