Kriegsgefangenenlager Zeithain
Nachdem das Personal des Stalag 304 (IV H) in Zeithain eingetroffen und die Kommandantur eingerichtet war, begannen ab April 1941 unter Aufsicht des Heeresbauamtes Riesa die Bauarbeiten für das Lager. Dabei wurden französische, später auch jugoslawische Kriegsgefangene eingesetzt. Zunächst wurden die Wege und ein doppelter Stacheldrahtzaun sowie die Wachtürme gebaut. Da es sich bei dem Lager um ein „Russenlager“ ausschließlich für sowjetische Kriegsgefangene handelte, wählte die Wehrmacht, wie bei allen anderen im deutschen Reichsgebiet neu errichteten Lagern dieser Art, entgegen dem völkerrechtlichen Verbot, eine militärischen Liegenschaft aus, den Truppenübungsplatz Zeithain.
Der Standort erfüllte die vom Oberkommando der Wehrmacht definierten Anforderungen, denn das Lagergelände lag fernab von Ballungsgebieten auf militärischem Sperrgebiet, zu dem die Zivilbevölkerung keinen Zutritt hatte. Die Anbindung über die Eisenbahn war durch den außerhalb des etwa 2 km entfernten Ortes gelegenen, aber unmittelbar an das Lager angrenzenden Bahnhof Jacobsthal gewährleistet.
Bei der Ankunft der ersten sowjetischen Kriegsgefangenen ab dem 12. Juli 1941 bestand das Lager lediglich aus einem mit doppeltem Stacheldrahtzaun und Wachtürmen begrenzten Gelände mit einer Fläche von 66 Hektar. Keine der vorgesehenen Baracken war auch nur in Ansätzen vorhanden. Die Kriegsgefangenen versuchten in selbstgegrabenen Erdlöchern Schutz vor der Witterung zu finden. Ab Juli 1941 mussten sie zunächst Unterkünfte für die Wachmannschaften und Funktionsgebäude errichten, bevor ab August der Bau von Unterkunftsbaracken begann.
Erst Ende des Jahres 1942 war das Barackenlager für die Gefangenen vollkommen fertiggestellt. Im ausgebauten Zustand bestand es aus 166 Holzbaracken und 24 Steinbaracken, in denen 25 000 Mann untergebracht werden konnten. Das Lager war durch Stacheldrahtzäune in Blöcke unterteilt, die jeweils aus mehreren Baracken bestanden. Der Zugang erfolgte jeweils über ein eigenes Zugangstor von den beiden Lagerstraßen aus.
Im vorderen Bereich des Lagers befand sich das Haupteingangstor, woran sich Holzbaracken für die Registrierung, die nachrichtendienstliche Überwachung und die medizinische Untersuchung der Gefangenen anschlossen. Es folgten die beiden Entlausungsbaracken für die Desinfizierung und Reinigung der Kleidung und der Gefangenen. Lagerräume, Arrestbaracken und der Krankenrevierbereich komplettierten das sogenannte Vorlager, woran sich das Hauptlager anschloss, das in 16 Blöcke unterteilt war und die Form eines Parallelogramms hatte.
Nach dem Krieg wurden die aus Fertigbauteilen bestehenden Holzbaracken demontiert und die Steinbaracken bis auf die Fundamente abgerissen. Das dabei gewonnene Baumaterial und viele der Holzbaracken wurden andernorts wiederverwendet. Einige dieser Baracken fanden im Zeithainer Ortsteil Neudorf 1946 Verwendung und dienten als kombinierte Wohnhäuser/Ställe für die dort als Neubauern angesiedelten Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten.
Das Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers blieb bis 1992 Teil eines Panzerübungsgeländes (Tankodrom) innerhalb des sowjetischen Truppenübungsplatzes Zeithain. Wenngleich dadurch das Lagergelände eine starke Veränderung erfuhr, blieben insbesondere die nördliche der beiden Lagerstraßen und einige Gebäudefundamente weitgehend intakt. Seit 2003 konnten im Zuge jährlich stattfindender internationaler Freiwilligenworkcamps noch vorhandene bauliche Reste des Lagers gefunden und dokumentiert werden.