Es gab solche und solche. Zum sechzigsten Todestag von Pater Franz Bänsch am 8. April 2021
07.04.21
Pater Franz Bänsch, dessen Todestag sich am 8. April zum sechzigsten Mal jährt, kam 1935 zu seiner Stelle als katholischer Gefängnisseelsorger im Nebenamt eher zufällig. Das Gerichtsgefängnis am Münchner Platz in Dresden gehörte zum Pfarrbezirk der katholischen Kirchgemeinde St. Paulus im Stadteil Plauen. Zu dieser Zeit konnte Franz Bänsch, der dem Orden „Oblati Mariae Immaculatae“ (OMI, Oblaten der makellosen Jungfrau Maria) angehörte, nicht wissen, dass in den 1940er-Jahren bis zu dreißig Menschen am Tag unter der Guillotine am Münchner Platz sterben würden. Spätestens seit dieser Zeit hatte der Pater eine klare Haltung zum NS-Regime. Im November 1941 notierte er in der Gefängnischronik, dass ein „Regime, das auf Lüge und Mord aufgebaut ist, [...] nicht bestehen“ kann. Diese Distanz unterschied ihn von manch anderem Gefängnisgeistlichen, der in einem Nahverhältnis zum Nationalsozialismus stand und die Höchstrafe als gerechte Sühne für ein todeswürdiges Verbrechen begriff.
Auch Franz Bänsch begehrte nicht auf oder zog sich zurück, sondern blieb an seinem Platz. Sein moralischer Kompass und seine Menschlichkeit halfen dem Pater, die schwierige Gratwanderung zwischen notwendigen Einlassen auf das Regime und Unterstützung für die von ihm betreuten Männer und Frauen in bewunderswerter Weise zu meistern. In seinem Selbstverständnis war er zuerst Seelsorger: Die zum Tode Verurteilten sollten ausgesöhnt mit sich und der Welt sowie versehen mit den Sakramenten der katholischen Kirche in den Tod gehen. Doch Pater Bänsch beließ es nicht dabei, steckte den Gefangenen heimische Zigaretten oder Obst zu. Er lieh den Häftlingen Gebetbücher in ihrer Muttersprache aus und holte damit die ferne Heimat heran. An den Hinrichtungstagen improvisierte er einen Gottesdienst, wobei er einen Häftling in seiner Muttersprache vorbeten ließ. Seine Begleitung ging über den Tod hinaus: Wurden die Hinrichtungsopfer auf dem Neuen Katholischen Friedhof bestattet, ließ er sie persönlich oder durch einen Mitbruder nach katholischem Ritus einsegnen. Zudem begleitete er die Angehörigen, die er in mitfühlenden Briefen über die letzten Stunden ihres Familienmitglieds oder über den Verbleib der sterblichen Überreste informierte.
Für Franz Bänsch war es selbstverständliche Pflicht, sich auch nach Kriegsende als Gefängnisseelsorger zur Verfügung zu stellen. Doch spätestens mit der Übergabe des Strafvollzugs an die Deutsche Volkspolizei 1952 war eine seelsorgerliche Betreuung nicht mehr erwünscht und nur selten möglich.
Pater Franz Bänsch starb am 8. April 1961 im Dresdner St.-Joseph-Stift. Er wurde auf dem Neuen Katholischen Friedhof beigesetzt. Dort ruhen auch die sterblichen Überreste von fast 500 Hinrichtungsopfern, von denen er die meisten auch persönlich betreut haben dürfte.
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