Internationale Konferenz Daniel Paul Schreber – The Modern Experience and the Performance of Paranoia
Datum:
Veranstalter:
Stiftung Sächsische GedenkstättenOrt:
Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein
Anlässlich des 100. Todestages Daniel Paul Schrebers, der sich am 14. April 2011 jährt, und der Einrichtung der Heilanstalt Pirna-Sonnenstein vor 200 Jahren widmen sich verschiedene Wissenschaftler auf einer Internationalen Tagung dem Fall des berühmtesten Paranoiden der Geistesgeschichte, dessen bereits 1903 veröffentlichter Text zu einem der kontroversesten Themen der psychoanalytischen Forschung, der Psychiatrie und der Kulturwissenschaften avancierte.
Häufig wird der Name Schreber in erster Linie mit dem Orthopäden, Pädagogen und Gesundheitspolitiker Moritz Schreber in Verbindung gebracht, dem Namensgeber der städtischen Kleingärten. Dessen Sohn Daniel Paul steht in seiner Bedeutung dem Vater allerdings in nichts nach, handelt es sich bei ihm immerhin um einen der bedeutendsten sächsischen Juristen seiner Zeit und den weltweit bekanntesten und meist rezipierten Psychiatriepatienten aller Zeiten.
Schreber, der am 25. Juli 1842 in Leipzig geboren wurde, war in den Jahren 1894 bis 1902 in der Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein wegen Dementia paranoides (Geistesgestörtheit mit Wahnvorstellungen) behandelt worden. Besonders Aufsehen erregend ist der Fall Schreber durch den erfolgreichen Einsatz des versierten Juristen, seine 1900 vom Landgericht Dresden bestimmte Unmündigkeit zu revidieren.
Bereits wenige Monate nach seiner Entlassung aus der Heilanstalt im Dezember 1902 veröffentlichte er sein Buch „Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken“. In seiner bereits 1900 verfassten Studie beschreibt er nicht nur sein Leben in der psychiatrischen Einrichtung, sondern auch sehr detailliert und differenziert seine Wahnvorstellungen. Vor allem dieses Werk ist der Grund für die hohe wissenschaftliche Bedeutung der Person und des Falls Schreber, löste es doch seit seinem Erscheinen umfangreiche Diskussionen in der Psychiatrie, Psychologie und Philosophie aus. Beispielsweise diente es dem berühmten Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud 1911 als Grundlage für seine bekannte Paranoia-Studie.
Was bedeuten Schrebers Aussagen für die Geschichte der Moderne? Welche gesellschaftlichen Dispositionen macht Schreber sichtbar? Wer entscheidet über Gesundheit, Normalität und Wahrheit? Diese Fragen werden in Sonnenstein umso dringlicher gestellt, da die Nationalsozialisten die ehemalige Heilanstalt in den Jahren 1940 und 1941 zu einem Schauplatz des Euthanasieprogramms "Aktion T4" machten und dort mehr als 13.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen systematisch ermordeten.
Eine Kooperationsveranstaltung der Stiftung Sächsische Gedenkstätten mit:
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin, Tel Aviv University und Deutsches Hygiene-Museum Dresden.
Vollständiges Programm (PDF, 218 kB)