„… auf dem Grabstein hätte ich gern mein Foto“. Die Figurenspielerin Julia Raab auf Tour in ostsächsischen Klassenzimmern
21.12.22
Einen kleinen Reisekoffer tragend „unterbricht“ Julia Raab die Einführung einer Mitarbeiterin der Gedenkstätte in das Geschichtsprojekt. Dieses irritierende Auftauchen reißt die Schülerinnen und Schüler aus ihren unterschiedlichen Erwartungshaltungen und ermöglicht eine direkte Begegnung. Mit nur wenigen Requisiten wie kleinen Figuren, Brille, Mütze, Musik- und Wortfetzen aus dem im Koffer versteckten Lautsprecher gelingt es Julia Raab, einen unmittelbaren, empathischen Zugang zu der beklemmenden Thematik Hinrichtung und Tod zu ermöglichen.
In dem Stück geht es nämlich um Tschechinnen und Tschechen, die sich der nationalsozialistischen Fremdherrschaft widersetzen und während des Zweiten Weltkriegs in Dresden vor dem Volksgerichtshof standen. Andere verurteilte das Sondergericht Prag wegen Schwarzschlachtens zum Tod. Über 800 Frauen und Männer aus dem Protektorat Böhmen und Mähren wurden so am Münchner Platz fern der Heimat getötet. Die kalte, bürokratische Sprache der NS-Justiz steht im Gegensatz zu von durchdringender Menschlichkeit zeugenden Abschiedsbriefen.
Mit Unterstützung der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden entwickelte die Dramaturgin Sandra Bringer das Stück „... auf dem Grabstein hätte ich gern mein Foto“. Es verbindet eine szenische Lesung mit Figurenspiel. Abschiedsbriefe und biografische Informationen zu Tschechinnen und Tschechen, die am Münchner Platz während des Zweiten Weltkriegs hingerichtet wurden, bilden eine wesentliche Quelle. Schnell fanden sich Schulen in Dresden und Umgebung, die dank einer vom Münchner-Platz-Komitee, dem Förderverein der Gedenkstätte, bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten eingeworbenen Projektförderung kostenfrei eine Aufführung buchten.
Die bisherigen Aufführungen in Riesa und Dresden zeigten, dass die ganz andere Art, sich dem Thema NS-Diktatur zu nähern, die Schülerinnen und Schüler sichtlich beeindruckten.
Bei einem Workshop im Anschluss an die Aufführung konnten sie dann Fragen zu den historischen Hintergründen stellen. Theaterpädagogische Übungen legten den Fokus auf nonverbale Kommunikation und das Erleben von Herrschaft und Ausgrenzung. So gelang es, einen Bogen in die heutige Zeit und das individuelle Erleben der Schülerinnen und Schüler zu spannen. In der Auswertungsrunde wünschten sich nicht wenige der Teilnehmenden, dass das Stück auch für die nächsten Klassenjahrgänge präsentiert wird.
Kontakt:
Maja Veyrat (Referentin für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit)
Tel. 0351 46331992
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