Schaudepot für Grabsteine entsteht
04.11.24
Bei Bauarbeiten konnten mehr als 130 Grabsteine geborgen werden. Künftig sollen sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Helmut Winkler, Hilde Jansen oder Adolf Damme – Menschen, die zwischen 1939 und 1945 in Großschweidnitz den nationalsozialistischen Krankenmorden zum Opfer gefallen sind. Anders als bei der überwiegenden Mehrzahl der insgesamt über 5.500 ermordeten Psychiatriepatientinnen und -patienten gibt es zu ihnen ein besonderes Zeugnis: einen Grabstein. Aus grauem Beton gefertigt sind darauf der Name und die Lebensdaten zu lesen. Mehr oder weniger gut, denn die Steine befanden sich viele Jahrzehnte in der Erde. Sie dienten als Begrenzungssteine entlang des Pathologiegebäudes. Diese Umnutzung ist letztlich auch der Grund, dass sie überhaupt noch existieren, denn an einer Erhaltung der Grabsteine der Opfer der Krankenmorde bestand kein Interesse, genauso wenig wie an der Erinnerung an sie. Die meisten Steine dürften bereits wenige Jahre nach Kriegsende entfernt worden sein, sofern sich nicht Angehörige um die Pflege der Gräber bemühten. 132 dieser Grabsteine fanden eine Wiederverwendung als Begrenzungssteine. Im Zuge der Bauarbeiten an der Pathologie konnten sie geborgen werden. Im Sommer 2024 erfolgte die fotografische Dokumentation, bei der das Sächsische Landesamt für Archäologie beratend zu Seite stand.
Die genaue Inaugenscheinnahme zeigte, dass der Erhaltungszustand sehr unterschiedlich war. Bei etwas mehr als der Hälfte waren noch Namen oder zumindest Buchstaben zu lesen. Diese konnten mit der Opferdatenbank abgeglichen werden und sich schließlich konkreten Personen zuordnen lassen. Bei den nicht mehr vollständig lesbaren Steinen wird mit Unterstützung des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung an der TU Dresden aktuell ein kleines Projekt durchgeführt, welches mittels Bildbearbeitung die Namen wieder sichtbar machen soll.
Einige Steine konnten mit Unterstützung des Vereins Gedenkstätte Großschweidnitz bereits konserviert werden. Ziel war jedoch die Konservierung und damit dauerhafte Erhaltung aller Steine, die ganz besondere und deutschlandweit einzigartige Zeugnisse der Krankenmorde darstellen. Zudem sollten sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Idee für ein Schaudepot entstand. Architekt und Gestalter entwickelten erste Entwürfe, die schließlich einem Projektantrag der Gedenkstätte mündeten, der 2024 vom Freistaat Sachsen positiv beschieden wurde. Für das Vorhaben werden sogenannte PMO-Mittel zur Verfügung gestellt, die aus dem verbliebenen Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR stammen und nun auch gesellschaftlich relevanten Projekten zugutekommen.
Noch 2024 wird mit der Konservierung der Grabsteine begonnen, 2025 entsteht das Schaudepot. Es wird auf dem Gelände des Anstaltsfriedhofes errichtet und wird Platz für alle 132 Grabsteine bieten.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert aus Steuermitteln auf der Grundlage des von den Abgeordneten des sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.
Kontakt
Dr. Maria Fiebrandt (Referentin für wissenschaftliche Dokumentation, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit)
Tel: 03585-2113509
Maria.Fiebrandt@stsg.de