Erfolgreiche Tagung mit der Akademie für Politische Bildung in Tutzing: „Unvorhersehbare Vergangenheit oder Erinnerung im Wandel. Neue Konzepte zur Geschichtsvermittlung in Gedenkstätten“
17.06.24
Drei Tage voller fachlichem Austausch, viel Input, Projektanregungen sowie Vernetzungen gab es vom 10. Juni bis 12. Juni 2024 in der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten hatte gemeinsam mit der Akademie zu der Tagung „Unvorhersehbare Vergangenheit oder Erinnerung im Wandel. Neue Konzepte zur Geschichtsvermittlung in Gedenkstätten“ eingeladen.
Trotz der in Bayern hochwasserbedingten großen Anreiseherausforderungen für sehr viele Tagungsteilnehmende und Referierende konnte mit kleinen Änderungen – die Akademie richtete eine dauerhafte hybride Teilnahme ein – das Tagungsprogramm durchgeführt werden. Prof. Dr. Axel Drecoll, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Leiter der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, verwies in seinem Eröffnungsvortrag auf die teils widersprüchlichen Erwartungen an die Gedenkstätten im Sinne einer politischen Funktion für die Erinnerungskultur sowie als Lernorte der politischen Bildung und demokratischen Wertevermittlung. Teilweise im Widerspruch dazu stünde die Rolle der Gedenkstätten als Forschungseinrichtungen zur Verbrechensgeschichte, die dadurch auch als wissenschaftliches Korrektiv zu fungieren hätten.
Auf der Tagung wurden sächsische und bundesweite Gedenkstättenprojekte vorgestellt, über aktuelle Herausforderungen – insbesondere hinsichtlich aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen – und Konzepte in der Gedenkstättenarbeit, Digitalisierung und Inklusion gesprochen. Sven Riesel von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten schilderte die Entwicklung digitaler Angebote in der Stiftung von ihrem Beginn an seit dem Jahr 2000 bis in die Gegenwart. Trotz für die damalige Zeit guter und unterschiedlicher Angebote, vor allem auf der Website der Stiftung und im Sammlungsbereich, brauchte es – wie bei vielen anderen Kultureinrichtungen – erst einen durch die Corona-Pandemie ausgelösten Innovationsschub, den die Stiftung im Bereich der Digitalisierung und Digitalität bis heute ausgebaut hat und auch dazu sachsenweit Projekte fördert.
Beispielhaft dafür stellte Alina Gündel vom AKuBiZ e. V. aus Pirna die von ihm betriebene Online-Plattform gedenkplaetze.info vor. Als Dokumentations- und Vermittlungsangebot im digitalen Raum bietet sie im Sinne geografischer Barrierefreiheit die Möglichkeit, sich über zahlreiche NS-Verfolgungsorte auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen zu informieren.
Annkathrin Richter von einer weiteren sächsischen zivilgesellschaftlichen Initiative – Riebeckstraße 63 e. V. aus Leipzig – schilderte den Aufbau eines Erinnerungsortes mit Bezug auf Opfergruppen, die lange Zeit in der bundesdeutschen Erinnerungskultur nicht oder nur marginal berücksichtigt wurden. Dazu zählen während des Nationalsozialismus verfolgte Sinti und Roma, als „asozial“ ausgrenzte Menschen mit deviantem Verhalten wie Obdachlose oder Arbeitslose sowie (vermeintlich) geschlechtskranke Frauen, die zu DDR-Zeiten am gleichnamigen Ort zwangseingewiesen wurden.
Ein besonderes Augenmerk der Stiftung Sächsische Gedenkstätten liegt auf der Weiterentwicklung von inklusiven Bildungsangeboten. Melanie Wahl von der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein berichtete von der Entwicklung und Durchführung eines Peer-Projektes an der Gedenkstätte, die an die Opfer der NS-„Euthanasie“ erinnert. Das Peer-Projekt entstand in einer Kooperation zwischen der AWO Sonnenstein gGmbH und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten. Getreu dem Grundsatz der UN-Behindertenrechtskonvention „Nicht ohne uns über uns“ wurde gemeinsam mit Menschen mit Lernschwierigkeiten ein inklusives Bildungsangebot in klarer Sprache für die Gedenkstätte konzipiert und die Projektteilnehmer zu Besucherreferenten ausgebildet.
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Sven Riesel
Stellvertretender Geschäftsführer | Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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