2. Arbeitstreffen „Dokumentation – Auskünfte – Schicksalsklärung“ in Dresden
30.09.21
Am 28. September 2021 trafen sich auf Einladung der Dokumentationsstelle Dresden in der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden zum zweiten Male Beschäftigte, die im Arbeitsbereich „Sammlungen, Datenbanken, Schicksalsklärung und Auskünfte“ aktiv sind. Insgesamt nahmen 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus acht Gedenkstätten bzw. Archiven, die sich in Trägerschaft der Stiftung befinden oder von ihr gefördert werden, an dem fachlichen Erfahrungsaustausch teil. Auf der Tagesordnung standen fünf Diskussionsbeiträge.
Konstantin Hermann (Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden) stellte das bundesweit einmalige sächsische Landesdigitalisierungsprogramm für Wissenschaft und Kultur vor. Dieses unterstützt die Digitalisierung von Fotografien, Handschriften, Drucken und anderen Medien, die anschließend weitestgehend frei zugänglich gemacht werden (open access, Public Domain 1.0). Die Gewährleistung des Schutzes von Daten- und Persönlichkeitsrechten verbleibt in der Verantwortung der Einrichtungen, deren Bestände digitalisiert werden. Die Präsentation der Digitalisate auf https://sachsen.digital/sammlungen kann auch Beständen, die ansonsten nur wenig Beachtung fänden, öffentliche Aufmerksamkeit.
Die umfassenden und innovativen digitalen Angebote und Projekte der Arolsen Archives präsentierte Ramona Bräu. Deren Bestände sind von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt worden. Seit Anfang der 2000er-Jahre betreibt die internationale Einrichtung, die aus dem Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes hervorgegangen ist, die konsequente Digitalisierung ihrer Sammlungen von Schriften und Objekten. Einen Schwerpunkt legte Frau Bräu auf die Projekte, wie #everynamecounts, bei denen ehrenamtliche Mitarbeit über kollaborative Plattformen wie Zooniverse befördert und organisiert wird.
Michael Schäbitz, Stefan Donth und Martin Sobczyk (Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen/ Forschungsverbund „Landschaften der Verfolgung“) berichteten anschaulich von ihren Erfahrungen beim Aufbau einer Datenbank zu den in der SBZ/DDR politisch Verfolgten, bei der er sich nicht um eine Opferdatenbank handelt. In die Datenbank werden zunächst die Daten aus der Kerblochdatei des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sowie aus der DDR-Haftkartei (des Ministeriums des Innern der DDR/MdI) erfasst. Dabei kommen verschiedene OCR-Techniken zur Anwendung, die allerdings händische Kontrolle nicht überflüssig machen. Inhaltlich-konzeptionell stellt sich bei dem Projekt auch die Frage, welche Verurteilungsgründe bzw. Strafnormen als „politische Verfolgung“ kategorisiert werden sollten und wie mit Mischformen, z. B, bei Verurteilungen wegen „asozialem Verhalten“ bzw. „Fahnenflucht“ umzugehen ist.
Nach den informativen und anregenden Beiträgen von außerhalb der Stiftung Sächsische Gedenkstätten standen noch zwei Berichte über Projekte innerhalb der Stiftung auf dem Programm. Elisabeth Kohlhaas und Florian Tanneberger stellten die Weiterentwicklung der Personendatenbank des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) Torgau vor. Im Zentrum standen die positiven und negativen Erfahrungen mit der auf FAUST 9 laufenden Datenbank. Das Programm erweise sich zwar für den eingesetzten Zweck einer Forschungsdatenbank zu Personen als weniger geeignet, könne aber gleichwohl für die Archivierung von Fotografien, Archivalien oder Objekten sinnvoll sein.
Zum Abschluss stellte Ulrich Rottleb die Arbeit an der Datenbank der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein zu Opfern der NS-„Euthanasie“ in Sachsen vor. Die Gedenkstätte arbeitet dabei mit der Software FILEMAKER. Schwerpunkte des Vortrages waren die Schwierigkeiten der Erfassung durch vernichtete Quellen, die Bedeutung der Anzahl der Mitarbeiter für die Datenerfassung (sollte möglichst gering gehalten werden, da Abstimmungsbedarf erheblich) sowie Fragen des Datenschutz der Opfer, zum Beispiel in Bezug auf medizinische Diagnosen.
In der anschließenden Diskussion wurde teils eindringlich auf eine baldige einheitliche und zeitgemäße Archivierungssoftware für die Arbeitsstellen der Stiftung gedrängt, die durchaus auch aus dem Open Source-Bereich stammen könne. Für die Vorbereitung einer entsprechend wohlüberlegten Entscheidung wird professionelle externe fachliche Beratung notwendig sein, da die dafür notwendige fachliche Kompetenz in der Stiftung kaum vorhanden ist.
Die große Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigte sich nach dem Treffen sehr zufrieden mit dessen Verlauf und insbesondere der Möglichkeit sowohl in der Beratung als auch in deren Pausen miteinander ins Gespräch zu kommen.
Kontakt:
Dr. Bert Pampel, Leiter der Dokumentationsstelle Dresden | Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Tel. 0351 4695548
bert.pampel@stsg.de
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