Ein Lazarettzug, neue Erkenntnisse und offene Fragen
25.06.24
Im Juni 1944 verließ ein Lazarettzug mit schwer erkrankten italienischen Kriegsgefangenen das Kriegsgefangenen-Reservelazarett Zeithain. Der Zug erreichte schließlich Modena und die Kranken wurde im dortigen Militärkrankenhaus aufgenommen, wo viele von ihnen an den Folgen der Gefangenschaft und Tuberkulose starben. 1954 gab es nach nur zehn Jahren eine feierliche Exhumierung der in Modena verstorbenenen Italiener aus Zeithain, welche unter großer Anteilnahme der Modeneser Bevölkerung in ihre Familiengräber umgebettet wurden.
Anlässlich des 80. Jahrestages der Ankunft des Zuges und aufgrund neuer Forschungseregebnisse fand am 22. Juni 2024 in den Räumlichkeiten des Instituts für Zeitgeschichte und für die Geschichte der Resistenza in Modena eine eintägige Tagung zum Thema des Zeithainer Lazarettzugs vom Juni 1944 statt.
Der Modeneser Historiker Aldo Magnoni und Milan Spindler, Mitarbeiter der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, stellten in einem ersten Teil der Tagung vor dem interessierten Publikum, in welchem sich auch viele Angehörige von in Zeithain internierten Italienern befanden, ihre neuesten Recherchen zum Zeithainer Lazarettzug vor. Neben neuen Unterlagen aus den Archiven der Modeneser Krankenhäuser und Friedhöfe und ihren Informationen über Tod und Überleben der ehemaligen Gefangenen aus Zeithain stand auch das Auffinden zahlreicher deutscher Krankenakten im Staatsarchiv von Verona im Mittelpunkt des Beitrags.
In einem zweiten Abschnitt der Tagung lag der Fokus auf den Biografien zweier Italiener, welche im Lager Zeithain interniert worden waren.
Giorgio Corrado stellte das publizierte Tagebuch eines Vaters Federico Corrado vor, welcher als italienischer Arzt in Zeithain arbeitete. Das Tagebuch enthält nicht nur einzigartige Zeichnungen aus dem Arbeitsalltag des medizinischen Bereiches des Lagers, es ermöglicht auch einen Einblick in die Perspektive mit welcher das ärztliche Personal des italienischen Sektors auf den anstehenden Lazarettzug nach Italien blickte.
Cristina Maria Ferro hingegen veröffentlichte vor einigen Jahren die Tagebucheinträge und Erinnerungen ihres Onkels Andrea Ascheri. Er erkrankte als Italienischer Militärinternierter in der Zwangsarbeit in Thüringen an Tuberkulose und wurde im Frühjahr 1944 nach Zeithain überstellt. Von dort evakuierte ihn der Lazarettzug im Juni 1944 nach Italien, wo er nach verschiedenen Krankenhausaufenthalten 1947 an den Folgen seiner Erkrankungen verstarb.
Am Ende des Tages war einerseits allen Beteiligten klar, dass die Forschung zu den Italienischen Millitärinternierten in deutschen Lazarettlagern und zu ihrer Repatriierung nach Italien vor und nach Kriegsende erst am Anfang steht. Gleichzeitig ist sichtbar, wie groß das Interesse an ihrem Schicksal besonders in der Generation ihrer Kinder ist, welche von ihren Vätern und Onkeln oft nur wenig erfuhren.
Kontakt
Milan Spindler (Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pädagogik)
Tel.: 03525 510472
milan.spindler@stsg.de