Gedenken nach 1945
Der Leidensweg der sowjetischen Kriegsgefangenen war mit ihrer Befreiung aus deutscher Kriegsgefangenschaft nicht beendet. Sie sahen sich generell dem Verdacht ausgesetzt, „Vaterlandsverrat“ begangen zu haben. Deshalb wurden sie zunächst von sowjetischen Sicherheitsdiensten überprüft („Filtration“). Wer der Kollaboration mit den Deutschen beschuldigt wurde, kam in Lager der Geheimpolizei. Diejenigen, die keinen Verdacht erregten, wurden nach Hause entlassen, wieder in die Armee eingegliedert oder in Arbeitsbataillone integriert. Aber auch sie sahen sich als „Repatrianten“ noch lange Zeit einem grundsätzlichen Misstrauen ausgesetzt. Oft waren damit verschiedene Diskriminierungen, wie Beschränkungen im Berufsleben, eingeschränkte Wohnortwahl, Probleme in der Zulassung zum Studium und ähnliches, verbunden.
Das Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen war der sowjetischen Besatzungsmacht frühzeitig bekannt geworden. Aus den Verhören verhafteter Wehrmachtangehöriger erhielten sie zudem weitere Informationen, so dass im Juni 1946 erste Probegrabungen noch ohne genaue Ergebnisse vorgenommen wurden. Trotzdem berichtete die Sächsische Zeitung bereits im Juni 1946, offenbar im politischen Zusammenhang mit dem bevorstehenden Volksentscheid über die Enteignung von „Kriegsverbrechern und Naziaktivisten“, unter dem Titel „Der Totenwald von Zeithain“ über 140.000 Tote. In Presseberichten wurden die Leser aufgefordert, als Lehre aus den Verbrechen in Zeithain beim Volksentscheid mit Ja zu stimmen.
Am 1. August 1946 schließlich befahl die sowjetische Militäradministration in Sachsen die Untersuchung der Verbrechen in Zeithain. Die hierfür zusammengestellte Expertenkommission unter dem sowjetischen Generalmajor Chorun bestand aus sowjetischen Offizieren, aus Angehörigen der Volkspolizei sowie aus sowjetischen und deutschen Gerichtsmedizinern. Zur Öffnung der Massengräber des Lagers Zeithain wurden ehemalige NSDAP-Mitglieder zwangsverpflichtet. Die Kommission schätzte die Zahl der toten sowjetischen Kriegsgefangenen nach stichprobenartigen Exhumierungen auf ca. 35.000. Aufgrund weiterer Untersuchungen (u. a. Verhöre früherer Wachmannschaften, Zeugenaussagen ehemaliger Gefangener, Berichte der Reichsbahndirektion über am Bahnhof Jacobsthal angekommene Bahntransporte) ging sie jedoch davon aus, dass mindestens 70.000 Menschen im Lager Zeithain umgekommen waren. In der Folgezeit veränderte sich die Auffassung über die Gesamtzahl der in Zeithain Umgekommenen noch mehrmals.
Am 8. August 1946 beschloss die sowjetische Militäradministration in Sachsen, im Bereich des ehemaligen Lagers Zeithain eine Gedenkstätte zu errichten. Am Ort der ersten Massengräber, am ehemaligen „Russenfriedhof Zeithain“, entstand bis 1949 der Ehrenhain Zeithain, die heutige Gedenkstätte. Auch die übrigen drei Gräberfelder wurden als Friedhöfe gestaltet. Bis zum Abzug der russischen Truppen in den 90er Jahren befanden sich drei der vier Friedhöfe der sowjetischen Kriegsgefangenen auf militärischem Sperrgebiet und waren Besuchern somit nicht zugänglich. Das öffentliche Gedenken konzentrierte sich deshalb auf den Ehrenhain Zeithain.
Die nichtsowjetischen Opfer in Zeithain fanden keine Würdigung in der Erinnerungskultur. Der „Italienische Soldatenfriedhof Jacobsthal“, auf dem sich auch die Grabstätten polnischer und serbischer Opfer befanden, verwilderte. Durch die Nutzung als Übungsgelände für die sowjetische Armee wurde er schließlich vollkommen unkenntlich gemacht.