Veranstaltungen der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain zur Erinnerung an den Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941
18.06.21
Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Bis 1945 kamen dabei 27 Millionen sowjetische Bürgerinnen und Bürger ums Leben. Damit trug die Sowjetunion die Hauptlast des Zweiten Weltkrieges. Zu diesen Kriegstoten zählen auch die ca. 25.000 bis 30.000 Kriegsgefangenen, die im Kriegsgefangenenlager Zeithain aufgrund von Hunger und Krankheit verstarben. Die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain erinnert am 22. und 23. Juni 2021 mit zwei Veranstaltungen anlässlich des 80. Jahrestages an die Opfer des deutschen Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion.
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätte / Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, der Förderverein der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e. V. sowie der sächsische Landesverband des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. veranstalten gemeinsam am Dienstag, den 22. Juni 2021 um 17 Uhr eine öffentliche Gedenkfeier im Ehrenhain Zeithain. Neben dem Gedenken an die Opfer mit einer offiziellen Kranzniederlegung verlesen Mitglieder des Fördervereins verschriftlichte Kriegszeugnisse. Auszüge aus literarischen Texten sowjetischer Autoren und Zeitzeugen geben einen Eindruck davon, wie unvermittelt der Krieg und seine Folgen über das Land und seine Bevölkerung hereinbrach. Texte ehemaliger Gefangener und derer Angehöriger vermitteln einen Eindruck von persönlichen Ängsten und dem Umgang mit dem Verlust von Familienmitgliedern.
Nach wie vor wird in der Bundesrepublik Deutschland die bedeutende Rolle des „Großen Vaterländischen Krieges“ für alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion nicht angemessen wahrgenommen. Die Opfer der verbrecherischen Kriegsführung befinden sich in einem Erinnerungsschatten der bundesdeutschen Erinnerungskultur an die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung. Die Veranstaltung findet unter Beachtung der aktuellen Sächsischen Corona Schutz-Verordnung statt.
Am 23. Juni 2021 um 17 Uhr findet unter dem Titel „Vernichtungskrieg an der Heimatfront – sowjetische Kriegsgefangene im System der Konzentrationslager“ eine Online-Podiumsdiskussion in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain statt. Bei der Veranstaltung wird das bisher nur unzureichend von der historischen Forschung und in Gedenkstätten bearbeitete Thema der Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht und SS bei der „Aussonderung“ sowjetischer Kriegsgefangener im Mittelpunkt stehen. Die Veranstaltung ist als Livestream und auch danach auf dem Youtube Kanal der Stiftung Sächsische Gedenkstätten https://www.youtube.com/channel/UCABnAlEb-nBsJm2R-ryJIgA abrufbar.
Im Juli 1941 kamen SS und Oberkommando der Wehrmacht überein, die sowjetischen Kriegsgefangenen systematisch einer Überprüfung durch Einsatzkommandos der Gestapo in den Kriegsgefangenenlagern der Wehrmacht im Reichsgebiet zu unterziehen. Ziel war, aus Sicht des NS-Regimes gefährliche (z. B. Politoffiziere, Funktionsträger in Staat und Massenorganisationen) und angeblich rassisch nicht tragbare Gefangene zu ermorden. Die dabei vorgegebenen Kriterien ließen den Gestapobeamten einen breiten Entscheidungsspielraum, sodass die Gefangenen ihrer Willkür schutzlos ausgeliefert waren. Die von diesen Kommandos „ausgesonderten“ Rotarmisten wurden bis Sommer 1942 in Konzentrationslagern im Reichsgebiet ermordet.
Im Gespräch wird es darum gehen, herauszuarbeiten, wie die Wehrmacht in die Ermordung und menschenunwürdige Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener in den Konzentrationslagern involviert war und an welcher Stelle der militärisch-polizeilichen Kooperation Handlungsoptionen für die Verantwortlichen bestanden.
Eingeladen dazu sind die Historiker Dr. Rolf Keller von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Dr. Reinhard Otto, früherer Leiter der Dokumentationsstätte Stalag 326 Senne sowie Dr. Michael Löffelsender von der Gedenkstätte Buchenwald. Rolf Keller und Reinhardt Otto sind die Autoren des Buches „Sowjetische Kriegsgefangene im System der Konzentrationslager“ und arbeiten seit Jahrzehnten zum Thema NS-Verbrechen an sowjetischen Kriegsgefangenen. Michael Löffelsender kuratierte in der Gedenkstätte Buchenwald die Freiluftausstellung „Der Überfall auf die Sowjetunion. Eine Outdoorausstellung an drei Orten“.
Nora Manukjan
Referentin Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
nora.manukjan@stsg.de
Tel.: 03525 510472