»Helft uns und zwar sofort« Gedenkandacht zum Jahrestag des Gefangenenaufstandes im Speziallager Bautzen
31.03.11
Am Donnerstag, den 31. März 2011, findet im St. Petri Dom Bautzen um 12:00 Uhr eine Gedenkandacht zur Erinnerung an die beiden Häftlingsaufstände im Gefängnis Bautzen I im März 1950 statt. Vor der Gedenkveranstaltung wird der Bautzener Oberbürgermeister Christian Schramm um 11:00 Uhr auf der Gräberstätte »Karnickelberg« einen von der Stadt Bautzen gestifteten Rotdorn pflanzen.
„Die größte Häftlingsrevolte im DDR-Strafvollzug soll nicht in Vergessenheit geraten“, so Harald Knaußt, Mitglied des Opfervereins Bautzen-Komitee e. V. Knaußt war neun Jahre wegen vermeintlicher »Sabotage« und »illegaler Gruppenbildung« inhaftiert und erlebte im »Gelben Elend« den Gefangenenaufstand mit. Dank seiner Initiative findet die Gedenkandacht mit der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde St. Petri Bautzen statt. Ein besonderes Geläut der Bautzener Domglocken wird an den Gefangenenaufstand vor 61 Jahren erinnern. Neben Gebeten und Lesungen aus dem Evangelium werden kurze Texte Walter Kempowskis vorgetragen. „Um eine größere öffentliche Wahrnehmung zu erreichen, soll das Gedenken an den Aufstand künftig jedes Jahr im St. Petri Dom Bautzen stattfinden“, so Pfarrer Burkart Pilz, der die erste Andacht begleitet.
Die Zustände im »Gelben Elend« waren im März 1950 katastrophal. Auf engstem Raum sind über 6000 Gefangene von der Außenwelt isoliert. Durch extreme Überbelegung, Hunger, Kälte und Krankheiten starben zwischen 1945 und 1950 über 2700 Häftlinge. Nach der Auflösung des sowjetischen Speziallagers im Februar 1950 und der Übergabe der Gefangenen an die Volkspolizei der DDR hofften die Eingesperrten auf bessere Haftbedingungen und auf baldige Entlassung. Doch ausreichende Verpflegung und medizinische Versorgung bleiben aus. In ihrer Aussichtslosigkeit organisierten die Gefangenen am 13. März 1950 einen Hungerstreik, der nach Zusagen der Gefängnisleitung beendet wurde. Wieder ändert sich nichts. Ein aus dem Lager geschmuggelter Brief vom 22. März drückt die Verzweiflung der Inhaftierten aus: »Helft uns und zwar sofort.«
Am 31. März flammte der Aufstand erneut auf. Ganz Bautzen hörte zur Mittagszeit die verzweifelten Rufe der Gefangenen. Die Volkspolizei prügelte den Aufstand mit brutaler Gewalt nieder, zahlreiche Häftlinge wurden schwer verletzt. Erst ab dem Sommer 1950 besserte sich langsam die Versorgungslage. Für die meisten der Gefangenen dauerte es noch bis zu sechs Jahre, bis sie endlich entlassen wurden.
Vor der Gedenkveranstaltung wird der Bautzener Oberbürgermeister Christian Schramm um 11:00 Uhr auf der Gräberstätte »Karnickelberg« einen von der Stadt Bautzen gestifteten Rotdorn pflanzen. Dieser Baum erinnert symbolisch an die vier Rotdornbäume, die im Osthof des Speziallagers standen und deren Blüten den Inhaftierten Hoffnung und Kraft gaben.