„Plattform des Europäischen Gedenkens und Gewissens“ gegründet. Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in den Vorstand gewählt
17.10.11
Mehr als 40 Vertreter aus 19 europäischen Ländern gründeten am 13./14. Oktober 2011 im Prager Institut für das Studium totalitärer Regime (Institute for the Study of Totalitarian Regimes) die „Plattform des Europäischen Gedenkens und Gewissens” (Platform of European Memory and Conscience). In den Vorstand (Executive Bord) wurde im Ergebnis einer geheimen Wahl neben Vertretern Polens, Rumäniens und Sloweniens auch Siegfried Reiprich, Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft in Dresden, entsandt.
Offizielle Presseinformation als PDF
Zur zukünftigen Arbeit der Plattform sagte er: „Europa war im Gefolge von Faschismus, Kommunismus und Nationalsozialismus über viele Jahrzehnte geteilt, es entstanden divergente Erinnerungskulturen. Als Mitteleuropäer und Vertreter Deutschlands liegt es mir besonders am Herzen, zur Integration verschiedener kollektiver Gedächtnisse der Europäer von Portugal bis zum Ural und zur Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Erinnerungskultur beizutragen, die im europäischen Humanismus, der christlich-jüdischen Tradition und ihrer auch daraus resultierenden demokratischen Philosophie wurzelt. Die vorurteilslose Kenntnisname aller, mitunter verstörenden Fakten, der wahrhaftige Umgang mit ihnen und die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache sind undabdingbare Voraussetzungen zur Gestaltung eines Kontinents der Freiheit und des Friedens.“
Die Plattform hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kooperation nationaler Forschungsinstitute, Archive, Museen und vergleichbarer Institutionen in Europa zu unterstützen. Dies schließt neben staatlichen auch private Initiativen ein, die sich der Aufarbeitung totalitärer Regime widmen. Die besondere Betonung liegt hierbei auf Nationalsozialismus und Kommunismus. Die Dokumentation und Erforschung von Menschenrechtsverletzungen und Machtstrukturen sowie die politische Bildung bezüglich totalitärer Regime auf europäischem Boden sollen weiterentwickelt werden. Die Plattform möchte Intoleranz, Extremismus und antidemokratischen Bewegungen entgegentreten, die europäischen Werte stärken, eine europaweite Diskussion über die Lehren aus den Diktatur-Erfahrungen anregen und eine Wiederkunft totalitärer Herrschaft verhindern. Sie wendet sich besonders an die europäische Jugend.
Die feierliche Unterzeichnung der Gründungsurkunde der Plattform fand im Rahmen eines Treffens der Visegrád-Gruppe am Freitag, 14. Oktober 2011, im Lichtenstein Palast in Prag im Beisein der Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Petr Nečas, Ungarns, Victor Orbán und Polens, Donald Tusk, statt. Der Gründungsakt stand unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik.
Weitere Mitglieder des Vorstands sind Paweł Ukielski, Vizedirektor des Museums zur Erinnerung an den Warschauer Aufstand 1944, Zolt Szilágyi, Büroleiter des Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments László Tökés und Andreja Valič, Direktorin des Studienzentrums für nationale Aussöhnung in Ljubljana. Zum Vorstandsvorsitzenden der Plattform wurde der schwedische EU-Ratspolitiker Göran Lindblad gewählt. Zur Direktorin der Plattform wurde Neela Winkelmannova vom o.g. Prager Institut bestellt, das insbesondere die Akten des tschechischen Staatssicherheitsdienstes verwaltet.