Das Märchen von der »Völkerfreundschaft«. Podiumsgespräch über Ausländer in der DDR und die Wurzeln des Fremdenhasses
23.04.12
Der Antifaschismus war eines der gewichtigsten Dogmen der SED-Diktatur und wurde bis zum Ende der DDR propagandistisch instrumentalisiert. Politische Gegner wurden schnell des »Faschismus« bezichtigt, der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 zum »faschistischen Putschversuch« umgedeutet, die Mauer als »antifaschistischer Schutzwall« gerechtfertigt. Auch mit ihrem Bekenntnis zur »Völkerfreundschaft« richtete sich die DDR offiziell gegen nationalistische Anmaßungen und rassistische Vorbehalte.
Dennoch gab es auch östlich der Mauer Fremdenhass und Rechtsextremismus. Doch der Staat schaute weg, »braune Umtriebe« wurden geleugnet. Allein in den 1980er Jahren wurde das rechtsradikale Milieu in einer Studie des DDR-Innenministeriums auf 15.000 Personen geschätzt. Die Zahlen blieben unter Verschluss. Hakenkreuzschmierereien, Schändungen jüdischer Friedhöfe und Gewalt gegen Ausländer wurden als Einzelfälle und »Westimport« abgetan, Neonazis als »Asoziale« oder »Rowdys« bagatellisiert.
Nach dem Mauerfall kamen Funktionäre aus dem Westen, braune Gedanken waren jedoch nicht neu im Osten. Feindseelige, ja rassistische Denkmuster zeigten sich bereits 1991/92 in den brennenden Ausländer-Wohnheimen von Hoyerswerda und Rostock. Zehn Jahre später zog die »Zwickauer Zelle« mordend durch das Land, während fremdenfeindliche Parteien in die neuen Landtage gewählt wurden und bis heute an den Verteilungsneid Zukurzgekommener appelieren.
Am 1. Mai wollen Rechtsextreme in Bautzen aufmarschieren. Mit einem Podiumsgespräch wird die Gedenkstätte Bautzen ein Zeichen für Menschenwürde und eine lebendige Demokratie setzen. Der ehemalige Bautzen-II-Häftling Xing-Hu Kuo erlebte in der DDR als Student, während seiner Stasi-Haft und in den frühen neunziger Jahren den Hass auf Fremde am eigenen Leib. Gemeinsam mit der Autorin und ehemaligen DDR-Spitzensportlerin Ines Geipel (»Der Amok-Komplex oder die Schule des Tötens«) und dem Kulturjournalisten Oliver Reinhard (»Wotansbrüder und Weimarer Front«) wird er der Frage nachgehen, wo die Ursachen dieser menschenfeindlichen Einstellungen liegen. Die Diskussion soll untersuchen, ob es eine gemeinsame Linie rassistischen Gedankenguts in Ost- und Westdeutschland gab. Setzten (und setzen) sich rechtsradikale Jugendliche der Anpassung ihrer Eltern an das System entgegen? Und vor allem: Wie können mögliche Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen ostdeutscher Sozialisation und rechtsextremen Einstellungen die demokratische Bildungsarbeit unterstützen?
Hochauflösende Fotos zur Darstellung der Veranstaltung »Ausländer in der DDR und die Wurzeln des Fremdenhasses« sowie der Gedenkstätte Bautzen finden Sie für Ihre Berichterstattung im Pressebereich unter https://www.stsg.de/cms/bautzen/pressefotos_downloads oder auf Anfrage per Email.
Weitere Informationen erhalten Sie von Sven Riesel, Öffentlichkeitsarbeit Gedenkstätte Bautzen, Telefon 0 35 91 - 53 03 62 oder Email sven.riesel@stsg.smwk.sachsen.de