Wanzen in den Wänden. Sensationeller Fund in der Gedenkstätte Bautzen bestätigt umfassende Stasi-Bespitzelung
14.12.11
Am Dienstag spürten Fachleute des Fraunhofer-Instituts mehrere versteckte Mikrofone in den Zellenwänden der ehemaligen Sonderhaftanstalt der Staatssicherheit Bautzen II auf. Mit diesen neuerlichen Funden wird der oft geäußerte Verdacht vieler ehemaliger politischer Gefangener nachhaltig bestätigt, während der Haft intensiv technisch überwacht worden zu sein.
Die Überwachung und Kontrolle in Bautzen II war perfekt. Neben Verhören und dem Einsatz von »Zellen-Informatoren« wurden viele der Häftlinge zusätzlich durch versteckte Kameras und »Wanzen« lückenlos technisch überwacht.
Im Auftrag der Gedenkstätte Bautzen erarbeitet momentan das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie eine detaillierte Expertise über die in der Stasi-Sonderhaftanstalt verwendete Überwachungs- und Abhörtechnik. Durch bauarchäologische Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit wurden nun erstmals ganz gezielt versteckte Mikrofone freigelegt.
Für die Häftlinge waren die »Wanzen« einst unauffindbar. Hinter Putz, mehreren Farbschichten und der Scheuerleiste versteckt, hörten in mindestens drei Zellen des Isolationstrakts jeweils zwei Mikrofone die Gespräche der Gefangenen mit. Die so genannte »Verbotene Zone« wurde Ende der 1970er Jahre eigens für den prominenten Regimekritiker Rudolf Bahro eingerichtet. Die dort eingesperrten Menschen waren von ihren Mithäftlingen in Bautzen II vollkommen abgeschottet. Von der Stasi, wie sich jetzt bestätigt, nicht.
Für das wissenschaftliche Gutachten recherchiert Dr.-Ing. Daniel Beer, Akustik-Spezialist des Fraunhofer-Instituts, in den überlieferten Bauplänen des Hafthauses, in Stasi-Unterlagen und Zeitzeugenberichten. Für ihn stehen vor allem noch die ungeklärten Fragen im Raum, »in welcher Qualität tatsächlich Gespräche aufgenommen oder mitgehört werden konnten« und »wer die kleinen Mikrofone mit der Aufschrift ‚Made in Germany’ herstellte.« Die Spur der jüngst entdeckten »Wanzen« führt durch zahlreiche Luftschächte und verliert sich auf dem Dachboden des Gefängnisses. Dort fand Beer nur noch sauber abgetrennte Kabel.
Hochauflösende Fotos der freigelegten »Wanzen« und der Gedenkstätte Bautzen finden Sie für Ihre Berichterstattung im Pressebereich unter https://www.stsg.de/cms/bautzen/pressefotos_downloads oder auf Anfrage per Email. Bitte nennen Sie den angegebenen Urheber des Fotos.
Weitere Informationen erhalten Sie von Sven Riesel, Öffentlichkeitsarbeit Gedenkstätte Bautzen, Telefon 0 35 91 - 53 03 62 oder Email sven.riesel@stsg.smwk.sachsen.de