Die Kriegstoten vom Leinawald
05.10.11
Vor wenigen Wochen wurden in der Gemeinde Nobitz bei Altenburg menschliche Knochen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs entdeckt. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Mehrzahl der gefundenen Gebeine um Überreste ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener handelt.
Auf Grundlage ihrer Datenbank zu sowjetischen Kriegsgefangenen hat die Dokumentationsstelle Dresden Angaben zu 110 ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen ermittelt, die während des Zweiten Weltkriegs nachweislich im Leinawald beerdigt wurden. Den der Dokumentationsstelle vorliegenden Dokumentenkopien folgend, waren diese Kriegsgefangene der Nationalität nach Russen, Weißrussen, Ukrainer, Tartaren, Aserbaidschaner oder Armenier alle im Alter zwischen 19 und 35 Jahren. Die Angehörigen eines Arbeitskommandos des Stalag IV Altenburg verstarben von September 1941 bis September 1944 an Unterernährung und Krankheiten im Lager nahe des Fliegerhorsts Klausa. Das zugehörige Lager befand sich damals etwa 300 Meter der jetzt entdeckten Grabstelle entfernt.
Die Mitarbeiter der Dokumentationsstelle haben eine Liste mit Angaben zu 110 sowjetischen Kriegsgefangenen erstellt.
Auf der Grundlage der Daten der Dokumentationsstelle und mit Hilfe der bei den Ausgrabungen aufgefundenen Erkennungsmarkennummern wäre es möglich den Toten ihre Identität zurückzugeben.
Eine Liste zu den identifizierten Toten soll später dem Bürgermeister der Gemeinde Nobitz, Herrn Hendrik Läbe, übergeben werden. Alle bisher gesammelten Indizien deuten darauf hin, dass die ermittelten sowjetischen Kriegsgefangenen unter den Toten sind.
Der Begräbnisort der betreffenden Kriegsgefangenen des Arbeitskommandos ist bereits seit längerem bekannt, doch konnte bisher die genaue Lage der Gräber nicht ermittelt werden. Erst die aktuellen Ausgrabungen im Leinawald könnten Klarheit bringen.
Nach gründlicher Auswertung von historischen Unterlagen hat die Dokumentationsstelle auch Indizien für weitere zurzeit noch nicht genau lokalisierbare Begräbnisorte sowjetischer Bürger in Deutschland.
Bei den in der Dokumentationsstelle Dresden vorhandenen Dokumentenkopien handelt es sich um Unterlagen der ehemaligen Wehrmachtsverwaltung, die im Rahmen des Projekts „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte. Forschungen zum Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit“ digitalisiert. Angaben daraus werden in einer Datenbank erfasst. Aktuell umfasst diese Datenbank Angaben zu ca. 840 000 sowjetischen Kriegsgefangenen. Die Dokumentationsstelle verfügt auf Grundlage der bearbeiteten Unterlagen auch über Angaben zu Graborten bzw. Friedhöfen sowjetischer Bürger aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.