Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,
die Reaktionen auf Götz Alys Buch "Die Belasteten" und die Eröffnung einer Open-Air-Ausstellung zur NS-Mordaktion "T4" in Berlin verdeutlichen, dass die Krankenmorde inzwischen zu den nationalsozialistischen Verbrechenskomplexen zählen, die weithin Beachtung finden. Im Freistaat Sachsen war die zentrale Gedenkveranstaltung am 27. Januar im Sächsischen Landtag den Opfern der NS-"Euthanasie" gewidmet. In einem Forschungsprojekt der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein werden alle sächsischen Opfer der verschiedenen Elemente des Krankenmords - neben der "T4" u. a. die sogenannte Kindereuthanasie und die sogenannte Medikamenteneuthanasie - namentlich verzeichnet. Die Gedenkstätte Großschweidnitz erhält erstmals Fördermittel der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, mit denen Besucherbetreuung, Bildungsarbeit und Forschungsarbeiten unterstützt werden. Gemeinsam mit dem Sächsischen Bildungsinstitut (SBI) und Referendaren wird die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein in den kommenden zwei Jahren fachdidaktische Materialien zum Thema NS-"Euthanasie" für Schüler und Lehrer erarbeiten. Menschen wie Götz Aly, Angehörige von Ermordeten und die zahlreichen ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Kuratoriums Pirna-Sonnenstein gaben für diese Entwicklung entscheidende Impulse.Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bert Pampel
Vorschau
27.05. | Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden: "Die Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden – ein Erinnerungsort für NKWD- und Stasihaft". Vortrag von Dr. Herbert Wagner im Rahmen des Donnerstagsforums 2013 – Vortragsreihe der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e.V. > Mehr...
28.05. | DIZ Torgau: "Glücklicher Sklave - Eine Justizkarriere in der DDR". Vortrag und Gespräch mit Rudi Beckert und Dr. Klaus Bästlein. Rudi Beckert war der fünfthöchste Richter der DDR. Rückblickend schildert er sein Leben und setzt sich mit dem Justizalltag im SED-Staat (selbst-)kritisch auseinander. Aus der Innenperspektive schildert er zahlreiche interne Abläufe sowie das Zusammenwirken von Justiz, Partei und Staatssicherheit. > Mehr...
30.05. | Gedenkstätte Bautzen: "Wir wollen freie Menschen sein! Der DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953". Ausstellungseröffnung und Podiumsgespräch im Rahmen des 24. Bautzen-Forums der Friedrich-Ebert-Stiftung. 60 Jahre nach dem 17. Juni 1953 erzählt eine Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur die Geschichte des niedergeschlagenen Volksaufstandes. Ziel der Ausstellung soll es sein, vor allem mit der jüngeren Generation über die Erinnerungskultur zur deutsch-deutschen Geschichte ins Gespräch zu kommen. In diesem Rahmen werden junge Teilnehmer des FSJ Politik den Fragen nachgehen, in welcher Form Gedenken ihrer Ansicht nach stattfinden sollte. Was kann das Gedenken erreichen, und welche neuen, alternativen Formen von Erinnerungskultur sind möglich? > Mehr...
08.06. | Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig: Fahrradtour an Orte von NS-Zwangsarbeit im Leipziger Nordosten. Anschließend an die öffentlichen Führungen durch die Gedenkstätte wird eine Radtour durch den Leipziger Nordosten stattfinden. Im Mittelpunkt stehen dabei Orte von Zwangsarbeit im Nationalsozialismus – Lager und andere Unterkünfte, Fabriken, Arbeitersiedlungen und Gedenkorte. > Mehr...
14.06. | DIZ Torgau: Eröffnung der Wanderausstellung "Der weiße Strich - Vorgeschichte und Folgen einer Kunstaktion an der Berliner Mauer". Mit einem kilometerlangen weißen Strich wollen fünf ehemalige DDR-Bürger im November 1986 die Mauer zurück in das Bewußtsein der West-Berliner bringen. Für einen der Beteiligung endet diese Aktion zwischen Kunst, Anarchie und politischem Statement auf dramatische Weise im Stasi-Knast Bautzen II. > Mehr...
15.06. | Gedenkstätte Bautzen: »Ulbricht, Pieck und Grotewohl, dass euch drei der Teufel hol!« - Sonderführungen und Dokumentarfilme zur Langen Nacht der Museen in Bautzen. Was am 17. Juni 1953 als sozialer Protest begann, entwickelte sich rasch zur politischen Manifestation: Massenhaft war der Ruf nach Freiheit, Demokratie und deutscher Einheit zu hören. Hunderttausende skandierten auch in den sächsischen Bezirken ihren Unmut. Zahlreiche Menschen wurden wegen ihrer Beteiligung an den Protesten verhaftet, verurteilt und in die Bautzener Gefängnisse gesperrt. > Mehr...
18.06. | Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden: Streiken für die Freiheit. Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR, in dessen Verlauf das SED-Regime ohne das Einschreiten der sowjetischen Armee womöglich gestürzt worden wäre. Eröffnet wird der Abend 17.00 Uhr mit dem Dokumentarfilm „Wehe den Besiegten – der 17. Juni 1953“, darauf folgt ein Podiumsgespräch mit Zeitzeugen, die von ihren persönlichen Erlebnissen während des Aufstandes berichten. In dem von Dr. Hans-Peter Löhn moderierten Gespräch liegt der Fokus vor allem auf den Ereignissen in Dresden und Sachsen. > Mehr...
24.06. | Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig: Buchvorstellung und Gespräch: "Grenzen des Erzählbaren. Erinnerungsdiskurse von NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Ost- und Westeuropa". In transnationaler Perspektive hat Dr. Regina Plaßwilm, Historikerin und Kulturmanagerin, in 55 narrativen Interviews mit ehemaligen NS-Zwangsarbeiterinnen und -Zwangsarbeitern aus der Republik Belarus, Russland, Frankreich und den Niederlanden vergleichend untersucht. Im Umgang mit NS-Zwangsarbeit sind in allen diesen Ländern bis heute Erinnerungskulturen vorherrschend, die eine angemessene Anerkennung dieser Opfergruppe verhindern. Die vorliegende Analyse macht jedoch deutlich, dass die nationalen Erinnerungsdiskurse Möglichkeiten und Grenzen des Erzählbaren zwar mit strukturieren, die Erinnerung an und die Verarbeitung von Zwangsarbeit aber stärker von individuellen biografischen Verläufen und Faktoren der Vor- und Nachkriegszeit beeinflusst sind. > Mehr...
NEUES AUS DER ARBEIT DER STIFTUNG UND IHRER GEDENKSTÄTTEN
Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein: Am 6. Mai eröffnete in der Gedenkstätte die Sonderausstellung "andersartig gedenken". Sie beschäftigt sich mit der Frage: Wie könnte ein Denkmal für die Opfer der NS-„Euthanasie“ aussehen? Dies beantworteten in einem bundesweiten Ideenwettbewerb Schülerinnen und Schüler auf unterschiedliche künstlerische Weise. Eine Auswahl der interessantesten Entwürfe zeigt die Gedenkstätte bis zum 15. August 2013. > Mehr...
Gedenkstätte Münchner Platz Dresden: Die Gedenkstätte Münchner Platz Dresden ist inzwischen auch an Feiertagen für Besucher geöffnet. Die ständige Ausstellung „VERURTEILT. INHAFTIERT. HINGERICHTET. Politische Justiz in Dresden 1933-1945 // 1945-1957“ ist an jedem Wochenende sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr zugänglich. Zudem ist die Gedenkstätte unter der Woche von 10 bis 16 Uhr geöffnet. > Mehr...
NEUES VON WEITEREN ZEITGESCHICHTLICHEN ERINNERUNGSORTEN IN SACHSEN
Projektgruppe "Zwangsarbeit" e.V.: Noch bis zum 23. Mai 2013 ist in der Kulturstätte Wolf in Gröditz die Ausstellung "Gröditz unterm Hakenkreuz - NS-Zwangsarbeit im ländlichen Raum" zu sehen. Sie beschäftigt sich mit der Situation der Zwangsarbeiter, die am Ende des zweiten Weltkrieges in Gröditz und Umgebung auf Feldern, in Handwerksbetrieben und örtlichen Industriebetrieben zur Arbeit gezwungen wurden. Der Eintritt ist frei. > Mehr...
RÜCKBLICK
12.04. | Torgauer Zeitung: "Der Versuch ist chancenreich". Der Besuch von Kulturstaatsminister Bernd Neumann in der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau endete für die Vorsitzende der Initiativgruppe mit einer unerwarteten, aber positiven Ankündigung. > Mehr...
15.04. | DIE WELT: "Wo Nazis, Sowjets und Stasi Gefangene quälten". Die Zeitung DIE WELT berichtet über das Vorhaben der Gedenkstätte Bautzen, eine Ausstellung über den Strafvollzug in den Bautzener Gefängnissen während des Nationalsozialismus zu erarbeiten. > Mehr...
16.04. | Sächsische Zeitung: "Österreicher führt Gäste durch einstige Tötungsanstalt". Simon Berghammer ist Gedenkdiener. Bericht über eine Führung zu den NS-"Euthanasie"-Verbrechen in Pirna-Sonnenstein. > Mehr...
20.04. | MDR info: "Die Jugend der Anderen" - Ausstellung über DDR-Jugendwerkhöfe in Torgau. Sie gehörten zu den schlimmsten Sanktionsmöglichkeiten in der DDR: Jugendwerkhöfe. Dort lebten Jugendliche, die als schwer erziehbar galten oder nicht ins sozialistische System passten – hier sollten sie Zucht und Ordnung lernen. Wie es dort wirklich zuging, weiß heute kaum jemand. Eine neue Ausstellung in Torgau will aufklären. > Mehr...
25.04. | MDR Sachsen: MDR Online, MDR 1 Radio Sachsen und das MDR-Fernsehen berichten über den Eröffnungsabend der Ausstellung "Jugendopposition in der DDR" mit Christian "Kuno" Kunert von der "Renft Combo" in der Gedenkstätte Bautzen. > Mehr...
28.04. | Sächsische Zeitung: "Marina findet das Grab ihres Großvaters". Die Sächsische Zeitung berichtet über die jahrzehntelange Suche von Marina Masianovskaja. Nach 70 Jahren findet die Enkeltochter mithilfe von OBD Memorial und der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain den Todesort ihres Großvaters Nikolaj Masianovski. > Mehr...
Kalenderblatt
7. Mai 1965 | Die westdeutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlicht unter der Überschrift „Warum ich Stalinist war und Antistalinist wurde“ einen Artikel des DDR-Chemieprofessors Robert Havemann (1910–1982). In diesem Aufsatz übt Havemann schonungslose Selbstkritik und räumt gravierende eigene Irrtümer in Bezug auf den Sozialismus in der DDR ein. Aus dem Widerstand gegen die Nationalsozialisten kommend und einst vom "Volksgerichtshof" zum Tode verurteilt, war der Naturwissenschaftler nach dem Krieg zunächst treuer Parteigänger der SED-Politik, die er als Volkskammerabgeordneter vertrat. Zudem war er als Gesellschaftlicher Informator (GI) des MfS tätig.
Nach den Enthüllungen Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 übte er in der SED-Parteizeitung „Neues Deutschland“ in einem ganzseitigen Artikel unter dem Titel „Gegen den Dogmatismus – für den wissenschaftlichen Meinungsstreit.“ Kritik an der SED-Parteiführung um Walter Ulbricht. Im Wintersemester 1963/1964 hielt Havemann an der Humboldt-Universität eine Vorlesungsreihe mit dem Thema „Naturwissenschaftliche Aspekte philosophischer Probleme“, in der er mit Stalinismus und Dogmatismus abrechnete. Daraufhin wurde er am 12. März 1964 aus der SED ausgeschlossen. Am Tag darauf wurde ihm auch sein Lehrauftrag an der Humboldt-Universität entzogen, was einem Berufsverbot gleichkam. Weil die SED-Parteiführung versuchte ihn mundtot zu machen, veröffentlichte er Artikel und Interviews in westdeutschen Blättern. Im Januar 1965 griffen SED-gesteuerte Medien, darunter die Studentenzeitschrift „Forum“, Havemann scharf an. Da seine Entgegnung nicht veröffentlicht wurde, ließ er sie in der „Zeit“ abdrucken. In der Folge bildete sich um Havemann ein Kreis von DDR-Regimekritikern, zu dem u. a. Wolf Biermann und Jürgen Fuchs gehörten.
Link zur Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.
Link zum Artikel in der "Zeit"
ZITAT DES MONATS
"Sartre war ein Feind. Man brauchte ihn nicht zu lesen. Es war besser, man las ihn nicht. Man entging dadurch der Gefahr, von der Ideologie des Klassenfeindes benebelt zu werden. Darum wurden ja auch die Schriften Sartres bei uns nicht veröffentlicht. Wie sie einzuschätzen waren, hatte die Partei längst gesagt."
Robert Havemann, "Ja, ich hatte unrecht". Warum ich Stalinist war und Antistalinist wurde, Die ZEIT vom 7. Mai 1965
IMPRESSUM
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Bert Pampel/Gesine Quellmalz
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.