Trauer um Erich Loest (1926-2013)
13.09.13
Erich Loest ist von uns gegangen. Soviel hätte dieser kluge Mann den Jüngeren und den Jungen noch ins Bewusstsein rufen und verständlich machen können. Es sollte nicht sein. Er war, ist und bleibt Chronist und Erklärer der Zeitläufe des 20. Jahrhunderts. Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten wird ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.
Wer ihn persönlich kennenlernen durfte, erinnert sich dankbar daran. Nie wieder wollte Erich Loest die Haftanstalt Bautzen oder sonst einen Stasiknast betreten. Die Stadt Bautzen durfte ihn dann doch als Gast begrüßen, das Gefängnis selbst aber mied er.
In den frühen 2000er Jahren ließ er sich einmal überzeugen, in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen zur Langen Nacht der Museen zu lesen und zu diskutieren. Er ging durch das grässliche Tor, die Schleuse dieser ehemals zentralen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit. Er las im großen, ehemaligen Versammlungssaal der Stasiobrigkeit. Aber er ließ sich selbst von Haftkameraden nicht dazu bewegen, einen Fuß in das Gefängnisgebäude selbst zu setzen. Immerhin durften wir ihn zum Bier in die Cafeteria im vorderen Teil der Gedenkstätte einladen, die Spätsommernacht wurde lang, denn Erich Loest war ein kräftiger Biertrinker, auch mit über 80 Jahren. Mike Fröhnel, wie er ein "Bautzener", schenkte ihm Erinnerungsstücke aus dem "Stasi-Knast Bautzen", zum Beispiel ein Schloss aus der Anstaltskirche. "Wie eine Reliquie" habe er es dann in seinem Wohnzimmer aufgestellt, so die Leipziger Volkszeitung.
Was waren das, was sind das für Zeiten, in denen ein kluger und aufrichtiger Mann einen so hohen Preis dafür zahlen musste, dass er Wahrheit suchte – und auch fand? Vor allem aber auch den Mut aufbrachte, sie auszusprechen.
"Durch die Erde ein Riß" – wann wird er geheilt sein?
Siegfried Reiprich