„Erschossen in Moskau“ – Angehörige übergeben Unterlagen an die Dokumentationsstelle Dresden
29.12.19
Angehörige des am 20. Juni 1951 in Moskau erschossenen Buchhändlers Heinrich Brückner haben der Dokumentationsstelle Dresden zahlreiche Dokumente zur dauerhaften Aufbewahrung überlassen. Sie belegen die jahrelangen Nachforschungen der Ehefrau auf der Suche nach ihrem verschollenen Ehemann.
Heinrich Brückner, geboren am 11. März 1904 in Berlin, wohnte zuletzt in Helbra (Sachsen-Anhalt), wo er eine Buchhandlung betrieb und zugleich als 2. Ortsvorsitzender der Liberaldemokratischen Partei (LDP) aktiv war. Am 29. November 1950 wurde er verhaftet und am 10. April 1951 in Halle/Saale vom Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland wegen Spionage und antisowjetischer Propaganda zum Tode durch Erschießen verurteilt. Das Urteil wurde am 20. Juni 1951 in Moskau vollstreckt. Am 4. November 1995 wurde Heinrich Brückner durch die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitiert.
Obwohl Marianne Brückner frühzeitig wusste, dass ihr Ehemann am 10. April 1951 zum Tode verurteilt worden war, gab sie die Hoffnung auf ein Wiedersehen lange nicht auf, da Heimkehrer aus Workuta angegeben hatten, mit ihrem Mann noch 1953 zusammen gewesen zu sein. Am 9. Januar 1961 teilte ihr das Rote Kreuz Moskau bewusst irreführend mit, Heinrich Brückner sei am 20. Juni 1953 gestorben.
Das Konvolut im Umfang von etwa 100 Blatt stammt aus den Jahren 1944 bis 1961. Es beinhaltet unter anderem eine langjährige Korrespondenz mit dem Mitverurteilten Hugo Bolze, die Antworten von Behörden in der DDR, von heimgekehrten Bautzen- und Workuta-Häftlingen, von der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU), von der Freien Demokratischen Partei (FDP) und von beauftragten Rechtsanwälten auf die Suchanfragen von Marianne Brückner sowie ihre Korrespondenz mit verschiedenen Ämtern im Hinblick auf die Toterklärung ihres Mannes und in Bezug auf ihre Bemühungen um eine Verschollenenrente. Bei den Unterlagen befinden sich aber auch zeitgenössische Zeitungsartikel über die Entlassungen der deutschen Strafgefangenen aus den Lagern in der Sowjetunion 1954/1955.
Dr. Bert Pampel, Leiter der Dokumentationsstelle Dresden, sieht in der Übergabe des Materials einen Beleg für den guten Ruf der Dokumentationsstelle: „Wir freuen uns sehr über das Vertrauen, das in der Überlassung der Dokumente, die bei uns in guten Händen sind, zum Ausdruck kommt. Das Material steht in Abstimmung mit den Angehörigen auch für Suchdienste, Gedenkstätten und Forscher zur Verfügung.“
Die Dokumentationsstelle hilft, die Verfolgungsgeschichte und den Verbleib von Menschen zu klären, die während der nationalsozialistischen Diktatur oder der kommunistischen Gewaltherrschaft in der SBZ/DDR ihrer Freiheit oder ihres Lebens beraubt worden sind.
Kontakt:
Dr. Bert Pampel, Leiter der Dokumentationsstelle Dresden | Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Tel. 0351 4695548
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