Dr. Horst Hennig ist tot
29.05.20
Am 21. Mai 2020 verstarb Generalarzt a. D. Dr. Horst Hennig eine Woche vor seinem 94. Geburtstag in Köln. Der ehemalige Gefangene des sowjetischen Zwangsarbeitslagers Workuta gehörte nach 1990 zu den wichtigsten Persönlichkeiten bei der Aufklärung und Aufarbeitung der Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT). Bleibende Verdienste erwarb er sich durch seine hartnäckigen Bemühungen um die Rehabilitierung der zu Unrecht Verurteilten sowie um den Zugang zu den Ermittlungs- und Strafakten in russischen Archiven. Ohne ihn wäre die Arbeit der Dokumentationsstelle Dresden in ihrer heutigen Form nicht möglich.Horst Hennig wurde am 28. Mai 1926 in Siersleben im Mansfelder Land geboren. Nach der militärischen Ausbildung an der Heeresunteroffiziervorschule in Marienberg/Erzgebirge kämpfte er vom Dezember 1944 bis Januar 1945 in den Ardennen. Nach amerikanischer und englischer Kriegsgefangenschaft kam er 1946 nach Hamburg. An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg begann er, Medizin zu studieren. Gemeinsam mit Kommilitonen lehnte er sich gegen die zunehmend undemokratischen Strukturen auf.
Am 10. März 1950 wurde er während eines Nachtdienstes in der Chirurgie der Universität Halle von Angehörigen der sowjetischen Besatzungsmacht verhaftet und der so genannten Operativgruppe Halle übergeben. Noch am selben Abend begannen die Vernehmungen. Anlass der Verhaftung war der Protest gegen Einheitslisten zu den Studentenratswahlen. Nach mehreren Verhandlungen verurteilte ihn am 19. September 1950 ein Militärtribunal in Halle/Saale wegen Spionage und antisowjetischer Propaganda zu 25 Jahren Lagerhaft. Über Berlin und Brest wurde er nach Workuta deportiert. Dort durchlebte er fünf Jahre lang das grausame Regime eines sowjetischen „Besserungsarbeitslagers“. Die Niederschlagung des Streiks in Workuta überlebte er nur durch Zufall.
Im Dezember 1955 kam er nach Deutschland zurück. Horst Hennig vollendete sein Medizinstudium und promovierte 1961 an der Universität Köln zum Dr. med. Sein späterer Berufsweg führte ihn in die Bundeswehr.
Zusammen mit Sigurd Binski und Horst Schüler initiierte er die Gründung der Lagerarbeitsgemeinschaft Workuta und pflegte fortan enge Beziehungen zu vielen Haftkameraden. Mehrfach organisierte er Besuchsreisen an die Orte der Verfolgung in Russland. Dabei knüpfte er enge Kontakte zur Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation und zu zahlreichen Archiven in Moskau.
Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen wurde Horst Hennig am 1. Juni 2016 auch der Sächsische Verdienstorden verliehen.
Die Beschäftigten der Dokumentationsstelle Dresden werden die Forschungs- und Aufklärungsarbeit in seinem Geiste fortsetzen.
Kontakt:
Dr. Bert Pampel, Leiter der Dokumentationsstelle Dresden | Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Tel. 0351 4695548
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