Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,
„Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.“ Mit diesen Worten beginnt das am 21. Februar 1848 erstveröffentlichte Manifest der Kommunistischen Partei, das seit Juni 2013 zum UNESCO Weltdokumentenerbe gehört. Eine kommunistische Machtergreifung steht nicht auf der Agenda und kommunistische Parteien sind zumindest in Westeuropa politisch bedeutungslos. Aber die Vorstellungen, die vom „Kommunismus“ herumgeistern, sind nicht irrelevant. Der Kommunismus sei grundsätzlich eine gute Idee und nur schlecht umgesetzt bzw. missbraucht worden. Das politische System, das zwischen 1917 und 1991 in Mittel- und Osteuropa bestand, habe doch mit Kommunismus nichts zu tun gehabt – so lauten gängige Einschätzungen. Manch einer spricht denn auch lieber vom Stalinismus als von einer kommunistischen Gewaltherrschaft, wie man aus ähnlichen Gründen in der DDR von Faschismus sprach und den Begriff Nationalsozialismus mied.Das politische und wirtschaftliche System, das von der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und von kommunistischen Parteien geprägt war, das die Lehren von Marx, Engels und Lenin zur „wissenschaftlichen Weltanschauung“ und zur Staatsphilosophie erhob – das soll man nicht kommunistisch nennen dürfen? Das ist lächerlich. Die kommunistische Utopie soll nichts mit der Dystopie des realen Kommunismus zu tun gehabt haben? Das ist zu untersuchen. 166 Jahre nach dem Erscheinen des „Kommunistischen Manifests“ soll durch kritische Re-Lektüre etwas Licht in das Dunkel gebracht werden, in dem die Gespenster sich wohlfühlen. > Mehr...
Wir würden uns wie immer freuen, Sie in einer unserer Gedenkstätten oder bei einer der angekündigten Veranstaltungen begrüßen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bert Pampel
Vorschau
19.02. | Gedenkstätte Münchner Platz Dresden: Buchpräsentation und Podiumsdiskussion: „Führerschule, Thingplatz, ‚Judenhaus’. Orte und Gebäude der nationalsozialistischen Diktatur in Sachsen“. Die Tiefe, mit der die nationalsozialistische Diktatur im ehemaligen „roten Königreich“ in alle Lebensbereiche eindrang, wird auch anhand der Auseinandersetzung mit ausgewählten Bauten und Orten deutlich. Doch oft wurde die braune Vergangenheit dieser Topographien vergessen, durch neue Nutzungen überlagert oder durch Abriss kurzerhand beseitigt. An diesem Abend wird die neue Publikation des Sandstein Verlages erstmalig dem Publikum vorgestellt. In über 75 Beiträgen stellen in diesem Buch 50 Autoren exemplarisch solche Orte in Sachsen vor und zeigen ihre Geschichte in der NS-Zeit und den Umgang mit ihnen nach 1945 auf. > Mehr...
20.02. | Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, Außenstelle Leipzig: Vortrag von Martin Clemens Winter (Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig): Die Todesmärsche im Spiegel der Stasi-Unterlagen. Aus der Reihe "Forschung aktuell – Ergebnisse aus Stasiakten". Im Frühjahr 1945 wurden die nationalsozialistischen Konzentrationslager geräumt und die SS trieb hunderttausende KZ-Häftlinge auf so genannte Todesmärsche. Nach Kriegsende wurde gegen einige der Täterinnen und Täter ermittelt. Auch im Archiv des BStU finden sich zahlreiche Dokumente dieser Ahndungsbemühungen, in denen Täter, Opfer und Zuschauer über die Todesmärsche aussagen. Im Vortrag werden Besonderheiten der Ermittlungstätigkeit des MfS zu den Todesmärschen anhand ausgewählter Beispiele aufgezeigt. Damit wird ein bisher wenig beachtetes Kapitel der Ahndung von NS-Verbrechen in der DDR beleuchtet. > Mehr...
20.02. | Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau: Lesung in der Torgauer Bücherwald-Buchhandlung: „Schattenkinder hinter Torgauer Mauern“. Die Autorin Heidemarie Puls liest aus ihrem autobiographischen Buch. Darin beschreibt sie ihre Kindheit, welche sie nach sexuellem Missbrauch durch den Stiefvater und Vernachlässigung durch die Mutter in Heimen der DDR verbrachte. Nachdem sie im Jugendwerkhof Burg ausreißt und sich gegen Ungerechtigkeiten auflehnt, wird sie schließlich in den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau, der Endstation im Jugendhilfesystem der DDR, gebracht. An die Lesung schließt sich ein Zeitzeugengespräch an. > Mehr...
25.02. | Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain: Vortrag „Gewerkschafter/innen im Nationalsozialismus – Widerstand und Verfolgung“. Zum Abschluss der Sonderausstellung „Nicht mit uns!“ wird der Berliner Wissenschaftler Dr. Stefan Heinz einen abschließenden Vortrag zum Thema „Gewerkschafter/innen im Nationalsozialismus – Widerstand und Verfolgung“ halten. Der Vortrag zeigt den Umfang und die Intensität gewerkschaftlichen Widerstands auf, der in der deutschen Erinnerungskultur lange unterschätzt wurde. Für Lehrer wird der Vortrag durch die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung als Fortbildung zertifiziert. > Mehr...
25.02. | DIZ Torgau: Buchvorstellung und Lesung „Der DDR-Militärstrafvollzug und die Disziplinareinheit in Schwedt (1968-1990)“. In dem von Paul Brauhnert und Ilja Hübner, selbst ehemalige Insassen der Disziplinareinheit der NVA in Schwedt, gemeinsam mit Arno Polzin (BStU Berlin) herausgegebenen Band berichten 16 Zeiteugen von ihren Erinnerungen an die Zeit im Militärgefängnis Schwedt oder in der Disziplinareinheit auf dem gleichen Gelände. Sie nehmen uns mit in eine Vergangenheit, die für die Betroffenen oftmals noch längst nicht vergangen ist.
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NEUES AUS DER ARBEIT DER STIFTUNG UND IHRER GEDENKSTÄTTEN
04.02. | Stiftung: Die "Platform of European Memory and Conscience" hat ihren Vorstand wiedergewählt und sechs neue Mitglieder aufgenommen. Am 13. November 2013 hat die Mitgliederversammlung der Plattform für Europäische Erinnerung und Gewissen in Den Haag ihren Präsidenten Göran Lindblad und den Geschäftsführenden Vorstand für weitere zwei Jahre wiedergewählt. Diesem gehört neben Andreja Valič Zver, Zsolt Szilágyi und Paweł Ukielski auch erneut der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Siegfried Reiprich an. > Mehr...
07.02. | Stiftung: Am 29. Januar 2014 ist Rudolf Hinrichs verstorben. Mit ihm verlieren wir einen Torgauer Zeitgenossen, der sich bis ins hohe Alter dafür einsetzte, dass für die Nachgeborenen die Zeit der Nachkriegsjahre mit den sowjetischen Speziallagern dokumentiert wurde. > Mehr...
07.02. | Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein: Am 28. Januar 2014 hatte die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein den bekannten Berliner Publizisten und Historiker Götz Aly anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus eingeladen. Er las aus seinem im Frühjahr 2013 erschienen Buch „Die Belasteten. 'Euthanasie' 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte“. > Mehr...
Stiftung: Teile der Website der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain stehen jetzt in Italienisch zur Verfügung, denn im Kriegsgefangenenlager Zeithain wurden auch zahlreiche Italiener gefangen gehalten. Nach der Kapitulation Italiens am 8. September 1943 trafen ab Oktober mehrere Transporte mit sogenannten Italienischen Militärinternierten (IMI) in Zeithain ein. Viele von ihnen erkrankten infolge der unzureichenden Ernährung bei gleichzeitigem Arbeitseinsatz, unzureichender Versorgung mit warmer Kleidung und Medikamenten innerhalb weniger Monate an Tuberkulose. Zeithain wurde so nicht nur für die sowjetischen, sondern auch für die italienischen Kriegsgefangenen zu einem Sterbelager. Anders als die sowjetischen Gefangenen wurden die ca. 900 Toten in Einzelgräbern mit militärischen Ehren bestattet. Die sterblichen Überreste der italienischen Opfer wurden 1991 in ihre Heimat überführt. Die Gedenkstätte erinnert an den ehemaligen Grabstätten mit Namenstafeln an die Opfer. > Mehr...
NEUES VON WEITEREN ZEITGESCHICHTLICHEN ERINNERUNGSORTEN IN SACHSEN
Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.: Buchankündigung: Andreas Peter Pausch: „Widerstehen. Pfarrer Christoph Wonneberger“. Am 5. März 1944 wurde mit Christoph Wonneberger einer der Wegbereiter der Friedlichen Revolution geboren. Sein unmittelbar bevorstehender Geburtstag und der 25. Jahrestag von Friedlicher Revolution und Mauerfall im Jahr 1989 war für die Mitarbeiter und Vereinsmitglieder des Archiv Bürgerbewegung Leipzig der Anlass, sich mit dem Leben des Pfarrers und Bürgerrechtlers Christoph Wonneberger ausführlicher zu befassen. In der dabei entstandenen Publikation des Historikers Andreas Peter Pausch „Widerstehen. Pfarrer Christoph Wonneberger“ wird das Leben dieses evangelischen Pfarrer und engagierten Bürgerrechtlers geschildert. Im Mittelpunkt steht das widerständige Handeln Wonnebergers. Inhaltlich fließt in den jeweiligen Lebensabschnitt auch sein Wirken in der kirchlichen Friedensbewegung, der Wehr- und Waffendienstverweigerung, der Initiative für einen Sozialen Friedensdienst (SoFd), den Friedensgebeten und der Menschenrechtsbewegung in der ehemaligen DDR ein. Neben der wissenschaftlich-biografischen Schilderung der wichtigsten Lebensstationen erzählen zwölf Wegbegleiter in kurzer Form von ihren Begegnungen mit Wonneberger. Ergänzt werden die Texte durch Dokumente, welche das Leben und die Arbeit Wonnebergers genauso wie die ausgewählten Fotografien veranschaulichen. > Mehr...
RÜCKBLICK
29.01.2014 | Torgauer Zeitung: DIZ auf geschichtlicher Schnipseljagd. Vortrag zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus stieß auf große Resonanz. > Mehr...
Kalenderblatt
8. Februar 1945 | Im Hof des Landgerichtsgebäudes am Münchner Platz in Dresden werden zwölf Frauen und Männer mit der Guillotine hingerichtet. Unter Ihnen befindet sich die Ärztin Dr. Magarete Blank.
Margarete Blank wurde am 21. Februar 1901 in Kiew, das damals noch zum Russischen Reich gehörte, geboren. Die Eltern Blanks, eine Zahnärztin und ein Ingenieur, waren Deutschbalten. Im Winter 1918/19 folgte Margarete Blank dem Wunsch ihrer Eltern und siedelte mit ihrer Schwester Eleonore nach Deutschland über. In Deutschland lebten die Geschwister zunächst in Kolberg (Ostpommern) bevor sie nach Leipzig umzogen. Margarete Blank begann an der Universität Leipzig Medizin zu studieren und schloss mit der Note „sehr gut“ ab. Nach ersten praktischen Tätigkeiten als Ärztin und dem Schreiben ihrer Doktorarbeit ließ sie sich in der Gemeinde Panitzsch nieder und wurde dort Kassenärztin der Gemeinde.
Bereits kurz nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten, im Juli 1933, wurde Margarete Blank die Approbation entzogen. Die Kassenärztliche Vereinigung verlangte einen Nachweis ihrer „arischen“ Abstammung, den sie aufgrund der deutschrussischen Herkunft ihrer Familie nicht erbringen konnte. Margarete Blank legte Einspruch ein, dem stattgegeben wurde. Ende Oktober 1933 durfte sie ihre Tätigkeit als Ärztin wiederaufnehmen.
Am 19. Juli 1944 wurde Margarete Blank von der Gestapo als „bolschewistische Spionin und Agentin“ festgenommen. Grund der Festnahme war die Anzeige des Oberstabsarztes Dr. Werner Benne. Margarete Blank hatte sich gegenüber seiner Ehefrau Erika Benne positiv über die Russen als friedliebendes Volk geäußert und gesagt, die Deutschen hätten sich die Schuld am alliierten Bombenkrieg selbst zuzuschreiben. Darüber hinaus prognostizierte sie das baldige Ende des NS-Regimes. Drei weitere Patientinnen bekräftigten die Aussage Bennes. Der Volksgerichtshof verurteilte Margarete Blank am 15. Dezember 1944 im Schwurgerichtssaal des Dresdner Landgerichts wegen „schwer zersetzender Äußerungen“ zum Tode. Bis zur Vollstreckung des Urteils verbüßte sie ihre Haft in einer der Todeszellen des Frauenflügels der Dresdner Haftanstalt. Am 8. Februar 1945 wurde Margarete Blank im Hof des Landgerichtsgebäudes am Münchner Platz in Dresden hingerichtet und drei Wochen später auf dem Johannisfriedhof in Dresden beigesetzt. Ihre Überreste wurden nach Kriegsende nach Leipzig überführt. Sie fand auf dem Südfriedhof ihre letzte Ruhe.
Der 8. Februar 1945 war der letzte Tag, an dem die Guillotine in Dresden in der NS-Zeit eingesetzt wurde. Sie wurde bei den Bombenangriffen auf Dresden am 15. Februar 1945 mutmaßlich zerstört. Vor Kriegsende wurden noch wenige Menschen im Hof des Landgerichtsgebäudes am Münchner Platz wegen Plünderungen erschossen.
Für weitere Informationen siehe: Dr. Margarete Blank (1901-1945). Justizmord und Erinnerungspolitik, bearbeitet und eingeleitet von Birgit Sack, Dresden 2000.
Zu bestellen unter diesem Link.
Foto: Sächsisches Staatsarchiv/Staatsarchiv Leipzig
ZITAT DES MONATS
Ich für mein Teil verurteile diese absoluten Systeme, die den gesamten Gang der Geschichte von großen, schicksalhaft miteinander verketteten Grundursachen abhängig machen und die Menschen mehr oder weniger aus der Geschichte des Menschengeschlechts streichen.
Alexis de Tocqueville, Erinnerungen, Stuttgart 1954, S. 108.
IMPRESSUM
Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dülferstraße 1
01069 Dresden
Redaktion: Dr. Bert Pampel
pressestelle@stsg.smwk.sachsen.de
www.stsg.de
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten erschließt, bewahrt und gestaltet historische Orte im Freistaat Sachsen, die an die Opfer politischer Verfolgung sowie an Opposition und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Diktatur in der SBZ/DDR erinnern.