1994: Bildung der Aufbaugruppe Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Am 15. Februar 1994 beschloss die Sächsische Staatsregierung die Errichtung der „Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft“ (StSG) als rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts. Damit war der juristische Rahmen für die schrittweise Etablierung der Gedenkstätten im Freistaat Sachsen gesetzt. Die Federführung für die Organisation des Stiftungsbetriebs oblag dem Referatsleiter Museen, Bildende Kunst und Denkmalpflege im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Dr. Heinrich Douffet (1934–2017).
Er organisierte sich Amtshilfe durch das erst 1993 gegründete Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden und durch eine im Juli 1994 gebildete Aufbaugruppe Stiftung Sächsische Gedenkstätten, bestehend aus dem Historiker Dr. Boris Böhm und der Sachbearbeiterin Regina Herbig, die zuvor zwei Jahre für das Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e. V. tätig gewesen waren. Diese Arbeitsgruppe war dienstrechtlich an das Hannah-Arendt-Institut angebunden, führte aber de facto Arbeitsaufträge für Dr. Douffet aus. Dazu gehörten in der zweiten Jahreshälfte 1994 die Einrichtung eines Stiftungskontos, die Vorbereitung von Gremiensitzungen und die Aufstellung der Wirtschaftspläne 1995 für die in Aufbau befindlichen Gedenkstätten Bautzen und Pirna-Sonnenstein sowie die geplante Geschäftsstelle der Stiftung. Besondere Aufmerksamkeit galt dem Gedenkort in der ehemaligen Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen II, dessen Aufbau angesichts der von der Staatsregierung eingeschätzten nationalen Bedeutung besondere Förderung galt. Im Widerstreit divergierender Interessen war Dr. Böhm persönlichen Angriffen des damaligen Vorsitzenden des Beirates der Stiftung Sächsische Gedenkstätten Erhard Göhl ausgesetzt, etwa da er aus dessen Sicht zu geringe Mittel für Bautzen eingeplant habe.
Zu den Arbeitsaufträgen von Dr. Böhm gehörte auch die Evaluierung der noch aus der DDR-Zeit überkommenen Gedenkstätten Münchner Platz Dresden und Ehrenhain Zeithain. Nach persönlicher Inaugenscheinnahme, Beschäftigung mit den Dauerausstellungen und Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern empfahl er die umgehende Schließung der Ausstellungen und die grundlegende Neukonzipierung der Gedenkstätten auf der Basis solider Quellenrecherchen.
Besondere Aufmerksamkeit galt der Vorbereitung der 2. Stiftungsratssitzung der StSG am 9. Januar 1995, deren Schwerpunkte die Wahl des Geschäftsführers der Stiftung, die Bestätigung des Jahreshaushaltes sowie die Vorstellung des Gedenkortes Pirna-Sonnenstein und des geplanten Sitzes der Stiftungsgeschäftsstelle im Haus 17 auf dem Sonnenstein waren. Auf der Sitzung wurde der Historiker Dr. Norbert Haase als Geschäftsführer gewählt, mit seinem Dienstantritt im März 1995 endete die Tätigkeit der Aufbaugruppe. Während Frau Herbig in der schließlich in Dresden errichteten Geschäftsstelle der Stiftung weiter arbeitete, widmete sich Dr. Böhm als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kuratoriums Gedenkstätte Sonnenstein e. V. dem weiteren Aufbau der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein. Für Dr. Böhm war ein lehrreicher Zeitabschnitt beendet, der in ihm eine Ahnung von der Komplexität, Widersprüchlichkeit und Emotionalität aufkeimen ließ, mit der die Stiftung fortan konfrontiert war.
Der Beitrag wurde verfasst von Dr. Boris Böhm, Leiter der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein.
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