Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Novemberpogrome vor 82 Jahren
10.11.20
Am Montag wurde bundesweit der Opfer der Novemberpogrome gedacht, die 1938 in der Nacht vom 9. auf den 10. November von Nationalsozialisten gegen die jüdische Bevölkerung verübt worden waren: Synagogen wurden in Brand gesteckt, Geschäfte und Wohnungen geplündert und zerstört, hunderte jüdische Bürgerinnen und Bürger misshandelt und ermordet. Die Novemberpogrome kennzeichnen den Übergang von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung jüdischer Mitmenschen hin zur ihrer offenen und gewaltsamen Verfolgung während des Nationalsozialismus.
Ursprünglich hatte die Stadt Dresden für den 9. November 2020 zu einer Gedenkstunde am Brühlschen Garten geladen. Aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation konnte diese leider nicht als öffentliche Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht vor 82 Jahren stattfinden. Im kleinen Kreis legten u. a. der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dresden Michael Hurshell, Landtagspräsident Matthias Rößler, der Oberbürgermeister der Stadt Dresden Dirk Hilbert und der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten Sven Riesel Kränze und Blumen nieder.
„Das Pogrom mit den gewaltsamen Ausschreitungen gegen jüdische Mitbürger, mit den Zerstörungen ihrer religiösen und kulturellen Orte, ihrer Wohnungen und Geschäfte, ihrer Schulen und Friedhöfe wurde von der NS-Propaganda verharmlosend mit der euphemistischen Bezeichnung ‚Kristallnacht‘ versehen. Weder sollte diese Bagatellisierung weiter tradiert, noch davon ausgegangen werden, es hätte sich um nur eine Nacht gehandelt. Vor 82 Jahren wurde eine landesweite Gewaltwelle ausgelöst, der bereits jahrelange Ausgrenzung und Herabwürdigung jüdischer Mitmenschen vorausgingen. Der Terror entstand nicht aus dem Nichts“, so Riesel.
Die Landeshauptstadt bot die Möglichkeit des stillen Gedenkens am Ort der Alten Synagoge in Dresden – vor 82 Jahren wurde dort die Synagoge von Angehörigen der SA und der NSDAP erst geplündert, dann niedergebrannt. Die Feuerwehr wurde von SA-Mitgliedern in ihren Löscharbeiten gehindert. Drei Tage später wurde die ausgebrannte Ruine gesprengt und deren Trümmer beseitigt. Die Kosten der Zerstörung und Aufräumarbeiten bekam die Dresdner jüdische Gemeinde auferlegt.
Rückblickend erinnert sich der Dresdner Romanist Victor Klemperer über die Pogromnacht in Dresden, „dass man die Nacht zuvor spontan die hiesige Synagoge niedergebrannt u. jüdische Fensterscheiben eingeschlagen habe. Ich brauche die historischen Ereignisse der nächsten Tage, die Gewaltmassnahmen, unsere Depression nicht zu schildern. Nur das Engpersönliche und conkret Tatsächliche“ (Victor Klemperer: Die Tagebücher, S. 1155).
Sven Riesel
Stellvertretender Geschäftsführer
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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