Eröffnung der Wanderausstellung DER WEISSE STRICH. Vorgeschichte und Folgen einer Kunstaktion an der Berliner Mauer. Lesung und Gespräch mit Anne Hahn und Frank Willmann
»Ist das Kunst?« fragten sich im November 1986 Grenztruppen und Staatsicherheit, als fünf maskierte junge Männer einen weißen Strich auf die Westseite der Berliner Mauer malten. Die Entscheidung fiel schnell: Der weiße Strich war hoch gefährlich.
Frühere Mauerkunstwerke wie von Thierry Noir oder Keith Haring wurden ab den 1980er Jahren zu touristischen Attraktionen und ließen das Symbol des Kalten Krieges für die West-Berliner zum belanglosen Alltag werden – zum Wohlwollen der DDR-Führung. Der weiße Strich aber war keine Kunst, er war eine Provokation. Mit ihm machten die jungen Mauermaler den »antifaschistischen Schutzwall« und seine unmenschliche Funktion wieder sichtbar.
Die gemeinsame Wanderausstellung der Gedenkstätte Bautzen und der Gedenkstätte Berliner Mauer dokumentiert jene Kunstaktion, die für einen der Beteiligten auf tragische Weise in der Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen II endete. Fotografien, Dokumente, Fernsehberichte und Interviews mit den Malern erzählen von der Kunstaktion und von ihrer Vorgeschichte.
Es ist auch die Geschichte von fünf Freunden, die sich als jugendliche Punks im sozialistischen Weimar kennenlernten. Und noch mehr: Verhaftung und Freikauf, Spitzel unter Freunden, Ausreise, West-Berlin und der weiße Strich, eine unbekannte Fotografin, versteckte Mauertüren und schließlich Bautzen II – ein filmreifer Stoff, der auch in einem die Ausstellung begleitenden Buch beschrieben wird.
Zur Ausstellungseröffnung lesen die Herausgeber Anne Hahn (Historikerin) und Frank Willmann (einer der Mauermaler) aus dem Begleitband. Mit Erzählungen und Fotos geben sie Einblicke in die politische Subkultur der achtziger Jahre in Ost und West.