Milada Horaková (1901–1950)
Milada Horáková, geborene Králová, stammte aus einer bürgerlich-liberalen Prager Familie. 1926 schloss sie ihr juristisches Studium mit der Promotion ab. Im folgenden Jahr heiratete sie den Agrarökonomen Bohuslav Horák. Er gehörte der evangelisch-pietistisch geprägten Herrnhuter Brüdergemeine an, der sich Milada Horáková ebenfalls anschloss.
Ihre erste Anstellung fand die Juristin in der Prager Stadtverwaltung, wo sie unter anderem im Sozialwesen tätig war. Milada Horáková gehörte der Tschechischen National-Sozialen Partei (Česká strana národně sociální) an, die den damaligen tschechoslowakischen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk unterstützte. Seit ihrer Studentenzeit engagierte sich Milada Horáková in der tschechischen Frauenbewegung. Als führendes Mitglied des tschechoslowakischen Nationalen Frauenrats vertrat sie ihr Land in dessen Dachverband, dem International Council of Women (ICW). Auf nationaler Ebene beteiligte sie sich unter anderem an der Gesetzgebung zur Verbesserung der Lage unverheirateter Mütter und deren Kinder.
Kurz vor dem deutschen Einmarsch in die „Rest-Tschechei“ 1939 verlor Milada Horáková ihre Anstellung bei der Prager Stadtverwaltung. Nach der deutschen Okkupation engagierte sie sich in einer gewerkschaftsnahen Widerstandsgruppe, dem „Petitionsausschuss Wir bleiben treu“ (Petiční výbor Věrni zůstaneme, PVVZ). Er ging auf eine Gruppe linker Sozialdemokraten zurück, die sich im Mai 1938 an einem Komitee beteiligte, das Unterschriften „zum Schutze der Republik gegen Hitler“ sammelte. Dessen engerer Ausschuss, der „Petitionsausschuss Wir bleiben treu“, gab der späteren Widerstandsorganisation den Namen. Der PVVZ sammelte sich um die „Dělnická akademie“ (Arbeiterakademie), eine gewerkschaftliche Bildungseinrichtung. (Ihr Leiter, der Hochschullehrer Volfgang Jankovec, wurde am 20. Dezember 1944 in Dresden hingerichtet.) Der PVVZ hielt eine „Linksverschiebung“ nach dem Ende der Okkupation für notwendig. Mehr als die anderen tschechischen Widerstandsgruppen strebte er eine Kontinuität mit der Ersten Republik an. Milada Horáková beschaffte Unterstützungsleistungen für Angehörige politischer Häftlinge, warb neue Mitglieder und organisierte konspirative Zusammenkünfte. Das veranschaulicht ein Ausschnitt des biografischen Comics, den das National Comitee for a free Europe 1951 herausgab.
Unter dem Titel „Vom Gestern zum Morgen“ erarbeiteten führende Funktionäre des PVVZ ein umfassendes Konzept für die Gestaltung der Nachkriegsgesellschaft. Milada Horákovás Mitarbeit an dem sozialen Profil des Programms endete mit ihrer Verhaftung am 2. August 1940. Fast vier Jahre hielt die Prager Gestapo sie ohne Anklage fest, zunächst in Prag und dann in der Kleinen Festung in Theresienstadt. Erst im Mai 1944 wurde Untersuchungshaft über Milada Horáková verhängt. Im Juni 1944 wurde sie nach Leipzig, dann nach Dresden überführt. Am 23. Oktober 1944 schließlich verurteilte der 6. Senat des Volksgerichtshofs, der im Schwurgerichtssaal des Dresdner Landgerichts am Münchner Platz tagte, sie wegen ihrer Widerstandsaktivitäten zu einer achtjährigen Zuchthausstrafe. Ihr mitangeklagter Ehemann, der sich ebenfalls im PVVZ engagiert hatte, erhielt eine fünfjährige Zuchthausstrafe. Das Kriegsende erlebte Milada Horáková im Frauenzuchthaus Aichach (Oberbayern), das am 1. Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit wurde.
Nach ihrer Rückkehr nach Prag wurde Milada Horáková Abgeordnete der wieder gegründeten National-Sozialen Partei im tschechoslowakischen Parlament. Hier setzte sie sich für rechtstaatliche Verfahren auch gegen Nationalsozialisten und tschechische Kollaborateure ein. Damit stellte sie sich gegen die von den tschechoslowakischen Kommunisten geforderte Vergeltungsjustiz.
Nach deren Machtübernahme im Februar 1948 ging Milada Horáková im Unterschied zu vielen führenden Parteimitgliedern und entgegen dem Rat von Freunden nicht ins Exil. Vielmehr schloss sie sich dem illegalen Führungszirkel der National-Sozialen Partei an, um aus dem Untergrund die sich etablierende kommunistische Diktatur zu bekämpfen. Am 27. September 1949 wurde Milada Horáková verhaftet. Am 31. Mai 1950 begann ein sorgfältig vorbereiteter Schauprozess vor dem Staatsgerichtshof gegen sie und weitere führende Mitglieder der National-Sozialen Partei und anderer demokratischer Parteien. Milada Horáková wurden wegen „antisowjetischer Konspiration“ zum Tode verurteilt. Drei Mitangeklagte erhielten ebenfalls die Todessstrafe.
Führende Persönlichkeiten aus aller Welt protestierten vergeblich gegen die Urteilsvollstreckung, darunter Albert Einstein, Winston Churchill und Eleanor Roosevelt. Am 27. Juni 1950 wurde Milada Horáková in Prag-Pankrác hingerichtet. Die Hinrichtungstätte war im April 1943 von den Nationalsozialisten dort eingerichtet worden.
Milada Horákovás Urne kam in ein Sammelgrab. Ihre sterblichen Überreste sind bis heute nicht auffindbar.
1968 hob das höchste tschechoslowakische Gericht das Todesurteil gegen Milada Horáková auf. 1990 wurde sie vollständig rehabilitiert.
Heute gedenken die Tschechen an ihrem Todestag der Opfer des kommunistischen Regimes.
Zur Person
Nachname: | Horaková |
Vorname: | Milada |
Geburtsname: | Králová |
Nation/Land: | Tschechien |
Geburtsdatum: | 25.12.1901 |
Geburtsort: | Prag |
Sterbedatum: | 27.01.1950 |
Sterbeort: | Prag |
Letzter frei gewählter Wohnort: | Prag |
Begräbnisstätte: | Vyšehrader Friedhof, Prag (symbolisches Grab) |
Orte/Stationen der Verfolgung/Haft |
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Ergänzungen
Quelle(n)/ Literatur |
Zora Dvoráková: To byla Milada Horáková. Ve fotografiích a dokumentech, Praha 2009. Miroslav Ivanov: Justiční vražda aneb Smrt Milady Horákové, Praha 2008. Hans-Jörg Schmidt: Was ist das Leben wenn nicht Kampf? in: Die Welt, 13.8.2007. |
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